Rz. 2
Die Regelung eröffnete bei Einfügung in das SGB II mit Wirkung zum 1.8.2013 die Möglichkeit für Leistungsberechtigte, abweichend von dem in § 29 Abs. 1 Satz 1 a. F. grundsätzlich normierten Prinzip der Sach- und Dienstleistung und der in ausgewählten Fällen zu erbringenden Geldleistung (§ 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 a. F.: Schulbedarf, Schülerbeförderung und optional Ausflüge/Klassenfahrten) unter besonderen Voraussetzungen eine nachträgliche Erstattung von Aufwendungen von dem kommunalen Träger zu verlangen. Idee der Regelung ist, in Fällen die Teilnahme an einem Ausflug, einer Klassenfahrt, einer Lernförderung, einer Mittagsverpflegung oder einer der förderbaren Angebote zur sozialen Teilhabe (§ 28 Abs. 2 und 5 bis 7) zu sichern, in denen die Leistung ohne Verschulden des Leistungsberechtigten nicht rechtzeitig gewährt wurde. Hierfür nennt die Gesetzesbegründung die Sachverhalte, bei denen der in Betracht kommende Anbieter auf Barzahlung durch den Kunden besteht, und die Fälle, in denen der kommunale Träger die Sach- oder Dienstleistung nicht rechtzeitig veranlassen kann, ohne dass der Leistungsberechtigte dies zu vertreten hätte. Das könnten Fälle sein, in denen der Träger rechtswidrig die Leistung verweigere oder säumig handele, sowie auch kurzfristig auftretende Bedarfslagen, in denen eine rechtzeitige Antragstellung nicht möglich war. Die Vorschrift ist mit dem Prinzip des Verschuldens so konstruiert, dass sie vergleichsweise selten in Anspruch genommen werden kann und nur eine Lösung für Einzelfälle darstellt. Damit unterstreicht der Gesetzgeber seine Erwartung, die Leistungserbringung so zu organisieren, dass die Leistung selbst auch tatsächlich in guter Qualität an die Berechtigten erbracht wird.
Durch das Starke-Familien-Gesetz sollte die Regelung auf Fälle des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 5 reduziert werden. Überlegung des Gesetzgebers war, dass im Anschluss an die Neufassung des § 29 Abs. 1 Fälle der "berechtigten Selbsthilfe" nach Inkrafttreten des Starke-Familien-Gesetzes nur noch bei den Leistungen nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 5 in Betracht kommen. In Abs. 1 des § 29 sah der Gesetzentwurf durch Neufassung vor, dass Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Abs. 2 und 5 bis 7 durch Sach- und Dienstleistungen, insbesondere in Form von personalisierten Gutscheinen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1), Direktzahlungen an Anbieter von Leistungen zur Deckung dieser Bedarfe (Anbieter, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) oder Geldleistungen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) erbracht werden können. Die kommunalen Träger bestimmen demnach, in welcher Form sie die Leistungen erbringen. Die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Abs. 3 und 4 werden jeweils durch Geldleistungen erbracht (§ 29 Abs. 1 Satz 3), woraus sich ergibt, dass die übrigen Leistungen nunmehr auch durch Geldleistungen erbracht werden können sollen. Die kommunalen Träger sollen mit Anbietern pauschal abrechnen können (§ 29 Abs. 1 Satz 4). Zusätzlich wurde ein neuer Abs. 4 in § 29 aufgenommen. Dieser bestimmt, dass in Fällen der Leistungserbringung für Bedarfe nach § 28 Abs. 2 und 5 bis 7 durch Geldleistungen dies entweder monatlich in Höhe der im Bewilligungszeitraum bestehenden Bedarfe (§ 29 Abs. 4 Nr. 1) oder nachträglich durch Erstattung verauslagter Beträge (§ 29 Abs. 4 Nr. 2) geschieht. In den Ausschussberatungen wurde dem Anliegen des Bundesrates entsprechend auf die Rechtsänderung verzichtet (vgl. BT-Drs. 19/8613). Dieser hatte verlangt, die geplanten Änderungen bei der berechtigten Selbsthilfe zu streichen. Die vorgesehene Einschränkung der bis dahin vorgesehenen Selbsthilfemöglichkeiten war für den Bundesrat nachvollziehbar, soweit die Kommunen von der neu eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen, Geldleistungen statt der bisherigen Sachleistungen zu gewähren. Allerdings erschien es dem Bundesrat durchaus möglich, dass ein Teil der Jobcenter am status quo (Sach- und Dienstleistungen) festhält. In diesem Fall ist nicht nachvollziehbar, wenn nur in begrenzterem Maße als bisher eine berechtigte Selbsthilfe möglich wäre. Im Übrigen hatte der Bundesrat darauf hingewiesen, dass es nicht nachzuvollziehen sei, aus welchem Grund das SGB II Einschränkungen bei der berechtigten Selbsthilfe vorsieht, das SGB XII jedoch berechtigterweise nicht.
Rz. 3
Die Vorschrift schafft für die erfassten Fälle eine Regelung zur Erstattung der verauslagten Mittel, die sowohl für die Leistungsberechtigten als auch die Träger der Verwaltung eine eindeutige Rechtsgrundlage bietet, um die Probleme angemessen zu lösen. Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass dagegen keine Erstattung in den Fällen vorgesehen sei, in denen Leistungsberechtigte aus freien Stücken sich die Leistung selbst beschafften und die Erstattung ihrer Aufwendungen forderten. Die Regelung bestimme einen Rahmen für die unterschiedlichen Möglichkeiten, die Leistungen für Bildung und Teilhabe zu erbringen. Dafür gelte vorrangig das Sachleistungsprinzip, um die politische Vorgabe zu gewährleis...