Rz. 2
Die Vorschrift regelt die Kompetenzen zur einheitlichen Feststellung der Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit für die Agenturen für Arbeit und die kommunalen Träger als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende in der Organisationsform der gemeinsamen Einrichtung nach § 44b. Zur rechtlichen Entwicklung und Gesamtproblematik vgl. BT-Drs. 17/13857. Gegenüber der Fassung im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 17/1940, 17/2057) bzw. der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP (BT-Drs. 17/1555) ist die Vorschrift vor der Beschlussfassung des Gesetzes durch den Deutschen Bundestag mit der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (vgl. BT-Drs. 17/2188) nochmals erheblich verändert worden. Dabei ist die Beschlussempfehlung des 11. Ausschusses davon ausgegangen, dass die bisherige Praxis, dass über Erwerbsfähigkeit von Kommune und Agentur für Arbeit in Einigungsstellen ggf. unter Hinzuziehung von Sachverständigen einheitlich entschieden wurde, angesichts des Urteils des BVerfG v. 20.12.2007 nicht fortgesetzt werden darf. Solche Verfahren und Entscheidungen, die nicht einem Hoheitsträger eindeutig zugeordnet werden könnten, sondern von Mischgremien getroffen wurden, seien aufgrund der Vorgaben des BVerfG nicht zulässig.
Rz. 3
Die Vorschrift regelt die Feststellung von Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit. Die Abs. 1 bis 3 betreffen die Feststellung der Erwerbsfähigkeit, die Abs. 4 bis 6 bestimmen die Feststellung von Hilfebedürftigkeit. Dabei wird die Ausgangsfeststellung jeweils durch die Agentur für Arbeit getroffen. Das weitere Verfahren und die weiteren Kompetenzen richten sich sodann nach den berechtigten Interessen der beteiligten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der anderen direkt oder indirekt von den Entscheidungen betroffenen Leistungsträgern. Die Ausgangsfeststellung wird daher durch die Jobcenter als gemeinsame Einrichtungen nach § 44b anhand der Weisungen der Bundesagentur für Arbeit getroffen.
Rz. 4
Ob der Arbeitsuchende erwerbsfähig i. S. d. § 8, hier insbesondere des § 8 Abs. 1 ist, stellt die Agentur für Arbeit fest. Sie hat damit – ggf. von Amts wegen – die erforderlichen Ermittlungen anzustellen und Begutachtungen zu beauftragen, die ihr zu den notwendigen Kenntnissen darüber verhelfen, ob der Arbeitsuchende insbesondere nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden erwerbstätig zu sein. Aufgrund der Feststellung der Agentur für Arbeit liegen – die Erfüllung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen unterstellt – die Voraussetzungen für die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II entweder vor oder nicht, so dass Leistungen zum Lebensunterhalt zu bewilligen sind oder abgelehnt werden müssen. Die medizinischen Voraussetzungen der Erwerbsfähigkeit muss die Agentur für Arbeit selbst ermitteln und feststellen, dazu ist eine Aufforderung zur Rentenantragstellung nicht geeignet (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.8.2018, L 8 R 1814/18). In beiden Fällen kann ein anderer Leistungsträger hierdurch belastet werden. Deswegen wird den betroffenen anderen Leistungsträgern in Abs. 1 Satz 2 ein Widerspruchsrecht eingeräumt. Das betrifft den kommunalen Träger (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1) bzw. einen anderen Träger (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), der im Fall der Feststellung voller Erwerbsminderung durch die Agentur für Arbeit zuständig für die Leistungsgewährung wird, bzw. die Krankenkasse, die als Folge der Feststellung von Erwerbsfähigkeit durch die Agentur für Arbeit aufgrund versicherungsrechtlicher Folgen Leistungen der Krankenversicherung zu erbringen hat. Die Regelung stellt also auf den Träger ab, der als Folge der Feststellung der Agentur für Arbeit leistungspflichtig wird. Mindestens ein Träger ist immer von der Entscheidung der Agentur für Arbeit betroffen, gleich, ob sie Erwerbsfähigkeit oder volle Erwerbsminderung feststellt. Hinsichtlich des kommunalen Trägers tritt die Leistungspflicht sowohl bei Feststellung von Erwerbsfähigkeit (kommunale Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende) als auch bei Feststellung von voller Erwerbsminderung ein. Je nach Feststellung des Vorliegens einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung im weiteren Verfahren nach § 44a kommt eine Leistungsberechtigung des Leistungsberechtigten nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) oder nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) in Betracht. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 muss daher den kommunalen Träger nicht auf einen bestimmten Sachverhalt festlegen. Aus der Logik der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Bezug auf die beteiligten Träger und den Verwaltungsvollzug ergibt sich jedoch fast selbstverständlich, dass das Widerspruchsrecht dem kommunalen Träger als Träger der Sozialhilfe zusteht, nicht jedoch dem kommunalen Träger als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Rz. 5
Wird durch keinen anderen...