Rz. 32
Abs. 3 Satz 4 stellt die Aufwendungen nach Abs. 3 in einen größeren zeitlichen Zusammenhang mit Einkommen der Leistungsberechtigten. Die Regelung soll verhindern, dass aktuelle "Einkommensschwächen", die in absehbarer Zeit behoben sein werden, Leistungen nach Abs. 3 begründen können. Die Regelung nimmt einen zeitlichen Zusammenhang mit der Leistungserbringung an, wenn Einkommen innerhalb von 6 Monaten nach der Bewilligungsentscheidung erworben wird. Insgesamt können also 7 Monate herangezogen werden (Entscheidungsmonat + 6 Folgemonate). Die in Abs. 3 Satz 4 genannte Frist ist nicht mit dem aktuellen Bewilligungszeitraum identisch, der Zeitraum von 6 Monaten kann daher sowohl innerhalb eines längeren Bewilligungszeitraumes liegen als auch in den nächsten Bewilligungszeitraum hineinreichen. Verglichen wird die Einkommenssituation am Tage der Entscheidung über die Bewilligung von Sonderleistungen mit derjenigen an jedem weiteren Kalendertag innerhalb der Frist. Das gesamte Einkommen ist nach § 11 zu bewerten. Soweit es nicht unter unberücksichtigtes Einkommen subsumiert werden kann (nicht nach § 11a zu berücksichtigen oder um Beträge nach § 11b zu verringern), ist es nachträglich zu berücksichtigen. Das bedeutet zunächst, dass berücksichtigungsfähiges Einkommen im Leistungsmonat in siebenfacher Höhe berücksichtigt werden kann, sofern es in gleicher Höhe auch in den nachfolgenden 6 Monaten erworben werden wird. Maßgebend ist der Erwerb von Einkommen, nicht dessen Erzielung. Erzielt ist Einkommen dann, wenn der Erwerber darüber verfügen kann, weil er es etwa in die Hand bekommen hat oder es auf seinem Gehaltskonto gutgeschrieben wurde, ihm also zugeflossen ist. Erworben ist Einkommen bereits dann, wenn der Leistungsberechtigte die dafür erforderliche Arbeitsleistung erbracht hat. Zu berücksichtigen ist außerdem zusätzliches Einkommen auch dann, wenn es innerhalb der Frist von 6 Monaten erarbeitet, aber erst danach ausgezahlt worden ist.
Beispiel zur Berücksichtigung zusätzlichen Einkommens:
Sachverhalt |
Zeit |
Betrag |
Erworbenes Einkommen (§ 11) |
Mai 2017 |
1.300,00 EUR |
Bewilligung Erstausstattung Wohnung (§ 24 Abs. 3 Nr. 1) |
31. Mai 2017 |
5.000,00 EUR |
Erworbenes Einkommen (§ 11) |
6/2017 bis 7/2017 |
2.600,00 EUR |
Erworbenes Einkommen (§ 11) |
8/2017 bis 10/2017 |
4.200,00 EUR |
Erworbenes Einkommen (§ 11) |
11/2017 |
1.600,00 EUR |
Auszahlung des erworbenen Einkommens aus 11/2011 |
15.12.2017 |
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Die Frist von 6 Monaten seit der Bewilligung der Erstausstattung verläuft vom 1.6.2017 bis 30.11.2017. Im Entscheidungsmonat fällt zusätzliches Einkommen nicht an. Zusätzliches Einkommen wird in diesem Zeitraum i. H. v. 300,00 EUR erworben und erzielt (je 100,00 EUR in den Monaten August, September und Oktober 2017) und i. H. v. 300,00 EUR erworben, aber erst nach der Frist erzielt (November 2017). Gleichwohl ist das gesamte zusätzliche Einkommen i. H. v. 600,00 EUR nachträglich zu berücksichtigen. Außerdem ist Einkommen im Mai 2017, das aus dem Betrag von 1.300,00 EUR zu berücksichtigen ist, auch in den Monaten Juni bis November 2013 zu berücksichtigen. Dadurch soll der Leistungsberechtigte angemessen an den Kosten der Erstausstattung beteiligt werden. Leistungen sollen (auch darlehensweise) nur erbracht werden, soweit er den eigenen Bedarf und der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht aus eigenen Kräften und Mitteln decken kann.
Rz. 33
Auf die Art oder den Grund für zusätzliches Einkommen kommt es nicht an. Hauptsächliche Sachverhalte sind Arbeitsaufnahme, Lohnerhöhung oder Änderung der beruflichen Tätigkeit mit höherem Lohn. Daneben werden aber auch Löhne erfasst, die nicht monatlich ausgezahlt werden, sondern z. B. jährlich, aber monatlich anteilig erworben werden, z. B. 13. und 14. Gehälter, Weihnachtsgelder, Urlaubsgelder usw., soweit der Anspruch darauf daran geknüpft wird, dass mit jedem Monat Arbeitsleistung ein Anspruch auf Zahlung entsteht. Zahlt ein Arbeitgeber z. B. eine Weihnachtsgratifikation ohne jegliche rechtliche Verpflichtung aus, kann diese durch Arbeit nicht erworben werden, ist also selbst dann nicht nachträglich zu berücksichtigen, wenn die Auszahlung in den Zeitraum der sechs Monate nach Abs. 3 Satz 4 fällt. Über die Berücksichtigung und die Anwendung des Abs. 3 Satz 4 hat das Jobcenter nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die die Aufsicht führenden Stellen sind aufgerufen, eine bundesweit einheitliche Rechtsanwendung auch in diesem Punkt zu gewährleisten.
Rz. 34
Dem Grunde nach entfallen die Voraussetzungen für die Erbringung von Sonderleistungen nach Abs. 3 nachträglich. Einkommen wird aber in Fällen des Abs. 3 Satz 4 stets nach dem bewilligenden, zu diesem Zeitpunkt rechtmäßigen Verwaltungsakt erzielt. Einschlägig ist damit § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X i. V. m. § 40. Zu beachten ist, dass entsprechende Regelungen für das Sozialhilferecht gelten. Daher wird zumindest vor Ort zu betrachten sein, ob Jobcenter nach dem SGB II und Sozialhilfeträger nach dem SGB XII im Grundsatz unterschiedlich verfah...