Rz. 16
Die Neuvergabe der Kundennummer nach Satz 5 der Vorschrift trägt der Rechtsprechung des BVerfG Rechnung. Sind Sozialdaten wie die Kundennummer personenbezogen und in der Bevölkerung weit verbreitet, bergen sie die Gefahr, dass die Kundennummer auch außerhalb des Sozialleistungsbereiches verwendet wird. Eine solche weiter gehende Verwendung ist jedoch zu verhindern, weil die Kundennummer sonst die Gefahr begründet, praktisch zu einem allgemeinen Personenkennzeichen zu werden. Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung zum Volkszählungsgesetz festgestellt, dass ein solches allgemeines Personenkennzeichen mit dem GG nicht zu vereinbaren ist. Neben der engen Zweckbindung bei der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten ist die zeitliche Begrenzung der Geltung ein weiteres Mittel, dies zu verhindern.
Mit Satz 5 hat der Gesetzgeber eine Regelung zur Löschung von vergebenen Nummern und Neuvergabe bei erneuter Leistung nach längerer Zeit eingeführt, damit nicht auch noch nach vielen Jahren über die einmal vergebene Nummer der Leistungsbezug oder die Zugehörigkeit zu einer Leistungen beziehenden Bedarfsgemeinschaft zurückverfolgt werden kann (vgl. BT-Drs. 15/2997, Begründung S. 26 Art. 1 zu Nr. 25).
Rz. 16a
Wann eine Neuvergabe konkret zu erfolgen hat, ist bisher in der Literatur kaum erörtert. Das Gesetz verwendet unbestimmte Rechtsbegriffe "nach längerer Zeit" und "nach vielen Jahren". Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass eine Neuvergabe der Kundennummer bei nicht unmittelbar vorangehendem Leistungsbezug erforderlich ist bzw. dass vom Vorrang der Löschung zum Schutz vor Rückverfolgung auszugehen ist.
Ausgehend vom Zweck, ein Personenkennzeichen zu verhindern einerseits, und dem Gesetzeszweck, der Identifikation und Verwaltungsvereinfachung zu dienen andererseits, erscheint ein Zeitraum von 2 bis 3 Jahren angemessen (Wendtland, in: Gagel, SGB II, § 51a Rz. 20, soweit keinerlei Leistungsbeziehungen im weiteren Sinne mehr bestehen; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 51a Rz. 18, mehr als 2 Jahre; ähnlich Merten, in: BeckOK, SGB II, § 51a Rz. 4, der einen Richtwert von höchstens 2 Jahren mit dem Grundrecht der informellen Selbstbestimmung für vereinbar erachtet; a. A. Harich, in: Luik/Harich, SGB II, § 51a Rz. 4, wonach die Dauer des Zeitraums eine Frage der Auslegung im Einzelfall ist; Lenze, in: Münder/Geiger/Lenze, SGB II, § 51a Rz. 4, wonach eine Neuvergabe der Kundennummer nach Ablauf von 12 Monaten erforderlich ist, weil dieser Zeitraum dem maximalen Bewilligungszeitraum gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 entspricht). Zu beachten ist auch, dass für Leistungen nach dem SGB II die aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse bestimmend sind und ein Berufsschutz im SGB II nicht gewährleistet wird. Auch die Löschungsfristen nach dem Gesetz über das Zentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz – BZRG) v. 18.3.1971 (BGBl. I S. 243) i.d. Neuf. v. 21.9.1984 (BGBl. I S. 1229) geben einen Anhaltspunkt. Allein der Erhebungszweck zur Erstellung von Statistiken, Eingliederungsbilanzen und der Wirkungsforschung, soweit Langfristwirkungen betroffen sind, vermag eine längere Frist zu rechtfertigen.
Die Regelung und Ausgestaltung über die Löschungsfristen im Einzelnen bleibt nach der Ermächtigung in § 51b Abs. 4 der Bundesagentur für Arbeit im Benehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene vorbehalten. Benehmen i. S. v. § 51b Abs. 4 bedeutet, dass den Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wird (Merten, in: BeckOK, SGB II, § 51b Rz. 6). Die Regelung erfolgt im Wege der Verwaltungsvereinbarung. Eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung liegt bislang nicht vor.