2.1 Automatisierter Datenabgleich (Abs. 1)
Rz. 10
Abs. 1 betrifft den automatisierten Datenabgleich. Unter einer automatisierten Verarbeitung ist die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten zu verstehen, wenn sie unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen durchgeführt wird. Es handelt sich um regelmäßige (vierteljährliche) Überprüfungen i. S. v. Routineüberprüfungen (vgl. Wendtland, in: Gagel, SGB II, § 52 Rz. 22; Fachliche Weisungen der BA zu § 52, Stand: 1/2023, wonach die Grundsicherungsträger aber eigenverantwortlich entscheiden können, ob der Abgleich der Beschäftigtendaten monatlich erfolgen soll. Die Bundesagentur für Arbeit hat sich für einen monatlichen Abgleich entschieden). Die Überprüfung kann nach Abs. 1 Satz 3 auch monatlich erfolgen. Die Bundesagentur für Arbeit hat sich für diesen monatlichen Abgleich entschieden, weil die gemeinsamen Einrichtungen dadurch früher über die Aufnahme einer Beschäftigung informiert und damit Überzahlungen vermieden bzw. reduziert werden können (Fachliche Weisungen der BA zu § 52, Stand: 1/2023). Die Überprüfung nach § 2 Abs. 3 GrSiDAV beim Bundeszentralamt für Steuern erfolgt nur einmal jährlich und zwar im 4. Kalendervierteljahr. Dieser einmalige, im Verlauf des Kalenderjahres auf das gesamte vorangegangene Jahr bezogene rückwirkende Datenabgleich ist im Hinblick auf die Ziele des § 52 erforderlich, weil sich in zahlreichen Fallgestaltungen auch weiter zurückliegende Informationen zu Vermögen und Zinserträgen ergeben können (BSG, Urteil v. 24.4.2015, B 4 AS 39/14 R). Eines konkreten Anhaltspunktes für Leistungsmissbrauch bedarf es nicht (Merten, in: BeckOK-SGB II, § 52 Rz. 2 und 4). Allerdings ist ein Online-Zugriff nicht von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt (vgl. ebenso Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 52 Rz. 12). Von der gesetzlichen Ermächtigung ist das Sammeln von Daten auf Vorrat ebenso wenig gedeckt (Schoch, ZfSH/SGB 2005, 67).
Rz. 11
Der automatisierte Datenabgleich ist nicht die einzige Möglichkeit der Kontrolle des Leistungsmissbrauchs. Der Bundesagentur für Arbeit stehen neben dem automatisierten Datenabgleich 3 weitere Gruppen von Befugnissen wahlweise zu:
- Da § 52 die im Übrigen bestehenden, der Information dienenden anderen Vorschriften nicht ausschließt, bleibt es bei den Auskunftspflichten der Arbeitgeber nach § 57, der Einkommensbescheinigung nach § 58, der Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nach § 60 oder der Auskunftspflicht des Finanzamtes nach § 21 Abs. 4 SGB X.
- Neben dem automatisierten Datenabgleich besteht weiterhin die Möglichkeit der Einzelanfrage im Wege der Amtshilfe unter Beachtung der strengeren Anforderungen des § 69 SGB X (Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 52 Rz. 6.
- Abschließend kann die Agentur für Arbeit auch in ihrer Funktion als Träger der Grundsicherung auf die Befugnisse zur Missbrauchskontrolle nach dem SGB III über die Verweisung in § 64 Abs. 2 auf § 319 SGB III zurückgreifen.
Rz. 12
Wie der Vergleich mit § 118 SGB XII zeigt, steht der Bundesagentur für Arbeit die Möglichkeit der Überprüfung von Daten bei anderen Stellen der Verwaltung oder ihren wirtschaftlichen Unternehmen (z. B. Elektrizitäts-, Gas-, Strom-, Fernwärme-, Abfallentsorgungs- oder Wasserversorgungsunternehmen, Vermietern etc.) nicht zu. Eine entsprechende Befugnis fehlt in § 52.
2.2 Träger des automatisierten Datenabgleichs
Rz. 13
Der automatisierte Datenabgleich wurde in der Vergangenheit ausschließlich von der Bundesagentur für Arbeit durchgeführt. Durch die Änderung des Einleitungssatzes in Abs. 1 im Rahmen des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind ab dem 1.8.2006 neben der Bundesagentur für Arbeit nun auch die zugelassenen kommunalen Träger berechtigt, den automatisierten Datenabgleich durchzuführen (vgl. auch § 1a GrSiDAV). Kein weiterer anderer Träger der Leistungen nach dem SGB II wird dazu ermächtigt (ebenso: Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 52 Rz. 12). Die bei der Durchführung des Datenabgleichs einzuschaltende Datenstelle der Rentenversicherungsträger ist lediglich Verwaltungshelfer, nicht Träger (ebenso: Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 52 Rz. 12).
2.3 Prüfungskompetenz
Rz. 14
Ob und in welchem Umfang die Bundesagentur von der ihr eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, liegt nicht in ihrem Ermessen. Der stichtagsbezogene Datenabgleich ist nach dem Wortlaut von Abs. 1 ("überprüfen") zwingend vorzunehmen (Harich, in: Gagel, SGB II, § 52 Rz. 6).
2.4 Informationelles Selbstbestimmungsrecht
Rz. 15
Die Vorschrift wird wie schon die Vorbild- und Vorläuferregelung in § 117 BSHG (jetzt § 118 SGB XII) aus verfassungsrechtlichen Gründen stark kritisiert (unzulässig: Kunkel, NVwZ 1995, 21; Zeitler, NDV 1998, 105; zulässig: Schnipper, FPR 1998, 298; zulässig, wenn eng auszulegen: Schoch, RDV 1998, 195).
Rz. 16
Eine Vielzahl von Autoren hält die Vorschrift für zu allgemein gefasst, bereits der Gesetzeszweck – repressive Rechtsmissbrauchskontrolle – lasse sich der Norm nicht ohne weiteres entnehmen ( Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 52 Rz. 5). Der Abgleich des gesamten Datensatzes ohne konkretes Verdachtsmoment stelle einen weitreichenden Eingriff in das Gr...