Rz. 69
Die Berücksichtigung von Bedarfen zur Schülerbeförderung bei Einführung des Bildungspaketes sind erst im Rahmen der Ausschussberatungen aufgrund eines Änderungsantrages dem Bundestag zum Beschluss vorgeschlagen worden. Bis dahin war davon ausgegangen worden, dass etwa bestehende Notwendigkeiten zur Schülerbeförderung aus der (früher so genannten) Regelleistung bestritten werden. Bei den Bedarfen handelt es sich ggf. auch um ausbildungsbedingte, aber ausbildungsförderungsrechtlich nicht berücksichtigte Bedarfe, die nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung in den Bereich der existenzsichernden Leistungen aufgenommen werden dürfen (vgl. dazu BSG, Urteil v. 28.10.2009, B 14 AS 44/08 R). Der Gesetzgeber hatte insbesondere die ländlichen Räume mit größeren Flächenkreisen im Blick, in denen der Schulweg länger und zeitaufwendiger ist. Ebenso wurden die großen Städte in den Blick genommen. Bei Schülermonatskarten handelt es sich z. B. um Aufwendungen für spezifisch ausbildungsbedingte Kosten, für die deshalb ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 auch nicht in Betracht käme. Das BSG war zuvor der Ansicht, die Schülerbeförderungskosten seien aus der Leistung für den Regelbedarf zu bestreiten.
Rz. 69a
Die Übernahme von Fahrtkosten des Kindes einer alleinerziehenden Mutter zum Kindergarten kommt nicht in Betracht. Diese Leistung ist in Abs. 4 nicht vorgesehen. Die Mutter muss den Aufwand aus der Leistung für den Regelbedarf bzw. den Mehrbedarf für Alleinerziehende bestreiten. Es liegt auch kein unabweisbarer Bedarf i. S. v. § 21 Abs. 6 vor (SG Mainz, Urteil v. 28.1.2016, S 8 AS 1064/14, so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 13.12.2017, L 15 AS 323/16). Das gilt auch für Kindertagesstätten. Der Wortlaut der Vorschrift wird insoweit als eindeutig angesehen (vgl. auch SG Detmold, Urteil v. 10.9.2015, S 18 AS 248/14). Das SG Bremen hatte in 1. Instanz bereits ausgeführt, dass eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Kinder in einer Kindertagesstätte daran scheitert, dass keine planwidrige Regelungslücke vorliegt (SG Bremen, Urteil v. 17.11.2016, S 6 AS 425/15). Ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 scheitert demnach daran, dass die Fahrkosten nicht unabweisbar sind und es sich nicht um eine atypische Bedarfslage handelt. Vgl. in diesem Zusammenhang auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 8.11.2017, L 18 AS 933/17). Auch das BVerfG habe ausdrücklich auf die Schulpflichtigkeit abgestellt (unter Hinweis auf BVerfG, Urteil v. 9.2.2010, 1 BvL 1/09 u. a.). Der vom Gesetzgeber gewählte Begriff des Bildungsganges steht für die schulische Laufbahn zum gewählten Bildungsabschluss. Bei Schulen in besonderer Trägerschaft (Konfessionen u. a.) kommt es darauf an, dass eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts vorliegt. Das gilt auch bei Schulen mit besonderem Profil (Sportschule u. a.).
Rz. 70
Die Berücksichtigung von Bedarfen zur Schülerbeförderung ist zunächst davon abhängig, dass die Bedarfe nicht bereits durch Leistungen Dritter gedeckt werden. Insbesondere ist in einer Vielzahl von Ländergesetzen über schulrechtliche Bestimmungen die Übernahme der Schülerbeförderungskosten jedenfalls bis zur Sekundarstufe I geregelt. Soweit die Ländergesetze reichen, ist kein Bedarf nach Abs. 4 zu berücksichtigen.
Ein Anspruch auf Leistungen nach Abs. 4 besteht auch dem LSG Nordrhein-Westfalen zufolge nicht, wenn bei einem Schulweg, der die zumutbaren Entfernungsgrenzen übersteigt oder einem Kind aus gesundheitlichen Gründen oder wegen einer besonderen Gefährlichkeit nicht zumutbar ist, nach landesrechtlichen Vorschriften der Schulträger die Fahrtkosten übernimmt. Es reicht aus, dass ein anderweitiges Bedarfsdeckungssystem zur Verfügung steht, auch wenn – etwa wegen eines fehlenden Antrags oder wegen Versäumung einer Antragsfrist – Leistungen tatsächlich nicht gezahlt werden (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 16.12.2021, L 9 BK 13/21). Dem steht nicht entgegen, dass eine Kostenübernahme durch den Schulträger im vorliegenden Fall für den streitbefangenen Zeitraum ggf. nicht erfolgt ist, weil dieser entsprechende Leistungen bestandskräftig abgelehnt hat bzw. entsprechende Leistungen nicht beantragt wurden und gemäß § 4 Abs. 2 SchfkVO NRW ("Bewilligungszeitraum ist in der Regel das Schuljahr. Der Antrag auf Fahrkostenübernahme soll unverzüglich zu Beginn des Bewilligungszeitraums beim Schulträger gestellt werden. Eine nachträgliche Übernahme/Erstattung der Schülerfahrkosten ist nur möglich, wenn der Antrag spätestens bis zum Ablauf von drei Monaten nach Ende des Bewilligungszeitraums gestellt wird.") zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats auch nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können. Zwar scheidet nach der Rechtsprechung des BSG die Minderung eines Bedarfs anders als durch tatsächlich zufließendes Einkommen (und vorhandenes Vermögen) aus. Nur eine tatsächlich zugeflossene Einnahme ist als "bereites Mittel" geeignet, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken; die Anrechn...