Rz. 16
Abs. 2 hat zum Ziel, die Leistungsberechtigten dazu zu erziehen, mit der Leistung für den Regelbedarf auch tatsächlich ihren Regelbedarf zu decken. Ob dies der Fall ist, kann das Jobcenter (§ 6d) anhand eines zusätzlichen Begehrens von Leistungen im Verlauf des Monats unter Hinweis auf eine vollständige Verausgabung der Leistungen für den Regelbedarf oder anhand sonstiger Hinweise aus der Bedarfsgemeinschaft oder durch Dritte bewerten. Die Behörde ist nicht verpflichtet, von Amts wegen ohne Anhaltspunkte ins Blaue hinein zu ermitteln, ob die Leistung für den Regelbedarf zweckentsprechend verwendet wird. Im Regelfall wird sie einen Sachverhalt nach Abs. 2 nicht annehmen müssen, wenn sie keine Hinweise auf zweckwidriges Verhalten erhält. Auch bei Drogen- und Alkoholabhängigkeit muss das Jobcenter die zweckmäßige Verwendung der Leistung zur Deckung des Regelbedarfs nicht von vornherein infrage stellen. Dadurch allein ist mangelnde Eignung zur Bedarfsdeckung noch nicht erwiesen, allenfalls ein entsprechendes Risiko zu vermuten.
Rz. 17
Der Gesetzgeber gibt den Grundsicherungsstellen auf, erwiesene Nichteignung dafür festzustellen, dass Leistungsberechtigte ihren Bedarf mit der Leistung für den Regelbedarf nicht decken. Vermutungen reichen für die Rechtsfolgen nach Abs. 2 nicht aus, um die Rechtsfolgen des Abs. 2 zu ziehen. Es liegt letztlich lediglich in der Verantwortung des Jobcenters, finanzielle Nachteile für den Bund zu vermeiden bzw. so gering wie möglich zu halten. Das dürfte sich mit den Interessen der kommunalen Träger und der Bundesagentur für Arbeit decken. Das Jobcenter muss anhand von Tatsachen nachweisen, dass der Leistungsberechtigte ungeeignet für den Umgang mit der Leistung für den Regelbedarf in Geld ist. Unwirtschaftliches Verhalten kennzeichnen keinen verteilten Einsatz der erbrachten Leistungen für den Regelbedarf auf den Bedarfszeitraum oder eine gemessen an der Höhe der gewährten oder zu beanspruchenden Leistung unangemessene Lebensführung. Unwirtschaftlich ist insbesondere auch eine zweckwidrige Verwendung der ausgezahlten Leistungen für den Regelbedarf. Eine fehlende Eignung liegt nicht bei einmaligem unwirtschaftlichem Verhalten vor, insbesondere dann nicht, wenn die Einteilung der Leistungen auf den Leistungszeitraum noch nicht eingeübt ist, der Leistungsberechtigte sich also noch darauf einstellen muss. Gerade das gesetzgeberische Ziel, Leistungsberechtigten anhand einer Pauschale zu einem eigenverantwortlichen Umgang mit der Leistung zu führen, birgt auch ein erhöhtes Risiko mangelhafter Umsetzung. Nichteignung ist erst dann anzunehmen, wenn der Leistungsberechtigte wiederholt seinen Bedarf mit der Leistung für den Regelbedarf nicht deckt und prognostiziert werden muss, dass sich dies auch zukünftig wiederholen wird. Ein strengerer Maßstab ist anzulegen, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte Bürgergeld unwirtschaftlich für eigene Zwecke verwenden. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass der Leistungsberechtigte durch sein Verhalten den Lebensunterhalt der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gefährdet, insbesondere auch den der Kinder in der Bedarfsgemeinschaft. Umgekehrt kann in besonders gelagerten Fällen auch ein einmaliges, drastisches unwirtschaftliches Verhalten als Nachweis für die fehlende Eignung zum wirtschaftlichen Umgang mit den Leistungen für den Regelbedarf dienen. Im Ergebnis aller vordergründigen Überlegungen wird der Entscheidung des Jobcenters dennoch die grundlegende Rechtsprechung des BVerwG zugrunde zu legen sein, die Sachleistungen als Teil eines Konzepts im Zusammenwirken von Hilfen der Medizin, des Sozialen und der Psychologie begreift (vgl. BVerwG, Urteil v. 16.1.1986, 5 C 72/84).
Rz. 18
Auf den Grund für die Nichteignung kommt es nicht an. Drogen- und Alkoholabhängigkeit werden vom Gesetzgeber als typisierende Fallgestaltungen herausgestellt, bei denen die Grundsicherungsstelle besonders auf Hinweise zu achten hat, die auf eine zweckwidrige Verwendung der Leistung für den Regelbedarf hindeuten. Das Jobcenter wird jegliche Indizien von Amts wegen aufgreifen müssen, um ggf. frühzeitig eingreifen zu können. Andere Abhängigkeiten wie z. B. Spielsucht können wie Drogen- und Alkoholabhängigkeit behandelt werden. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. Entscheidend ist, ob dem Leistungsberechtigten durch die Abhängigkeit die Fähigkeit genommen wird, sich wirtschaftlich zu verhalten. Für den Anwendungsbereich des Abs. 2 bedarf es keiner ausdrücklichen ärztlichen oder gar amtsärztlichen Feststellungen. Allerdings wird auch die Meinung vertreten, die Grundsicherungsstelle müsse Drogen- oder Alkoholabhängigkeit nachweisen. Drogen- oder Alkoholmissbrauch können aber auch Anlass für eine Überprüfung der Erwerbsfähigkeit (§ 8 Abs. 1) sein. Dann aber ist der jeweilige Ärztliche Dienst oder Betriebpsychologische Service der Agentur für Arbeit (bzw. entsprechende Einrichtungen beim kommunalen Träger) zwingend einzuschalten. Im Übrigen liegt stets ein unwirtsc...