Rz. 2
§ 44b ist eines der Herzstücke der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Arbeitsgemeinschaften nach § 44b a. F. zum 1.1.2011. In der Vorschrift werden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die Bundesagentur für Arbeit und die kommunalen Träger nach § 6 Abs. 1 Satz 1 für den Regelfall dazu verpflichtet, zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in einer gemeinsamen Einrichtung zusammenzuarbeiten. Die gemeinsame Einrichtung ist eine Mischbehörde aus Bundes- und Landesbehörde. Die Zusammenarbeit der Träger in der gemeinsamen Einrichtung ist in Art. 91e GG verankert (vgl. das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 21.7.2010, BGBl. I S. 944). Art. 91e GG ist am 27.7.2010 in Kraft getreten.
Rz. 3
Die zugelassene kommunale Trägerschaft nach §§ 6a und 6b bleibt hiervon unberührt. Eine getrennte Aufgabenwahrnehmung sieht das SGB II nicht vor. Übergangsweise durften die Aufgaben im Jahr 2011 noch getrennt wahrgenommen werden, wenn am 31.3.2010 keine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b a. F. bestanden hat, also zu diesem Zeitpunkt die Aufgaben auch getrennt wahrgenommen worden sind (§ 76 Abs. 1).
Rz. 4
Die Wahrnehmung der Aufgaben der Träger nach dem SGB II erfolgt im Regelfall (Anteil 75 %) durch die gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung wird selbst nicht zum Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Beide Träger lassen ihre Aufgaben durch die gemeinsame Einrichtung wahrnehmen. Dies bezieht sich grundsätzlich auf alle Aufgaben nach dem SGB II. Die Wahrnehmung ist nicht davon abhängig, dass ein Träger die Aufgaben auf die gemeinsame Einrichtung überträgt, etwa durch rechtsgeschäftlichen Auftrag wie durch die kommunalen Träger vor der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Abs. 1 Satz 2). Die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sollen sich nur an eine staatliche Stelle wenden müssen, um dort sämtliche Leistungen dieses Buches zu erhalten bzw. vermittelt zu bekommen. Auch über die Erbringung bzw. den Zugang zu den im Verantwortungsbereich des kommunalen Trägers liegenden sozialintegrativen Leistungen nach § 16a Nr. 1 bis 4 im Einzelfall wird in der gemeinsamen Einrichtung entschieden. Es bleibt der Organisationshoheit der Kommune überlassen, auf welchem Wege sie dies sicherstellt (z. B., indem der kommunale Träger den gemeinsamen Einrichtungen Budgets für die Leistungen einräumt oder Kontingente zur Besetzung zur Verfügung stellt). Der kommunale Träger hat sicherzustellen, dass für erwerbsfähige Leistungsberechtigte ausreichende Angebote zur Verfügung stehen und ihnen Leistungen nach § 16a vorrangig erbracht werden. Der zuständige kommunale Träger soll die Agentur für Arbeit bei der Planung der Kapazitäten beteiligen. Grundlage dafür ist, dass die hierzu erforderlichen Daten nach § 51b durch die kommunalen Träger an die Bundesagentur für Arbeit übermittelt werden.
Rz. 5
Die gemeinsame Einrichtung ist nach Abs. 1 Satz 3 befugt, im eigenen Namen Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Dazu führt sie wie die zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a die Bezeichnung Jobcenter nach § 6d. Um die Leistungsgewährung aus einer Hand sicherzustellen, erlässt die gemeinsame Einrichtung einheitliche Leistungsbescheide, in denen z. B. bei den Leistungen zum Lebensunterhalt über die Leistung für den Regelbedarf als Leistung des Bundes und die Leistungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung als kommunale Leistung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) entschieden wird. Die übrigen Handlungsformen der Verwaltung nach dem SGB X sind daneben möglich. Das in der gemeinsamen Einrichtung tätige Personal wird von den Trägern zugewiesen (vgl. § 44g). Über eigenes Personal verfügt die gemeinsame Einrichtung nicht.
Rz. 6
Die grundlegenden Entscheidungen über Organisationsstruktur, Organe sowie Aufgaben und Befugnisse der gemeinsamen Einrichtung erfolgen durch Gesetz. Die nähere Ausgestaltung des dadurch vorgegebenen Rahmens und die Bestimmung des Standorts der gemeinsamen Einrichtung bleiben der Vereinbarung der Träger überlassen (Abs. 2 Satz 1). Dabei sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarkts und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigt werden (Abs. 2 Satz 2). Abs. 2 hat Wechselwirkungen zu den §§ 44c und 44d, die die Befugnisse und Kompetenzen der Trägerversammlung und des Geschäftsführers der gemeinsamen Einrichtungen regeln. Abs. 2 enthält insofern nur die grundlegenden Aussagen zum Geschäftsbetrieb der gemeinsamen Einrichtungen. Abs. 2 Satz 3 gewährleistet, dass bestehende Verwaltungsstrukturen beibehalten werden können sowie lokalen Bedürfnissen auch künftig Rechnung getragen werden kann. Die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einem Jobcenter kommt insbesondere bei kleineren räumlich beieinander liegenden Jobcentern in Betracht. Alternativ dazu wäre denkbar, dass mehrere gemeinsame Einrichtungen spezielle Aufgaben im Verbund wahrnehmen. ...