0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende v. 3.8.2010 (BGBl. I S. 1112) mit Wirkung zum 1.1.2011 in das SGB II eingefügt worden. Durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch v. 24.3.2011 (BGBl. I S. 453) sind mit Wirkung zum 1.4.2011 die Abs. 3 und 5 neu gefasst sowie die Überschrift, die Abs. 1 bis 2, 4 und 6 bis 7 geändert worden. Dadurch wurde die Vorschrift zugleich geschlechtsneutral ausformuliert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift regelt Aufgaben und Befugnisse des Geschäftsführers der gemeinsamen Einrichtung nach § 44b, mithin dem von der Agentur für Arbeit und dem kommunalen Träger gebildeten Jobcenter (§ 6d). Der Geschäftsführer ist Behördenleiter und damit die oberste Führungskraft der gemeinsamen Einrichtung. Er wird von der Trägerversammlung hauptamtlich bestellt. Er leitet das Jobcenter und führt die laufenden Geschäfte im Rahmen der von der Trägerversammlung und den Trägern, teilweise durch das Gesetz, eingeräumten Kompetenzen. Er vertritt die gemeinsame Einrichtung rechtlich nach außen (Abs. 1). Damit ist klar geregelt, wie die gemeinsame Einrichtung nach außen in Erscheinung tritt, nämlich vornehmlich nicht über die sie bildenden Träger, sondern eigenständig, mit eigener Bezeichnung, auf eigenen Briefköpfen.
Rz. 3
Die Geschäfte führt der Geschäftsführer im Rahmen seiner Aufgaben eigenverantwortlich. Insbesondere ist seine Geschäftsführung nicht davon abhängig, ob er zuvor eine Weisung von den Trägern in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich erhalten hat. Im laufenden Geschäft sollen Weisungen der Träger auf Ausnahmefälle beschränkt sein. Im Aufgabenbereich der Trägerversammlung nach § 44c hat der Geschäftsführer die von ihr beschlossenen rechtmäßigen Maßnahmen auszuführen (Abs. 1 Satz 3). Auf diese Maßnahmen kann er allerdings zuvor Einfluss nehmen, weil er an den Sitzungen der Trägerversammlung beratend teilnimmt. In der Literatur wird zum Teil hervorgehoben, dass eine Weisungsbefugnis der Trägerversammlung gegenüber dem Geschäftsführer nur in Bezug auf die Ausführung der Beschlüsse der Trägerversammlung gegeben sein kann, der Geschäftsführer im Übrigen aber gerade im Feinbereich von Maßnahmen selbständig agiert. Ferner hat er die Weisungen der Träger umzusetzen, die diese nach § 44b Abs. 3 für ihren jeweiligen Aufgabenbereich an die gemeinsame Einrichtung und damit zunächst grundsätzlich an ihn richten können. Damit ist gewährleistet, dass der Geschäftsführer wie ein Auftragnehmer die Geschäfte so zu führen hat, wie es die Träger, deren Verantwortung unangetastet bleibt, von ihm verlangen.
Rz. 4
Die Amtsperiode des Geschäftsführers beträgt 5 Jahre (Abs. 2 Satz 1). Die Position des Geschäftsführers ist geschlechtsneutral auszuschreiben. Ein Ausnahmefall nach § 4 BLV, der eine öffentliche Ausschreibung erübrigen würde, liegt regelmäßig nicht vor. Die Bestellung des Geschäftsführers erfolgt durch die Trägerversammlung (§ 44c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1). Damit ist gewährleistet, dass die beiden an der gemeinsamen Einrichtung beteiligten Träger unter sich festlegen, wer Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung wird. Danach kann dann auch das Ausschreibungsverfahren ausgerichtet werden. Eine Einflussnahme externer Stellen ist nicht vorgesehen, Einflussnahme Aufsicht führender Stellen ist jedenfalls im Regelfall und erst recht nicht unmittelbar vorgesehen.
Rz. 5
Kann sich die Trägerversammlung nicht auf einen Geschäftsführer einigen, informiert der Vorsitzende der Trägerversammlung zunächst den Kooperationsausschuss (Abs. 2 Satz 3). Im Kooperationsausschuss sind die zuständige oberste Landesbehörde und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vertreten. Dieser verständigt sich nach Anhörung der Träger auf einen Vorschlag, den er der Trägerversammlung unterbreitet (Abs. 2 Satz 4). Damit sollen die Möglichkeiten ausgeschöpft werden, im Sinne einer kontinuierlichen Führung der gemeinsamen Einrichtung zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.
Rz. 6
Kann sich der Kooperationsausschuss nicht mehrheitlich für einen Vorschlag (Kandidaten) entscheiden, kann der Trägerversammlung kein Vorschlag unterbreitet werden. Folgt die Trägerversammlung einem Vorschlag des Kooperationsausschusses nicht und kann sie auch sonst keine Einigung über die Person des Geschäftsführers erzielen, sind die Möglichkeiten ausgereizt, einvernehmlich einen Geschäftsführer zu bestellen. Für diesen Fall sieht das Gesetz einen automatisierten Eskalationsmechanismus vor, der dazu führt, dass ein Geschäftsführer bestellt wird (gleich, ob mit oder ohne Vorschlag des Kooperationsausschusses).
Rz. 7
Ohne Einigung der Trägerversammlung erfolgt die Bestimmung des Geschäftsführers abwechselnd durch die Träger für die Dauer von jeweils zweieinhalb Jahren. Damit teilen sich die Träger die Bestimmung des Geschäftsführers, jeder Träger bestimmt den Geschäftsführer für die halbe Dauer einer vollen Amtsperio...