Rz. 44b
Nach Abs. 1 Nr. 1 verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ab 1.7.2023 ihre Pflichten, wenn sie sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ohne wichtigen Grund weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Abs. 5 oder Abs. 6 nachzukommen, also einer Aufforderung des Jobcenters zur Vornahme von notwendigen Mitwirkungshandlungen wie Eigenbemühungen, Teilnahme an Maßnahmen oder Bewerbungen auf Vermittlungsvorschläge nachzukommen. Es kann sich auch um eine Aufforderung des Jobcenters handeln, an einem Integrationskurs nach § 43 AufenthG oder an einer Maßnahme der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a AufenthG teilzunehmen, obwohl die betroffenen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten als teilnahmeberechtigte Personen nicht über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügen und deshalb vorrangig an einem Integrationskurs teilnehmen sollen oder darüber hinaus notwendige berufsbezogene Sprachkenntnisse benötigen und deshalb vorrangig an der berufsbezogenen Deutschsprachförderung teilnehmen sollen. Die Teilnahme ist in solchen Fällen nach der gesetzlichen Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 3 i. d. R. für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich. Für die Teilnahmeberechtigung, die Verpflichtung zur Teilnahme und die Zugangsvoraussetzungen gelten gemäß § 3 Abs. 4 Satz 4 die §§ 44, 44a und 45a AufenthG sowie § 9 Abs. 1 Satz 1 BVertrG i. V. m. der Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler und der Verordnung über die berufsbezogene Deutschsprachförderung. Insoweit dürfte es nicht darauf ankommen, ob die Teilnahme in einem Kooperationsplan vereinbart wurde oder ein solcher Plan nicht zustande gekommen ist oder nicht fortgeschrieben werden kann. In diesem Zusammenhang gilt § 3 Abs. 1 Satz 3, wonach vorrangig Leistungen erbracht werden sollen, die die unmittelbare Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit ermöglichen, wenn keine andere Leistung für die dauerhafte Eingliederung erforderlich ist. Davon wiederum ist insbesondere auszugehen, wenn leistungsberechtigte Personen ohne Berufsabschluss Leistungen zur Unterstützung der Aufnahme einer Ausbildung nach diesem SGB II, dem SGB III oder auf anderer rechtlicher Grundlage erhalten oder an einer nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 i. V. m. § 81 SGB III zu fördernden Weiterbildung teilnehmen oder voraussichtlich teilnehmen werden (§ 3 Abs. 1 Satz 4).
Rz. 44c
Aus diesem Regelungskonstrukt ergibt sich anders als noch im Gesetzentwurf zum Bürgergeld vorgesehen, kein mehrstufiges Vorgehen mehr durch die Jobcenter, bevor letztlich die Voraussetzungen für die Feststellung eines Tatbestandes vorliegen können.
Rz. 44d
Nach den Gesetzesmaterialien sind die Kooperationspläne nach § 15 Abs. 2 nicht Grundlage für eine Leistungsminderungsentscheidung. Nach § 15 Abs. 2 sollen die Jobcenter, die für die Agenturen für Arbeit nach § 44b als gemeinsame Einrichtung von Agentur für Arbeit und kommunalem Träger oder für die nach § 6a zugelassenen kommunalen Träger handeln, im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger unverzüglich nach der Potenzialanalyse nach § 15 Abs. 1 mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person unter Berücksichtigung der Feststellungen aus der Analyse gemeinsam einen Plan zur Verbesserung der Teilhabe, also den sog. Kooperationsplan erstellen. In diesem sind insbesondere das Eingliederungsziel und die wesentlichen Schritte zur Eingliederung festzuhalten. Diese Inhalte sind zwingend, während im Rahmen von Regel-Ausnahme-Verhältnissen in atypischen Fällen auch auf einen Kooperationsplan verzichtet werden kann.
Rz. 44e
Kommt ein Kooperationsplan zustande, was für den Regelfall angenommen werden kann, sollen darin insbesondere die in Betracht kommenden Leistungen nach Kapitel 3, Abschnitt 1 als Leistungen zur Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit aufgeführt werden. Das ist für die Betrachtung der Voraussetzungen für die Feststellung einer Leistungsminderung nicht unerheblich. Schon nach früherem Recht hat die Rechtsprechung darauf gedrungen, dass sich aus den für eine Leistungsminderungsentscheidung zugrunde liegenden Unterlagen ein angemessener Ausgleich von Mitwirkungsleistungen des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und zu erbringenden Leistungen durch das Jobcenter ergeben muss. Dem lag zwar die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 a. F. als öffentlich-rechtlicher Vertrag zugrunde. Doch drängt sich aus dem Kooperationsgedanken des Gesetzgebers und seiner Vorstellung einer Begegnung von Jobcenter und Leistungsberechtigtem auf Augenhöhe geradezu auf, dass ein solcher Ausgleich auch den gemeinsam von den Partnern erarbeiteten Kooperationsplan prägt. Dem trägt jedenfalls § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Rechnung. Aus der Soll-Formulierung der Aufzählung der Inhalte und dem Zusatz insbesondere festzuhaltender Inhalte ergibt sich eine faktische Pflicht des Jobcenters zur Aufnahme der in Betracht kommenden Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, von der nur in ganz besonders gelagerten Ausnahme...