Rz. 3

Abs. 1 regelt den Zahlungsrhythmus und die Fälligkeit von Leistungen nach dem SGB II, soweit Sondervorschriften nicht greifen. Abs. 1 entspricht im Wesentlichen § 41 Abs. 1 Satz 4 a. F., allerdings mit dem Unterschied, dass die damalige Regelung sich auf "Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" beschränkte, und die jetzige Regelung generell von "Leistungen" spricht. Die Vorauszahlung nach Abs. 1 umfasst demnach alle Leistungen, auch z. B. Eingliederungsleistungen (Greiser, in: Eicher/Luik, SGB II, § 42 Rz. 16; Kallert, in: Gagel, SGB II, § 42 Rz. 17).

 

Rz. 4

Wegen ihrer Bedarfsdeckungsfunktion werden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für jeden Monat der Hilfebedürftigkeit im Voraus erbracht. "Erbracht" werden die Leistungen, wenn sie an den oder die Leistungsberechtigten ausgezahlt werden. Die Erfüllung nach § 362 BGB erfolgt regelmäßig erst durch die Gutschrift auf dem Konto des Berechtigten (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 20.10.2014, L 19 AS 1287/14 B). Die Vorschrift ist zwingend. Die Leistungen müssen dem Leistungsberechtigten bereits am ersten Tag des Monats zur Verfügung stehen (LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.; Merten, in: BeckOK, SGB II, § 42 Rz. 6). Dies gilt auch dann, wenn der erste Tag des Monats auf einen Sonn- oder Feiertag fällt (Merten, a. a. O.; a. A. Burkiczak, in: jurisPK-SGB II, § 42 Rz. 32, am ersten Werktag des Monats). Der Träger der Grundsicherung hat demnach die Geldleistung so frühzeitig anzuweisen, dass diese am ersten Tag des Monats auf dem Konto des Leistungsberechtigten gutgeschrieben ist (Kallert, in: Gagel, SGB II, § 42 Rz. 19; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 42 Rz. 79; Burkiczak, a. a. O.; a. A. Greiser, in: Eicher/Luik, SGB II, § 42 Rz. 18, der eine Gutschrift bereits am letzten Tag des Vormonats für geboten hält).

 

Rz. 5

Die Vorschrift ist eine sog. "Sollvorschrift". Das bedeutet, dass grundsätzlich die Leistungsgewährung monatlich im Voraus zu erfolgen hat, aber in Ausnahmefällen eine hiervon abweichende Leistungsgewährung zulässig ist (Kallert, in: Gagel, SGB II, § 42 Rz. 23; Merten, in: BeckOK, SGB II, § 42 Rz. 5; Conradis, in: Münder, SGB II, § 42 Rz. 3). So kann in atypischen Fällen, z. B. bei unwirtschaftlichem Verhalten des Leistungsempfängers (z. B. Spielsucht) auch eine Zahlung in kürzeren Abständen erfolgen. Liegt ein solcher atypischer Fall vor, steht es im Ermessen des Grundsicherungsträgers, ob er eine andere Zahlung als die monatliche Vorauszahlung wählt. Ein Ermessen besteht aber nur für die Dauer des Zeitraums, nicht aber hinsichtlich der Zahlung im Voraus (wohl einhellige Meinung, vgl. Kallert, a. a. O., Rz. 23 m. w. N.; Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 42 Rz. 75). Die in § 42 Abs. 1 vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkte können nicht im Rahmen von Erstattungsansprüchen aus Praktikabilitätsgründen heraus unterlaufen werden (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 17.3.2021, L 33 R 703/20 NZB).

 

Rz. 6

Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Vorauszahlungsgebot von Abs. 1 sind im Gesetz nicht geregelt. Zivilrechtliche Ansprüche kommen nicht in Betracht (Kallert, in: Gagel, SGB II, § 42 Rz. 27 unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 27.6.2017, B 2 U 13/15 R). Grundsätzlich kommen Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB in Betracht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 20.10.2014, L 19 AS 1287/14 R; wohl auch Bay. LSG, Urteil v. 17.8.2016, L 11 AS 681/15).

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