Rz. 74

Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 überträgt den Tatbestand des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf zumutbare Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit. Das sind alle Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit nach den §§ 16 ff. Leistungsminderungsbewehrt sind der Nichtantritt, Abbruch oder der gegebene Anlass zum Abbruch einer Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit (auch als Sofortmaßnahme, seit dem 1.8.2016 nicht mehr nach § 15a, vgl. aber § 3 Abs. 2), denn Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erfasst die Fälle, bei denen zumutbare Maßnahmen nicht bereits Gegenstand des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sind. Das LSG Sachsen hat schon für das Sperrzeitrecht der Arbeitsförderung entschieden, dass berufliche Eingliederungsmaßnahmen auch außerhalb einer Eingliederungsvereinbarung sperrzeitrelevant angeboten werden dürfen (vgl. LSG Sachsen, Urteil v. 9.2.2017, L 3 AL 274/15). Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, dass für das Minderungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende etwas anderes gelten könnte, zumal der Kooperationsplan nach § 15 Abs. 2 keine Grundlage mehr für eine Leistungsminderung sein soll. § 31 enthält dem Wortlaut nach seit dem 1.4.2011 auch eine Pflichtverletzung für den Fall der Ablehnung einer zumutbaren Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit in Form des Nichtantrittes ohne wichtigen Grund. Das Fehlen einer solchen Pflichtverletzung war bis zum 31.3.2011 meist nicht schädlich, weil notwendige Eingliederungsmaßnahmen in der Eingliederungsvereinbarung festgehalten werden konnten und dann von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b a. F. erfasst wurde. Die Verweigerung der Ausführung einer zumutbaren Maßnahme kann auch konkludent erfolgen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 4.3.2013, L 19 AS 1688/12 B). § 10 Abs. 3 ist zu beachten. Danach gelten die Regelungen zur Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit entsprechend für die Zumutbarkeit von Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit. Im Übrigen stellt Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 auf die Ablehnung des Angebotes, nicht aber auf die Grundlage für das Angebot einer Eingliederungsmaßnahme ab.

 

Rz. 74a

Maßnahmeangebote sind keine Verwaltungsakte i. S. d. § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB X, sondern lediglich Verfahrenshandlungen zur Vorbereitung einer Sachentscheidung (vgl. BSG, Urteil v. 19.1.2005, B 11a/11 AL 39/04). Durch das Angebot allein wird die rechtliche Stellung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten noch nicht verändert. Auch Maßnahmeangebote müssen ausreichend bestimmt sein, die Maßnahme muss im Angebot so klar beschrieben werden, dass der Leistungsberechtigte sich ein Bild davon machen kann. Das ist eine wichtige Grundlage für seine Entscheidung über den Antritt. Im konkreten Einzelfall kommt es darauf an, dass die betroffene Person ihre Zumutbarkeit der Teilnahme an einer Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit aufgrund der Maßnahmebeschreibung nach ihrem Empfängerhorizont bewerten kann, insbesondere erkennen und nachvollziehen kann, was von ihr gefordert wird (SG Cottbus, Urteil v. 13.6.2019, S 38 AS 545/18). Das Angebot einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 16 i. V. m. § 45 SGB III stellt sich prozessual als ein auf eine Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt i. S. d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG dar (Bay. LSG, Urteil v. 21.11.2022, L 7 AS 128/22).

 

Rz. 74b

Abbrüche werden vom Leistungsberechtigten aus eigener Initiative ausgeführt. Eine unregelmäßige Teilnahme ist allein noch kein Abbruch. Der Abbruch setzt vielmehr die tatsächliche (endgültige) Beendigung der Teilnahme voraus, ggf. durch konkludentes Verhalten. Anlass für den Abbruch hat der Leistungsberechtigte gegeben, wenn er aufgrund seines Verhaltens aus der Maßnahme ausgeschlossen oder von der Verwaltung aus der Maßnahme herausgenommen worden ist, z. B. durch unentschuldigtes Fernbleiben (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 26.10.2015, L 19 AS 1452/15 B ER) oder wiederholte Missachtung der Unterrichts- bzw. Betriebsordnung. Maßnahmeabbrüche sind weiter gefasst als in der Sperrzeitvorschrift des § 159 SGB III, dort ist maßnahmewidriges Verhalten vorausgesetzt. Gegebener Anlass für den Abbruch wird im Regelfall maßnahmewidriges Verhalten sein, das dem Leistungsberechtigten subjektiv vorgeworfen werden kann und nach seinem Einsichtsvermögen den Ausschluss bzw. die Herausnahme zur Folge haben musste und deshalb dem sozialwidrigen Verhalten i. S. d. § 31 Abs. 1 zuzurechnen ist. Die Zuweisung einer Vollzeitmaßnahme soll einem Leistungsberechtigten unter 25 Jahren nicht zumutbar sein, wenn dieser nicht schulfähig ist und bereits mehrere Eingliederungsversuche gescheitert sind (SG Braunschweig, Beschluss v. 5.12.2014, S 33 AS 653/14 ER). Dann kann eine Leistungsminderung wegen Veranlassung des Abbruchs einer Eingliederungsmaßnahme wegen Nichterscheinens zur Maßnahme nicht festgestellt werden. Bei beharrlichem Entzug Jugendlicher von Eingliederungsversuchen ist das Jobcenter demnach gehalten, mit dem Jugendhilfeträger geeignete Jugendhilfeleistungen zu erörtern (vgl. auch § 16h, § 16k). Nach entsprechenden eindeutigen Hinweisen trifft das ...

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