Rz. 54
Die Abs. 4 und 5 eröffnen Möglichkeiten, an sich von der gemeinsamen Einrichtung wahrzunehmende Aufgaben der Träger nach Abs. 1 Satz 2 wiederum nicht selbst wahrzunehmen, sondern durch einen oder beide Träger wahrnehmen zu lassen. Abs. 4 ist als Spezialregelung zum Auftrag nach § 88 SGB X zu verstehen. Diese Regelung erlaubt einen Auftrag für Einzelfälle sowie für gleichartige Fälle. Ein wesentlicher Teil des gesamten Aufgabenbereichs muss jedoch beim Auftraggeber verbleiben. Das würde für die gemeinsame Einrichtung bedeuten, dass sie eben nicht die Aufgaben eines Trägers durch den anderen Träger wahrnehmen lassen darf, wenn nicht ein wesentlicher Teil des gesamten Aufgabenbereichs bei dem ursprünglich verantwortlichen Träger und damit bei der gemeinsamen Einrichtung verbleibt. Abs. 4 enthält solche einschränkenden Regelungen nicht.
Rz. 55
Abs. 4 betrifft einzelne Aufgaben, bei denen es sich nach der Gesetzesbegründung um die Ausbildungsstellenvermittlung, den Forderungseinzug, den Ärztlichen Dienst, die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen, die Betreuung von Wohnungslosen handeln kann. Dabei handelt es sich durchweg um in sich abgeschlossene Aufgaben, deren Wahrnehmung durch einen Träger vor der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum 1.1.2011 zum Teil einer speziellen gesetzlichen Grundlage bedurfte (vgl. z. B. § 16 Abs. 4 Satz 1). Jedenfalls muss nicht ein wesentlicher Teil des gesamten Aufgabenbereichs bei dem ursprünglich zuständigen Träger verbleiben. In Betracht kommt insoweit auch die Erbringung der Leistungen nach § 28 durch die Kommunen außerhalb der Jobcenter nach § 6d.
Rz. 55a
Abs. 4 meint nicht rechtskreisübergreifende Bürogemeinschaften. Eine Zusammenarbeit von gemeinsamen Einrichtungen und Agenturen für Arbeit ist aus rechtlichem Blickwinkel möglich. Dazu bedarf es keiner gesonderten Ermächtigung im Gesetz, weil bei einer bloßen Bürogemeinschaft keine Aufgaben von einem auf einen anderen Träger übertragen werden. Aus der Sicht der Jobcenter der gemeinsamen Einrichtungen bedarf es für eine rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit eines Beschlusses der Trägerversammlung nach § 44c klar getrennter Haushalte, eindeutiger auf die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter bezogene Bescheide und Regelungen zu den Verwaltungskosten sowie die Beachtung datenschutzrechtlicher Vorgaben. Die Aufgabentrennung muss rechtskreisscharf vorgenommen werden. Jeder Mitarbeiter darf innerhalb der Bürogemeinschaft nur in dem Aufgabenbereich (SGB II oder SGB III) tätig werden, dem er zugewiesen wurde. Letztlich werden bei einer Bürogemeinschaft nur die Ressourcen zusammengeführt, sie dürfen aber nicht vermischt werden. Im Hinblick auf die Nutzung von Informationstechnik sollten lizenzrechtliche Probleme nicht entstehen, weil kein Mitarbeiter außerhalb seines eigenen Rechtskreises tätig wird.
Rz. 55b
Durch den Verweis in § 44b Abs. 4 Satz 2 für Beauftragungen unter Jobcentern müssen die Voraussetzungen nach § 88 bis § 92 SGB X für eine Aufgabenwahrnehmung im Verbund vorliegen. Es bedarf zunächst einer Zustimmung durch die Trägerversammlung nach § 44c Abs. 2 Nr. 4 und § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Rz. 55c
Für die rechtliche Zulässigkeit einer Beauftragung muss ein sachlicher Zusammenhang der Aufgaben für beide gemeinsamen Einrichtungen vorliegen (§ 88 Abs. 1 Nr. 1 SGB X). Mit der Voraussetzung des sachlichen Zusammenhangs sollen Beauftragungen ausgeschlossen werden, bei denen die Aufgabenbereiche der Auftragspartner beziehungslos nebeneinander stehen. Von einem sachlichen Zusammenhang wird regelmäßig auszugehen sein, wenn die Partner des Auftragsverhältnisses demselben Sozialleistungszweig angehören oder wenn ein Leistungsträger seinen Verband beauftragt. Bei gemeinsamen Einrichtungen kann das für ihre originären Aufgaben regelmäßig angenommen werden.
Rz. 55d
Ferner muss die Beauftragung für die Durchführung der Aufgabe zweckmäßig sein (§ 88 Abs. 1 Nr. 2 SGB X). Das ist nach den Gesetzesmaterialien dann zu bejahen, wenn der Beauftragte bereits über die zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Einrichtungen verfügt oder wenn er die besseren organisatorischen Möglichkeiten besitzt.
Rz. 55e
Nach § 88 Abs. 1 Nr. 3 SGB X muss die Beauftragung im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen liegen. Der Auftrag darf für den Betroffenen keine Nachteile mit sich bringen. Darüber hinaus sollte sich durch den Auftrag eine qualitative Verbesserung für den betroffenen Leistungsberechtigten ergeben. Abzustellen ist dabei auf das objektive Interesse des Leistungsberechtigten an der auftragsweisen Aufgabendurchführung. Dieses darf bejaht werden, wenn sich im Regelfall eine schnellere Aufgabenerledigung daraus ergibt. Das hängt aber letztlich von den jeweiligen Aufgaben ab und deren Wahrnehmung vor Ort ab.
Rz. 55f
Die Voraussetzungen werden für die Teilaufgaben nach dem SGB II oder anderen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende relevanten Teilaufgaben nach anderen Gesetzen zum Teil kaum zu begründen sein. Risiken besteh...