Rz. 155
Abs. 6 verpflichtet das Jobcenter für den Regelfall, erwerbsfähigen Leistungsberechtigten unter 25 Jahren innerhalb von 4 Wochen nach der Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot zu machen, in dessen Verlauf die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden. Von dieser gesetzlichen Vorgabe darf das Jobcenter nur in atypischen Fällen abweichen, es soll normalerweise das Angebot an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten richten.
Rz. 156
Betroffen ist der Personenkreis der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten unter 25 Jahre. Bei der Altersabgrenzung geht es in erster Linie um eine Einschätzung der Ernsthaftigkeit und Einsichtigkeit der (Wieder-)Erlangung einer Erwerbstätigkeit für die eigene persönliche und berufliche Entwicklung und die finanzielle Absicherung des Lebensunterhaltes. Daneben ist je nach Alter auch ein unterschiedlich hohes Risiko vorhanden, dass wegen oder in Zusammenhang mit einer Leistungsminderung der Kontakt zum Jobcenter verloren geht. Unter einer Leistungsminderung leidet auch die Möglichkeit, ein Vertrauensverhältnis zwischen Jobcenter und Leistungsberechtigtem aufzubauen. Diese Gründe sind in der Hauptsache dafür ausschlaggebend, dass jüngeren Leistungsberechtigten unter 25 Jahren ein Beratungsangebot gemacht werden soll. Für ein Beratungsangebot kann auf das Alter bei der Feststellung der Leistungsminderung abgestellt werden, ebenso wäre aber auch ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Pflichtverletzung möglich. Auch könnte der Zeitpunkt 4 Wochen nach der Feststellung der Leistungsminderung herangezogen werden. Bei systematischer Arbeitsplanung mit digitaler Unterstützung ist die Festlegung auf ein konkretes Feststellungsdatum für das Alter besonders zielführend. Dafür könnte vorrangig auf den Tag der Feststellung der Leistungsminderung abgestellt werden. Das sollte das Jobcenter nicht daran hindern, nach eigener Einschätzung auch dem Personenkreis ein Beratungsangebot zu machen, der zu diesem Zeitpunkt die Altersgrenze (knapp) überschritten hat. Es kommt auf die individuellen Verhältnisse im Einzelfall an, das tatsächliche konkrete Alter ist weniger entscheidend.
Rz. 157
Aufgrund der Motivation des Gesetzgebers, die Sorge um die weitere Entwicklung jüngerer Menschen besonders im Auge zu behalten, resultiert auch die Unmöglichkeit, wegen einer zu erwartenden oder vermeintlich bereits feststehenden Ablehnung des Beratungsangebotes auf dieses zu verzichten. Eine solche Situation stellt gerade keinen atypischen Sachverhalt dar. Denkbar ist insoweit, dass unlängst bereits ein Beratungsgespräch mit den vom Gesetzgeber benannten Inhalten unter Berücksichtigung der Pflichtverletzung stattgefunden hat und die drohende Rechtsfolge bereits behandelt wurde. Dann ist denkbar, von einem erneuten Beratungsangebot (zunächst) abzusehen.
Rz. 158
Ein Beratungsangebot erhalten nur erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Von Leistungsminderungen betroffene nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte (vgl. Abs. 5) werden von Abs. 6 nicht erfasst. Das leuchtet ein, weil dieser Personenkreis nicht weiter mit dem Jobcenter an einer Integration in Erwerbstätigkeit arbeiten muss. Daher ist ein systematisches Beratungsangebot nach einer Leistungsminderung nicht erforderlich. Das schließt nicht aus, auch diesem Personenkreis einzelfallbezogen unabhängig von Abs. 6 ein Beratungsangebot zu machen, etwa, um die möglichen Beiträge bei einer Eingliederung des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten oder deren Vorbereitung zu erörtern.
Rz. 159
Voraussetzung für das Angebot nach Abs. 6 ist die Feststellung einer Leistungsminderung. Damit wird für den betroffenen Personenkreis auch die erste Leistungsminderung relevant für das Angebot. Darin unterscheidet sich der Fall nach Abs. 6 auch von dem der Anhörung nach Abs. 2, dem eine zumindest ähnliche Motivlage zugrunde liegt. Eingeschlossen werden von vornherein alle Leistungsminderungen nach § 31a, in dieser Vorschrift steckt die gesetzliche Vorgabe. Fraglich ist allerdings, ob auch Leistungsminderungen nach § 32 von Abs. 6 betroffen sind. Das wird zu verneinen sein. § 32 Abs. 2 Satz 1 schließt Abs. 6 gerade nicht bei den Verweisungen auf entsprechend anzuwendende Vorschriften ein. Auch könnten die Jobcenter angesichts der Erfahrungswerte aus der Vergangenheit zum Umfang von Leistungsminderungen wegen Meldeversäumnis schnell an die Grenzen ihrer personellen Kapazitäten stoßen. Zudem beißt sich die Frist von 4 Wochen mit der Dauer der Leistungsminderung von einem Monat. Auch kann durch eine Vorsprache auf das Beratungsangebot hin keine Verkürzung der Leistungsminderung erreicht werden, weil diese gleichwohl einen Monat betragen würde. Damit ist das Beratungsangebot nach Abs. 6 lediglich an alle erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zu richten, die am Tag der Feststellung der Leistungsminderung nach § 31a das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder nach Einschätzung der Integrationsfachkraft des Jobcenters einer solchen Beratung...