Rz. 18
Nach Abs. 2 Satz 1 hat derjenige, der jemandem, der eine Leistung nach dem SGB II beantragt oder bezieht, zu Leistungen verpflichtet ist, die geeignet sind, Leistungen nach dem SGB II auszuschließen oder zu mindern, oder wer für ihn Guthaben oder Vermögensgegenstände verwahrt, der Agentur für Arbeit hierüber Auskunft zu geben. Abs. 2 setzt wie auch Abs. 1 voraus, dass eine Person Leistungen nach dem SGB II beantragt hat oder bezieht. Es gelten daher die oben dargestellten Grundsätze. Er enthält 2 Auskunftspflichten: Zum einen die Auskunftspflicht über die Leistungsverpflichtung als solche und zum anderen die Auskunftspflicht des verpflichteten Dritten über eigenes Einkommen und Vermögen.
Rz. 19
Im Unterschied zu Abs. 1, der die Leistungserbringung regelt, erfasst Abs. 2 Personen, die zur Leistung verpflichtet sind. Die speziellere Vorschrift des Abs. 3 hat für Beschäftigungsverhältnisse auch gegenüber Abs. 2 Vorrang, weshalb in Abs. 2 die Auftraggeber, Werkunternehmer oder Dienstberechtigten erfasst werden, für die der Antragsteller oder Leistungsbezieher eine selbstständige Tätigkeit erbringt. Darüber hinaus sind alle sonstigen Leistungen, wie private Rentenverpflichtungen, von § 60 Abs. 2 erfasst.
Rz. 20
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist die Auskunft nur der Agentur für Arbeit zu geben. Einigkeit besteht aber, dass trotz des Wortlauts auch eine gemeinsame Einrichtung berechtigt ist, die Auskunft zu verlangen (LSG Sachsen, Urteil v. 16.7.2014, L 8 AS 1148/12; LSG Sachsen, Urteil v. 13.2.2014, L 7 AS 34/10; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.9.2011, L 13 AS 4950/10). Der Auskunftsanspruch nach Abs. 2 Satz 1 gegenüber Dritten besteht für alle zuständigen Grundsicherungsträger. Bei identischer Aufgabenerfüllung der Träger ist die Mitwirkungspflicht Dritter je nach Trägerschaft nicht unterschiedlich gestaltet (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 6.10.2016, L 6 AS 328/16).
Rz. 21
Das Auskunftsverlangen kann mittels Verwaltungsakt geltend gemacht werden (BSG, Urteil v. 24.2.2011, B 14 AS 87/09 R; LSG Sachsen, Urteil v. 13.2.2014, L 7 AS 34/10; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.9.2011, L 13 AS 4950/10; OLG Hamm, Beschluss v. 12.4.2012, III-3 RBs 426/11; Mushoff, in: BeckOK, SGB II, § 60 Rz. 9; Heitmann, in: Münder/Geiger/Lenze, SGB II, § 60 Rz. 8). Das Auskunftsverlangen ist an keine bestimmte Form gebunden. Es kann schriftlich, mündlich oder auch fernmündlich übermittelt werden (Mushoff, in: BeckOK, SGB II, § 60 Rz. 9). Das Auskunftsverlangen muss hinreichend bestimmt i. S. v. § 33 Abs. 1 SGB X sein. Dabei ist es aber unerheblich, wenn der Fragebogen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnisse einen Frageteil an einen etwaigen Ehegatten oder Partner des Auskunftspflichtigen enthält, der aber zur Auskunft nicht verpflichtet ist. Ein solcher Fehler in der Umsetzung des Auskunftsverlangens hat keine Auswirkungen auf die Beurteilung der im Bescheid getroffenen Regelungen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 6.10.2016, L 6 AS 328/16).
Rz. 22
Nach der Rechtsprechung des BSG ist für das Auskunftsverlangen selbst nicht allein auf § 60 Abs. 2 abzustellen. Vielmehr kann dies erst in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB X geltend gemacht werden (BSG, Urteil v. 23.6.2016, B 14 AS 4/15 R). Es handelt sich insgesamt um eine Ermessensentscheidung der Behörde (LSG Sachsen, Urteil v. 22.3.2018, L 3 AS 719/16; LSG Sachsen, Urteil v. 12.7.2018, L 3 AS 1166/15). Denn – so die Begründung – § 60 Abs. 2 regelt lediglich die Auskunftspflicht der von der Behörde in Anspruch genommenen Person und ermöglicht den Eingriff in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Berechtigung zur Einholung von Auskünften folgt für die Behörde dagegen aus § 60 Abs. 2 i. V. m. § 21 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB X (LSG Sachsen, Urteil v. 12.7.2018, L 3 AS 1166/15).
Rz. 23
Voraussetzung für den Auskunftsanspruch ist, dass die ersuchten Auskünfte erforderlich für eine Entscheidung des Grundsicherungsträgers sind. Dabei ist eine Güterabwägung zwischen dem Auskunftsinteresse des Leistungsträgers einerseits und den schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen des Auskunftsverpflichteten andererseits vorzunehmen. Der Auskunftsanspruch besteht nicht, wenn der Leistungsträger über die gewünschten Informationen bereits verfügt oder sie auch auf andere Weise beschaffen kann. Ebenso kann der Leistungsträger keine Auskunft verlangen, wenn feststeht, dass die Auskunft den Leistungsanspruch nicht beeinflussen kann, weil er aus anderen, insbesondere rechtlichen Gründen nicht besteht. Schließlich ist das Auskunftsverlangen dann rechtswidrig, wenn feststeht, dass der behauptete Unterhaltsanspruch aus anderen Gründen als der mangelnden Leistungsfähigkeit des auf Auskunft in Anspruch Genommenen unabhängig von dessen Einkommen oder Vermögen nicht gegeben ist (LSG Sachsen, Urteil v. 13.2.2014, L 7 AS 34/10; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 29.1.2007, L 1 AS 12/06).
Rz. 24
Abs. 2 Satz 1 erfasst unterschiedslos alle, die aufgrund familienrechtli...