2.1 Datenübermittlung (Abs. 1)
Rz. 5
Die Norm bestimmt, welcher Sozialleistungsträger an welchen Adressaten zu welchem Zweck Sozialdaten übermitteln darf. Sozialleistungsträger und Adressaten der Vorschrift sind die zuständigen Träger von Leistungen nach dem SGB II und von ihnen beauftragte Dritte sowie die für die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und illegaler Beschäftigung zuständigen Stellen. Sie dürfen sich jeweils gegenseitig Daten übermitteln, womit zugleich auch die erlaubte Handlungsform bestimmt ist. Die in Abs. 1 genannten Stellen dürfen nicht nur die Daten übermitteln, sondern sind auch zur Weitergabe der Sozialdaten verpflichtet, soweit dies zur Aufgabenerfüllung notwendig ist (Wendtland, in: Gagel, SGB II, § 50 Rz. 12). Der Zweck der Datenübermittlung liegt in der Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB II.
2.1.1 Zuständige Träger der Leistungen nach dem SGB II
Rz. 6
Normadressaten des Sozialgeheimnisses nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I sind die Sozialleistungsträger. Die zuständigen Träger von Leistungen nach dem SGB II sind in § 6 im Einzelnen aufgezählt:
- die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur),
- zugelassene kommunale Träger (SG Fulda, Urteil v. 7.8.2006, 29 AS 95/06),
- die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a und § 22.
2.1.2 Gemeinsame Einrichtung
Rz. 7
Die zum 1.4.2011 erfolgte Ergänzung von Abs. 1 erweitert den Kreis der Normadressaten des Sozialgeheimnisses auf die gemeinsamen Einrichtungen. Die nach § 44b Abs. 1 zwingend zu bildenden gemeinsamen Einrichtungen sind daher in den Schutz des Sozialgeheimnisses einbezogen.
2.1.3 Beauftragte Dritte
Rz. 8
Mit der Erfüllung von Aufgaben nach dem SGB II kann eine Vielzahl von Dritten durch die Bundesagentur oder kommunale Träger beauftragt werden. § 6 Abs. 1 Satz 2 sieht das Recht der Beauftragung Dritter ausdrücklich vor (Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 50 Rz. 4). Abs. 1 ist die Erlaubnisnorm für die Übermittlung von Sozialdaten durch die Jobcenter an beauftragte Dritte (Krech, info also 2024, 3). Eine Legaldefinition des Dritten enthält die Norm nicht. Hierbei handelt es sich i. S. der DS-GVO jedoch um nicht-öffentliche Stellen. Hierunter fallen sowohl natürliche wie juristische Personen oder Personengesellschaften, und zwar unabhängig von ihrer Rechtsform, in ihrer Funktion als Maßnahmeträger (Krech, info also 2024, 3). Beauftragte Dritte können insbesondere Kirchen, Verbände der freien Wohlfahrtspflege und Träger von Beschäftigungsmaßnahmen sein (Merten, in: BeckOK, SGB II, § 50 Rz. 3; Harich, in: Luik/Harich, SGB II, § 50 Rz. 4). Die Beauftragung kann auf Grundlage des Vergaberechts oder des vergaberechtsfreien In-House-Geschäfts erfolgen. Die Bundesagentur hat dabei sicherzustellen, dass die beauftragten Dritten nur Zugriff auf die im jeweiligen Einzelfall erforderlichen Sozialdaten erhalten (vgl. BT-Drs. 15/1516, Begründung S. 64 Art. 1 zu § 50). Zum Schutz der Sozialdaten ist der Kreis Dritter weit gefasst. Dritter i. S. d. Sozialdatenschutzes ist jede Person oder Stelle außerhalb der verantwortlichen Stelle. Strittig ist, ob die beauftragten Dritten auch untereinander gegenseitig zur Datenübermittlung verpflichtet sind. Nach dem Wortlaut der Norm dürfte dies zu bejahen sein (ebenso: Harich, in: Luik/Harich, a. a. O., Rz. 5). Die Weiterleitung der Daten an nicht beauftragte Dritte, z. B. Haus- und Grundbesitzerverein, ist unzulässig (BSG, Urteil v. 25.1.2012, B 14 AS 65/11 R).
2.1.4 Leistungsmissbrauch/illegale Beschäftigung
Rz. 9
Nach der Gesetzesbegründung dient die zum 1.8.2006 eingefügte Ergänzung in Abs. 1 um die für die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und illegaler Beschäftigung zuständigen Stellen der Klarstellung. Insbesondere der Zollverwaltung sollen die zur Verhinderung des Leistungsmissbrauchs erforderlichen Daten übermittelt werden (BT-Drs. 16/1696, Begründung S. 28 Art. 1 zu § 50). Die Einbeziehung dieser Stellen ist konsequent, da nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X zur Erfüllung sozialer Aufgaben auch die Datenübermittlung von Sozialleistungsträgern an die zuständigen Stellen zum Zwecke der Verfolgung von Leistungsmissbrauch gehört (Bieresborn, in: Wulffen, SGB X, § 50 Rz. 13).
2.1.5 Freie Träger
Rz. 10
Der Sozialdatenschutz hat als spezialgesetzlich geregelter Datenschutz Vorrang vor dem Schutz der persönlichen Daten nach dem BDSG (§ 1 Abs. 4 BDSG; vgl. Winkler, in: Kruse/Reinhard/Winkler, SGB II, § 50 Rz. 3). Das BDSG kommt daher nur zur Anwendung, soweit der Sozialdatenschutz nicht eingreift, wie dies beispielsweise bei Trägern der freien Wohlfahrtspflege der Fall ist. Für freie Träger gelten daher grundsätzlich die Regelungen des BDSG.
Allerdings finden die Vorschriften des Sozialdatenschutzes auch auf freie Träger Anwendung, soweit
- ihnen Sozialdaten von Sozialleistungsträgern oder gemeinsame Einrichtungen übermittelt werden oder
- sie beauftragte Dritte sind (vgl. Komm. unter Rz. 8).
2.1.6 Sozialdaten
Rz. 11
Die Vorschrift regelt nur den Sozialdatenschutz, der Schutz anderer Daten, beispielsweise persönlicher Daten, bleibt dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) vorbehalten.
Der Begriff der Sozialdaten ist in § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB X gesetzlich definiert. Danach sind Sozialdaten die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhä...