Rz. 8
Abs. 1 Satz 2 HS 2 formuliert die Einrichtung eines Außendienstes zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch als eigenständige Aufgabe der Leistungsträger. Die Vorschrift ist als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Dies bedeutet, dass die Agenturen für Arbeit bzw. die Kreise und kreisfreien Städte entweder als zugelassene kommunale Träger oder als Mitglied einer gemeinsamen Einrichtung im Regelfall einen Außendienst einrichten müssen. Nur in einem sog. atypischen Fall darf davon abgesehen werden. Dieser kann vorliegen, wenn es die Rahmenbedingungen und die organisatorischen Möglichkeiten unter Berücksichtigung aller örtlichen Umstände nicht sinnvoll erscheinen lassen, einen eigenen Außendienst einzurichten. In Abs. 1 Satz 2 ist der Außendienst lediglich in einer reinen Organisationsnorm aufgegriffen worden, die Übertragung spezieller Befugnisse ist damit nicht verbunden.
Rz. 8a
Die Einordnung der Vorschrift als HS 2 in Satz 2 legt nahe, dass der Gesetzgeber einen unmittelbaren Bezug zur Möglichkeit herstellen wollte, dass die Leistungsträger Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben zu ihrer Unterstützung beauftragen dürfen. Zusammen mit dem Wortlaut der Vorschrift wendet sich der Gesetzgeber mit der Einordnung der Vorschrift von einer Beauftragung Dritter mit dieser Aufgabe ab. Das hat politische Gründe. Unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten lässt sich ein Unterschied zwischen der Beauftragung Dritter im Rahmen von Eingliederungsbemühungen und einem Außendienst nicht feststellen. In beiden Fällen müssen dem Dritten Sozialdaten zur Verfügung gestellt werden, obliegt dem jeweiligen für die Aufgabe zuständigen Leistungsträger weiterhin die Verantwortung und Gewährleistung für eine korrekte Aufgabenerledigung (§ 44b Abs. 3 Satz 1; § 6 Abs. 1 Satz 1). Außendienste sind jedoch seit Einführung der Grundsicherung ein politisch umstrittenes und in der Öffentlichkeit heftig diskutiertes Instrument der Jobcenter, auch der zugelassenen kommunalen Träger, das hauptsächlich um den Begriff des Hausbesuchs geführt wird. Die datenschutzrechtliche Kontrollzuständigkeit über die gemeinsamen Einrichtungen obliegt dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (§ 24 BDSG, vgl. § 50 Abs. 4).
Rz. 8b
Es bedarf einer näheren Betrachtung der Aufgabenvielfalt eines Außendienstes, um das politische Kalkül des Gesetzgebers durchleuchten zu können. Der Begriff Außendienst suggeriert zunächst eine Tätigkeit außerhalb des Dienstgebäudes des Leistungsträgers. Es handelt sich um eine durchaus gängige Einrichtung bei Leistungsträgern auch außerhalb der Sozialversicherung oder Grundsicherung. Im Bereich der existenzsichernden Leistungen verfügten die Kreise und kreisfreien Städte schon in der Vergangenheit über Außendienste, die insbesondere für die Sozialhilfe tätig wurden. Auch die früheren Arbeitsämter bzw. Agenturen für Arbeit hatten Außendienste eingerichtet, um vor allem Sachverhaltsfeststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung zu treffen oder Hinweisen auf Leistungsmissbrauch nachzugehen. Letztlich ist der Außendienst eine Einrichtung für spezielle Amtsermittlungen nach den dafür geltenden allgemeinen Grundsätzen. Unter organisatorischen Gesichtspunkten bietet es sich an, den Außendienst mit der Stelle zu koppeln, die für die Einleitung und Durchführung von Ordnungswidrigkeitsverfahren zuständig sein soll, weil damit effektivere Prozesse effizient umgesetzt werden können. Diese Stellen sind regelmäßig auch verantwortlich für die Einleitung von Strafverfahren, indem sie bei entsprechendem Verdacht die zuständige Staatsanwaltschaft einschalten. Die als Außendienst- oder Owi-Sachbearbeiter tätigen Beschäftigten zeichnet aus, dass sie stets auch ein Augenmerk auf Straftatbestände richten und ein Gespür für rechtswidrige Sachverhalte auch im Sinne detektivischer oder polizeilicher Aufklärungsarbeit entwickeln. Unter den jeweiligen Rahmenbedingungen stellt der Außendienst dann mehr einen Ermittlungsdienst dar. Aus der wörtlichen Gesetzesbegründung lassen sich solche Intentionen kaum ableiten. Allerdings wird deutlich, dass der Außendienst zur Bekämpfung von Missbrauch eingerichtet werden soll und dessen Aktivitäten auch auf die Vergangenheit ausgerichtet werden sollen. Die Formulierung der Vorschrift als "Soll-Regelung" stellt sicher, dass sich kein Träger auf seine Organisationshoheit berufen kann, die verletzt sein könnte. Die Verbindung mit dem Personal für die Erledigung von Aufgaben nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz löst das gerade in kleineren gemeinsamen Einrichtungen nur stellenplanmäßig vorgesehene Mitarbeiterpotenzial von weniger als einer Vollzeitarbeitskaft (Vollzeitäquivalent).
Rz. 8c
Die Einrichtung eines Außendienstes kann organisatorisch unterschiedlich bewältigt werden. Im Vordergrund steht der eigene Außendienst der gemeinsamen Einrichtung aufgrund einer entsprechenden Organisationsentscheidung der Trägerversammlung nach § 44c Abs. 2 oder des zugelassenen kommunalen Trägers. In ge...