Rz. 3
§ 6 Abs. 1 bestimmt die Bundesagentur für Arbeit und die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Leistungen nach dem SGB II. Zugleich werden die Aufgaben in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 auf die Bundesagentur für Arbeit und in Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf die kommunalen Träger verteilt. Im Wesentlichen sind die Agenturen für Arbeit für Arbeitsmarktdienstleistungen und Leistungen zum Lebensunterhalt zuständig, die Kommunen für Betreuungsdienstleistungen bei schwerwiegenden Störungen in der Person der Hilfebedürftigen, für Kosten der Unterkunft und Heizung (als Teil des Bürgergeldes und als Leistung an Auszubildende) sowie bestimmte Erstausstattungen im Rahmen des § 24 Abs. 3 und die Leistungen für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Durch die Länderöffnungsklausel in Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 können auch andere Träger als Kreise oder kreisfreie Städte durch Landesrecht bestimmt werden. Dafür könnten sogar nicht kommunale Stellen in Betracht gezogen werden. Die Regelungen in § 46 stehen dem nicht entgegen. Durch das Bürgergeld-Gesetz ist Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 nur redaktionell geändert worden, weil das Bürgergeld das Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld ab 1.1.2023 ersetzt hat. Allerdings sind die Leistungen nach § 27 Abs. 3 mit eingeschlossen worden und damit neu in das Gesetz aufgenommen worden; die Erbringung dieser Leistungen in kommunaler Trägerverantwortung entspricht allerdings der gängigen Praxis (vgl. BT-Drs. 20/4360).
Rz. 4
Von § 6 unberührt bleibt § 44b, der Kommunen und Bundesagentur für Arbeit zur Bildung von gemeinsamen Einrichtungen verpflichtet. Die gemeinsamen Einrichtungen haben die Aufgaben nach dem SGB II einheitlich wahrzunehmen. Außerdem können bis zu 25 % der Grundsicherungsstellen vor der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Summe der Arbeitsgemeinschaften/gemeinsamen Einrichtungen, zugelassenen kommunalen Träger) die Aufgaben anstelle der Bundesagentur und damit insgesamt allein durchführen (§ 6a). Die Trägermissstimmung konnte mit der Neuorganisation und der Bildung von gemeinsamen Einrichtungen und weiteren Gremien (örtlicher Beirat, Kooperationsausschuss, Bund-Länder-Ausschuss, vgl. §§ 18b, 18c, 18d) weitgehend beigelegt werden, Gegensätze sind aus der Natur der Sache heraus bestehen geblieben. Im Grundsatz problemlos stellte sich die Aufsicht über die 69 zugelassenen kommunalen Träger (oberste Landesbehörden) und bei getrennter Aufgabenwahrnehmung (oberste Landesbehörden bzw. BMAS, zwischenzeitlich nicht mehr zulässig) dar. Allerdings kann der Bund seine Interessen gegenüber den zugelassenen kommunalen Trägern nur eingeschränkt durchsetzen. Die geteilte Trägerschaft besteht aber auch fort, wenn gemeinsame Einrichtungen (§ 44b) gebildet worden sind. Über gemeinsame Einrichtungen führt das BMAS im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde die Aufsicht im Aufgabenbereich der Trägerversammlung. Bei fehlendem Einvernehmen gibt der Kooperationsausschuss (§ 18c) eine Empfehlung ab (vgl. § 47 Abs. 3). Der Trägerversammlung von gemeinsamen Einrichtungen werden Entscheidungsbefugnisse zugestanden, die auch gesetzlich geregelt wurden (vgl. § 44c). Darunter fällt insbesondere die Organisationsgewalt. Die Fachaufsicht hingegen üben die Aufsichtsorgane getrennt für ihren Aufgabenbereich aus. Zu Konflikten kommt es dadurch nicht nur zwischen den Ländern und dem Bund, sondern zum Verwaltungsvollzug auch mit den kommunalen Spitzenverbänden, obwohl diesen keine Trägerschaft zukommt. Kaum akzeptiert wird dabei, dass sich das BMAS der Bundesagentur für Arbeit bedient, der gegenüber das Ministerium weisungsbefugt ist. Vor Ort müssen die Konflikte in der Trägerversammlung der gemeinsamen Einrichtungen gelöst werden. In wichtigen Angelegenheiten kann ein Träger den anderen nicht überstimmen, auch wenn er den Vorsitzenden der Trägerversammlung stellt.
Rz. 4a
Die Überlegungen zur Umsetzung des SGB II gehen von den wesentlichen Zielen
- Hilfe zur Selbsthilfe,
- materielle Sicherung der Betroffenen zur Führung eines menschenwürdigen Lebens mit Anreizsystemen zur Erwerbstätigkeit und
- bürgerfreundliche Verwaltung
aus. Dazu hat der Gesetzgeber auch bei der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Kompetenzen der Bundesagentur für Arbeit, der Kreise und der kreisfreien Städte gebündelt, die Dienstleistungen aus einer Hand ermöglichen, und gesetzlich festgelegt, dass betroffene Bürger möglichst nur eine Anlaufstelle und einen Ansprechpartner haben. Die Leistungsträger (Agentur für Arbeit und kommunale Träger sowie zugelassene kommunale Träger) sind beauftragt, eine gemeinsame und optimal verzahnte Integrationspolitik umzusetzen und Integrationsfortschritte als sozialpolitischen Auftrag gerade im Hinblick auf die teilweise recht arbeitsmarktfernen Kunden zu begreifen und dabei regionale Besonderheiten zu berücksichtigen sowie lokale Akteure des Arbeitsmarkts, auch über den örtlichen Beirat, einz...