Rz. 82
Tritt eine Sperrzeit beim Alg nach § 159 SGB III ein und ruht deshalb der Anspruch auf Alg, kann der Versicherte dadurch hilfebedürftig i. S. d. Grundsicherung für Arbeitsuchende werden. Abs. 2 Nr. 3 wirkt als Folgeregelung für versicherungswidriges Verhalten des Leistungsberechtigten gegenüber der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung. Das Verhalten ist insofern gleichzeitig als sozialwidrig einzustufen. In Fällen des Abs. 2 Nr. 3 liegt ein konkretes versicherungswidriges Verhalten des Leistungsberechtigten vor. Er hat entweder Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, eine zumutbare Beschäftigung abgelehnt oder eine Maßnahme zur beruflichen Eingliederung bzw. einen Integrationskurs verweigert oder abgebrochen, ohne dass ihm für sein Verhalten ein wichtiger Grund zur Seite steht. Der Tatbestand legt nahe, auch die Rechtsfolge des § 34 zu prüfen. Hier hält das LSG Nordrhein-Westfalen eine einschränkende Auslegung für geboten. Es müsse ein spezifischer Bezug zwischen dem Verhalten selbst und dem Erfolg bestehen, um das Verhalten nach den im SGB II verankerten Wertungsmaßstäben als missbilligenswert erscheinen zu lassen. Zu den Vorschriften des SGB II, denen solche Maßstäbe zu entnehmen sind, gehört allerdings auch § 31 (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 22.4.2013, L 19 AS 1303/12). Abs. 2 Nr. 3 greift das differenzierte System von Sperrzeitdauern in § 159 SGB III nicht auf. Darin wird kein Verstoß gegen die Gleichbehandlung von Leistungsberechtigten gesehen, weil qualitative Unterschiede zwischen Leistungsminderungen bestehen, die keiner Harmonisierung analog zu den Sperrzeitdauern bedürfen.
Rz. 83
Auf das versicherungswidrige Verhalten hin hat die zuständige Agentur für Arbeit den Eintritt einer Sperrzeit nach § 159 SGB III festgestellt, die den Anspruch auf die Versicherungsleistung Alg zum Ruhen bringt, oder aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen für den Eintritt einer solchen Sperrzeit das Erlöschen des Anspruchs auf Alg nach § 161 Abs. 1 Nr. 2 SGB III festgestellt. An diese Entscheidung ist das Jobcenter gebunden, sobald der Sperrzeitbescheid nach § 37 SGB X Wirksamkeit erlangt hat. Es hat keine eigene Kompetenz, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Agentur für Arbeit zu überprüfen. Nach bindender Feststellung einer Sperrzeit durch die Bundesagentur für Arbeit steht dem Grundsicherungsträger bei der Leistungsminderung nach §§ 31, 31a kein eigenes Prüfungsrecht hinsichtlich der Voraussetzungen für den Eintritt der Sperrzeit zu. Die Regelung ist verfassungsgemäß (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.3.2020, L 5 AS 623/18 WA). Auf die Dauer der festgestellten Sperrzeit kommt es nicht an. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass es aufgrund der Unterschiede zwischen der Sperrzeit nach dem SGB III und der Leistungsminderung nach dem SGB II schon aufgrund der systemischen Unterschiede zwischen der Arbeitslosenversicherung und der Grundsicherung für Arbeitsuchende keine Bedenken dagegen gibt, dass der Leistungsminderungszeitraum nach § 31b länger ist als die Dauer der Sperrzeit nach § 159 SGB III. Das gilt auch dann, wenn eine Sperrzeit mit verminderter Dauer festgestellt wurde, z. B. wegen des Vorliegens einer besonderen Härte. Eine andere Betrachtung ist jedoch für Sperrzeiten wegen Meldeversäumnis geboten (vgl. § 31a Abs. 1 Satz 4). Die Rechtsfolgen sind nach § 32 festzustellen. Die Feststellung der Sperrzeit bewirkt unmittelbar die Feststellung der Pflichtverletzung nach Abs. 2 Nr. 3, gleich ob durch das Ruhen bzw. Erlöschen Hilfebedürftigkeit erst herbeigeführt worden ist oder Hilfebedürftigkeit ausgeweitet wurde. Eine Arbeitgeberkündigung kann die Feststellung einer Leistungsminderung auch zur Folge haben, wenn diese während des laufenden Bezugs von Bürgergeld ausgesprochen wird und der Betroffene wegen der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in einem Sozialrechtsverhältnis zur Agentur für Arbeit als Träger der Arbeitsförderung stand, sofern eine Sperrzeit nach § 159 SGB III eingetreten ist (BSG, Urteil v. 22.3.2010, B 4 AS 68/09 R). Eine Leistungsminderung nach Abs. 2 Nr. 3 wird nicht festzustellen sein, wenn der Leistungsberechtigte den Sperrzeitzeitraum ohne das Bürgergeld überbrückt hat.
Rz. 84
Die Rechtsfolgen regelt allein § 31a, nach Meldeversäumnissen jedoch § 32. Eine Leistungsminderung aufgrund einer Sperrzeit wegen fehlender Eigenbemühungen kann nunmehr auch eintreten; das ergibt sich aus § 15 Abs. 2, 3. Bei einer Sperrzeit aufgrund eines Verstoßes gegen § 38 Abs. 1 SGB III (frühzeitige Arbeitsuchendmeldung) kann jedoch keine Leistungsminderung nach § 31a eintreten, § 31 enthält keine solche Pflicht. Eine Leistungsminderung könnte daher nur Aufstocker treffen, die Leistungsminderung ginge jedoch nach Ablauf der einwöchigen Sperrzeit ins Leere. Die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b waren angewiesen, wegen Unverhältnismäßigkeit einer Leistungsminderung auch keine nach einer Sperrzeit wegen Meldeversäumnis (§ 159 Abs. 1 Nr. 8 SGB I...