Rz. 25
Abs. 2 stellt jugendliche erwerbsfähige Leistungsberechtigte nicht mehr als besondere Personengruppe im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II heraus. Die Leistungsgrundsätze der Abs. 1 und 3 sind auf diesen Personenkreis ebenso anzuwenden, soweit sich aus der Historie des Abs. 2 keine Besonderheiten ergeben. Zu den individuellen Lebensumständen Jugendlicher können auch Drogenabhängigkeit, Depression, vermuteter sexueller Missbrauch und andere Umstände gehören, die bei Jugendlichen häufiger vorkommen als bei Erwachsenen. Aus der Historie heraus ist die Regelung als Begünstigung dieses Personenkreises zu verstehen, die allerdings nicht in Einklang mit anderen, Jugendliche belastenden Vorschriften zu bringen ist. In der Literatur wurde Abs. 2 in der bis zum 31.7.2016 maßgebenden Fassung als Variante verstanden, bei Arbeitsuchenden die Entwöhnung von individuellen Anforderungen durch Arbeit zu vermeiden. Regional wie überregional wird Vermittlung in Ausbildung und Arbeit als vorrangiges Eingliederungsinstrument verstanden. Die Bereitstellung von Beschäftigungsmöglichkeiten ist demgegenüber nachrangig. Regional wie überregional werden auf dem ersten Arbeitsmarkt Bedarfe an Fachkräften sichtbar. Diesen Bedarfen muss auch die Eingliederungsarbeit der Jobcenter entsprechen. Das Ziel des Abs. 2, unter 25 Jahre alte leistungsberechtigte Personen vorrangig beruflich einzugliedern, ist als ein vorrangiges Ziel des SGB II insgesamt anzusehen. Als Folge hiervon bewirkt Abs. 2 im Falle der Vermittlung in eine berufliche Ausbildung seit dem 1.8.2016 nicht mehr den Ausschluss von Grundsicherungsleistungen (vgl. § 7 Abs. 6). Diese Rechtslage ist zu begrüßen, schon weil der Auszubildende ein Verhalten zeigt, das nach den Zielbestimmungen des SGB II höchst wünschenswert ist. Dies wird noch besonders unterstrichen, wenn es sich um eine Erstausbildung handelt, die im Wesentlichen nahtlos an den Schulbesuch anschließt, deren Erfolg nach den Leistungen auf allgemeinbildenden Schulen und in der bisherigen Ausbildung unbedenklich zu prognostizieren ist, und die nach Dauer und Aufwand nicht auf überzogene Ansprüche schließen lässt (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 5.7.2006, L 10 AS 545/06). Abs. 1 Satz 3 verlangt seit dem 1.8.2016 die Vermittlung in eine Ausbildung, wenn beim Antragsteller ein Berufsabschluss fehlt (Ausnahme: Sachverhalt für berufliche Weiterbildung, Förderung ab 2025 in der Zuständigkeit der Agenturen für Arbeit). Das Jobcenter hat dann die Möglichkeiten zur Vermittlung in eine Ausbildung zu nutzen. Es kann davon ausgegangen werden, dass jedem Jobcenter Möglichkeiten zur Verfügung stehen, in eine Ausbildung zu vermitteln.
Rz. 26
Zu den jugendlichen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gehören Personen, die mindestens 15 Jahre, aber noch nicht 25 Jahre alt sind. Der Gesetzgeber gibt den Grundsicherungsstellen aus der Historie des Abs. 2 heraus auf, diese Personen unverzüglich nach Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II in eine Arbeit, bei fehlendem Berufsabschluss in eine Ausbildung zu vermitteln. Die Altersgrenze definiert jugendliche Arbeitsuchende. Sie bedeutet für den persönlichen Ansprechpartner allerdings nur einen Anhaltspunkt für besonders intensive und unverzügliche Aktivitäten. Grundsätzlich gilt die Regelung des Abs. 2 Satz 1 seit dem 1.8.2016 für alle leistungsberechtigten erwerbsfähigen Menschen. In diesem Zusammenhang war auch das Sofortangebot nach § 15a anzusehen, das als Soll-Vorschrift mit Wirkung zum 1.8.2006 in das SGB II eingefügt wurde und seit dem 1.8.2016 in Abs. 2 aufgegangen ist. Besteht die Gelegenheit zu einer Vermittlung in Arbeit, wird die Grundsicherungsstelle im Zweifel seine Verpflichtung nach Abs. 2 Satz 1 vorrangig zu erfüllen suchen. Die gesellschaftlichen Umstände und das öffentliche Interesse an einer Vermittlung Jugendlicher rechtfertigen die Vorrangvermittlung von jugendlichen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Verfassungsrechtliche Bedenken bestanden schon gegen Abs. 2 a. F. nicht. Die jetzige Auslegung wirkt sich nur auf den Verwaltungsvollzug des Abs. 2 aus. Die Umsetzung der Verpflichtung nach Abs. 2 erfordert insbesondere organisatorische Maßnahmen, die einen unmittelbaren Zugang des Jugendlichen zum Ansprechpartner oder Fallmanager gewährleisten, eine hohe Kontaktdichte und die Nutzung aller verfügbaren arbeitsmarktpolitischen Instrumente nach §§ 16 ff. und i. V. m. dem SGB III. Der objektiv rechtlichen Verpflichtung des Jobcenters steht allerdings kein subjektiver Rechtsanspruch der jugendlichen Leistungsberechtigten gegenüber. Die Jobcenter müssen keine Ausbildungs- oder Arbeitsplätze bereitstellen, lediglich Arbeitsgelegenheiten wären ggf. zu schaffen, sind aber in diesem Zusammenhang nur noch wenig relevant. Die Vorschrift muss jedoch den Besonderheiten im Einzelfall Rechnung tragen. Ungeachtet der Notwendigkeit für die Jobcenter, stets nicht nur den einzelnen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, sondern die gesamte Bed...