Rz. 39
Abs. 4 sieht einen Mehrbedarf in Höhe von 35 % der nach § 20 maßgebenden Leistung für den Regelbedarf vor, wenn erwerbsfähige behinderte Menschen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 SGB IX erhalten, soweit diese nicht zur Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung oder zur beruflichen Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden, gewährt werden (§ 49 Abs. 3 Nr. 2 und 5 SGB IX, insoweit ist die notwendige Korrektur der gesetzlichen Verweisung in Abs. 4 mit Wirkung zum 4.5.2019 vollzogen worden). Einen Anspruch auf Leistungen für einen Mehrbedarf lösen demnach nur bestimmte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aus. Leistungen nach § 49 SGB IX liegen nur vor, wenn die Maßnahme final auf den Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile ausgerichtet ist. Zu § 49 SGB IX enthalten die nachfolgenden Einzelregelungen in den §§ 50 bis 59 SGB IX weitere Konkretisierungen. Leistungen nach § 49 Abs. 8 SGB IX (Hilfsmittel, Verdienstausfall, Arbeitsassistenz u. a.) begründen hingegen keinen Mehrbedarf. Die leistungsberechtigte Person muss also das 15. Lebensjahr vollendet haben. Teilhabeleistungen sind Leistungen zur Erhaltung, Verbesserung, Herstellung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit. Abs. 4 setzt jedoch Behinderung voraus; die Anerkennung von Mehrbedarfen für Menschen, die von Behinderung bedroht sind, ist ausgeschlossen. Schwerbehinderung ist nicht Voraussetzung, es bedarf daher keines Grades der Behinderung von mindestens 50. Ein Anspruch dem Grunde nach ist nicht ausreichend, die Leistungen müssen also bewilligt sein. Damit ist dokumentiert, dass aus der Behinderung kausal eine Beeinträchtigung der Eingliederung in das Erwerbsleben bzw. der Teilhabe am Arbeitsleben resultiert. Ein Anspruch auf Mehrbedarfsleistungen setzt die Erbringung von Teilhabeleistungen zwingend voraus (vgl. Bay. LSG, Urteil v. 4.12.2013, L 11 AS 679/13 B). Allein Beratung und Vermittlung sowie Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung begründen keinen Mehrbedarf (vgl. § 49 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX; vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 28.12.2022, L 5 AS 549/22 B ER). Ist die Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben erfüllt, weil die Aussichten des behinderten Menschen, am Arbeitsleben teilzuhaben, wegen Art und Schwere der Behinderung nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert ist und er deshalb Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben benötigt, ist es nicht erforderlich, dass die Maßnahme eine spezielle für behinderte Menschen ist (§ 113 SGB III; vgl. BSG, Urteil v. 12.11.2015, B 14 AS 34/14 R). Danach ist denkbar, dass auch eine Arbeitsgelegenheit eine Maßnahme ist, mit der die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf erfüllt werden können. Allerdings müssen auch sonstige Hilfen über das hinausgehen, was dem Jobcenter im Rahmen seiner Aufgabe als allgemeine Unterstützungsaufgabe zugewiesen ist. Aus systematischen Gründen fordert das BSG Gleichwertigkeit in Bezug auf die Ausgestaltung der Maßnahme mit den in Abs. 4 konkret benannten Maßnahmen. Das o. a. LSG Sachsen-Anhalt setzt die Leistungserbringung im Rahmen einer strukturierten regelförmigen Maßnahme i. S. v. § 21 Abs. 4 Satz 2 voraus, die innerhalb eines organisatorischen Rahmens erbracht werden muss.
Rz. 39a
§ 49 SGB IX sieht einerseits direkte berufsbezogene Eingliederungsleistungen vor, z. B. Hilfen zur Erhaltung/Erlangung eines Arbeitsplatzes, Mobilitätshilfen, Berufsvorbereitung, berufliche Anpassung und Weiterbildung, berufliche Ausbildung, Existenzgründungsunterstützung. Geleistet werden aber auch unterstützende medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen (vgl. § 49 Abs. 6 SGB IX). 35 % der nach § 20 maßgebenden Leistung für den Regelbedarf betragen ab 1.1.2024 bei einem Regelbedarf nach Regelbedarfsstufe 1 von 563,00 EUR monatlich 197,05 EUR. Ggf. ist auf § 23 und die anderen Regelbedarfsstufen abzustellen. Bei der einem Regelbedarf nach Regelbedarfsstufe 3 beträgt der Mehrbedarf monatlich 157,85 EUR in 2024. Auf die Leistungen besteht ein Rechtsanspruch. Zu den den Mehrbedarf begründenden Leistungen gehört jedoch nicht die Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten (BSG, Urteil v. 15.12.2010, B 14 AS 44/09 R). Es mangelt an der Teilnahme an einer regelförmigen Maßnahme.
Rz. 39b
Die Listung der Leistungen in § 49 SGB IX ist nicht abschließend. Zum einen ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung des Mehrbedarfs, dass die Leistung an den Arbeitnehmer gewährt wird, zum anderen darf es sich auch um eine Leistung handeln, die außerhalb von § 49 SGB IX gewährt wird. Das ist z. B. bei einer Eingliederungsleistung der Fall, die an den Arbeitgeber ausgezahlt wird, und die dieser zur Kompensation einer Minderleistung des behinderten Arbeitn...