Rz. 2
§ 5 regelt das Verhältnis der Leistungen nach dem SGB II zu anderen Leistungen i. S. eines Nachrangverhältnisses von staatlichen Fürsorgeleistungen. Einerseits soll die Verwirklichung von Ansprüchen auf andere Leistungen gewährleistet, andererseits sollen Doppelleistungen vermieden werden. Die Vorschrift stellt die erforderlichen Rangfolgen auf. Die Änderungen der Vorschrift zum 1.1.2023 beziehen sich auf die Neuregelungen zur Einführung des Bürgergeldes.
Rz. 2a
Abs. 1 stellt klar, dass im SGB II aufgeführte Leistungen keine Rechtsfolgen bei anderen Leistungen Dritter, die gesetzlich geregelt sind, auslösen. Leistungen nach dem SGB II sind stets nachrangig. Der Gesetzgeber hebt Leistungen anderer Sozialleistungsträger besonders hervor, weil auf solche Leistungen eher ein gesetzlicher Anspruch bestehen kann als gegenüber anderen Leistungsträgern. Eine materiell-rechtliche Abstufung der Vorrangigkeit ist damit nicht verbunden. Auch Ermessensleistungen dürfen nicht unter Hinweis auf entsprechende Leistungen nach dem SGB II verweigert werden. Das bedeutet, dass die Möglichkeit der Inanspruchnahme entsprechender Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht das auslösende Kriterium für eine Ermessensentscheidung des anderen Trägers sein darf, die Leistung gegenüber dem Leistungsberechtigten nicht zu erbringen, also abzulehnen.
Rz. 2b
Abs. 2 regelt das Verhältnis von Leistungen nach dem SGB II als nachrangige Leistungen und solchen nach dem SGB XII, die ebenfalls nachrangige Leistungen sind. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach Abschnitt 2 des Dritten Kapitels des SGB II (§§ 19 bis 35) schließen Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (§§ 27 bis 40) aus. Damit wird deutlich, dass Leistungen zum Lebensunterhalt nur entweder nach dem SGB II oder dem SGB XII gewährt werden können, Aufstockungsleistungen zur Leistung des anderen Systems sollen demgegenüber ausgeschlossen sein. Die strikte Trennung ist seit der Einführung eines § 21 Abs. 6 durch das Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung der fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze v. 27.5.2010 (BGBl. I S. 671) auch für Leistungen vollzogen worden, die nur in besonderen Härtefällen gewährt wird. Insoweit kommen Leistungen nach dem Recht der Sozialhilfe nicht mehr in Betracht.
Abs. 2 Satz 2 bestimmt die Nachrangigkeit des Bürgergeldes nach § 19 Abs. 1 Satz 2 (bis 31.12.2022 des Sozialgeldes nach § 23) für die nicht erwerbsfähigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gegenüber den Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII – Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46 SGB XII). Dabei handelt es sich um Leistungen entsprechend denen zum Lebensunterhalt nach den §§ 28 bis 34 SGB XII (ohne Vorsorgebeiträge, vgl. § 42 SGB XII). Das BSG hat klargestellt, dass Anspruch auf Sozialgeld für nicht erwerbsfähige Personen bestehen kann, die mit Leistungsberechtigten nach dem SGB II in einer Bedarfsgemeinschaft leben, allerdings nur nachrangig, soweit sie keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII haben (BSG, Urteil v. 28.11.2018, B 4 AS 46/17 R).
Dieser Leistungsausschluss nach Abs. 2 betrifft nur die Leistungen zum Lebensunterhalt, also z. B. nicht die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Diese kann z. B. gegenüber der Lernförderung als Leistung für Bildung und Teilhabe vorrangig sein.
Rz. 2c
Abs. 3 räumt den Leistungsträgern nach dem SGB II die Befugnis ein, selbst Anträge auf Leistungen durch einen anderen Träger an den Leistungsberechtigten zu stellen, wenn ein solcher Antrag erforderlich ist und der Leistungsberechtigte den Antrag trotz Aufforderung nicht gestellt hat. Damit hat der Gesetzgeber das Instrumentarium im Rahmen des § 5 darauf beschränkt, dass die Antragsbefugnis auf das Jobcenter übergeht, wenn der Leistungsberechtigte den Antrag nicht stellt. Hingegen ist das Jobcenter bei diesem Vorgehen nicht ohne Weiteres dazu befugt, die (nachrangige) Leistung nach dem SGB II wegen fehlender Mitwirkung zu versagen. In den Fällen des § 44b stellen die gemeinsamen Einrichtungen einen solchen Antrag. Sie handeln kraft Gesetzes für die Träger (§ 44b Abs. 1 Satz 2). Damit sollen die Realisierung von Ansprüchen gegen andere Träger und der Nachrang der Leistungen nach dem SGB II sichergestellt werden. Diese Befugnis der Leistungsträger schließt ein, Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einzulegen, damit Ansprüche zulasten der Steuerzahler nicht dadurch verloren gehen, dass der Leistungsberechtigte sich angesichts der Zahlungen nach dem SGB II mit ablehnenden Bescheiden der für vorrangige Leistungen zuständigen Leistungsträger zufriedengibt. Nicht von ihm selbst verschuldete Fristversäumnisse muss der Leistungsträger mit Ausnahme von Verfahrensfristen nach Übernahme des Verfahrens dabei nicht gegen sich gelten lassen. Aus der Antragsbefugnis für den Leistungsträger ergibt sich auch, dass Abs. 3 keine Rechtsgrundlage dafür enth...