Rz. 13
§ 60 Abs. 1 bestimmt, dass derjenige, der Leistungen nach dem SGB II beantragt hat, seinerseits Leistungen erbringt, die geeignet sind, die Leistungen nach dem SGB II auszuschließen oder zu mindern, der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber Auskunft zu erteilen hat. Abs. 1 steht im Zusammenhang mit der Bedürftigkeitsprüfung (vgl. BT-Drs. 15/1516, Begründung S. 66 Art. 1 zu § 60). Auskunftsberechtigte Behörde ist nicht nur die Agentur für Arbeit, sondern der jeweils zuständige Grundsicherungsträger (Mushoff, in: BeckOK, SGB II, § 60 Rz. 7; Hlava, in: Gagel, SGB II, § 60 Rz. 17; Blüggel, in: Luik/Harich, SGB II, § 60 Rz. 9). Auskunftspflichtig sind diejenigen, die einem Antragsteller oder Bezieher von Leistungen nach dem SGB II bedürftigkeitsrelevante Leistungen erbringen. Die Rechtsgrundlage für die Erbringung der bedürftigkeitsrelevanten Leistungen ist unerheblich (Heitmann, in: Münder/Geiger/Lenze, SGB II, § 60 Rz. 23). Über den Begriff der Leistungsbezieher werden auch die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einbezogen. Der Auskunftspflicht unterliegen Einnahmen jeglicher Art, die nicht bei der Einkommensberücksichtigung privilegiert sind (Blüggel, in: Luik/Harich, SGB II, § 60 Rz. 10). Die Vorschrift erfasst auch Unterhaltsleistungen jeglicher Art, die der Leistungsberechtigte tatsächlich erhält.
2.2.1 Antragsteller oder Bezieher von Leistungen nach dem SGB II
Rz. 14
In persönlicher Hinsicht ist die Auskunftspflicht Dritter umfassend geregelt. Sie knüpft allein an die Leistungserbringung an eine Person an, die Leistungen nach dem SGB II beantragt hat oder bezieht. Für die Auskunftspflicht ist es unerheblich, ob der SGB II-Antragsteller/Leistungsbezieher Geld- oder Sachleistungen oder Dienstleistungen bezieht oder beantragt hat (Mushoff, in: BeckOK, SGB II, § 60 Rz. 11; Hlava, in: Gagel, SGB II, § 60 Rz. 22). Unerheblich ist ebenso, ob es sich um laufende oder einmalige Leistungen handelt (Mushoff, in: BeckOK, SGB II, § 60 Rz. 11 m. w. N.; Hlava, in: Gagel, SGB II, § 60 Rz. 22)
Rz. 15
Wie bei der allgemeinen Meldepflicht beginnt die Auskunftspflicht mit der Antragstellung und endet erst, wenn der Antrag zurückgenommen wird oder über die Verweigerung der Leistung bestandskräftig entschieden ist (LSG Sachsen, Urteil v. 16.7.2014, L 8 AS 1148/12; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.9.2011, L 13 AS 4950/10; Hlava, in: Gagel, SGB II, § 60 Rz. 23). Die Auskunftspflicht endet auch in den Fällen, in denen der Antragsteller seinen Antrag auf SGB II-Leistungen zurücknimmt (Hlava, in: Gagel, SGB II, § 60 Rz. 23; Blüggel, in: Luik/Harich, SGB II, § 60 Rz. 12). Wird die begehrte Leistung bewilligt, bleibt die Auskunftspflicht während des gesamten Leistungsbezuges bestehen. Sie bleibt während des gesamten Verwaltungsverfahrens über das Bestehen des Anspruchs erhalten, ebenso während des Laufs eines gerichtlichen Verfahrens über den beantragten Anspruch. Die Auskunftspflicht ist unabhängig davon, ob der Anspruch ruht (vgl. BSG, Urteil v. 8.12.1994, 2 RU 4/94) oder ob er weggefallen war und wieder auflebt (vgl. BSG, Urteil v. 17.3.1981, 7 RAr 20/80; BSG, Urteil v. 25.4.1996, 11 RAr 81/95). Die Auskunftspflicht entsteht kraft Gesetzes, sobald ein Antrag auf eine Leistung nach dem SGB II gestellt wird. Ein Recht, den Erfolg des Antrages oder dessen Rechtmäßigkeit zu prüfen, kommt dem zur Auskunft verpflichteten Dritten nicht zu. Er kann die Auskunft auch nicht mit der Begründung ablehnen, es sei offensichtlich, dass aufgrund der erbrachten Leistung der Anspruch des Antragstellers ruht. Die Leistung nach dem SGB II muss angesichts des klaren, alternativ ausgestalteten Wortlauts der Vorschrift nicht bezogen werden.Die Auskunftspflicht besteht hinsichtlich aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft.
2.2.2 Leistungserbringung
Rz. 16
Auskunftspflichtig ist nur, wer Leistungen erbringt. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Erbringung der Leistung. Leistungen i. S. d. § 60 sind alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert (Sachbezüge), die dem Antragsteller oder Leistungsbezieher oder einem leistungbeziehenden Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zufließen. Die Leistung muss geeignet sein, die Sozialleistung nach dem SGB II auszuschließen oder zu mindern. Ein Einfluss auf den Grund oder die Höhe der Leistung ist ausreichend.
Rz. 17
Der Wortlaut des Abs. 1 ist weit gefasst, er umfasst grundsätzlich jede Leistungserbringung. Da jedoch in Abs. 3 eine speziellere Auskunftspflicht für Beschäftigungsverhältnisse normiert ist, ergibt sich – parallel zu dem Verhältnis von § 315 Abs. 1 zu § 315 Abs. 3 SGB III –, dass von der Auskunftspflicht des Abs. 1 nur Auftraggeber, Werkunternehmer oder Dienstberechtigte erfasst werden, für die der Antragsteller oder Leistungsbezieher eine selbstständige Tätigkeit erbringt. Hierzu gehören auch die sog. arbeitnehmerähnlichen Personen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, wie z. B. Heimarbeiter.