Rz. 5

Ordnungswidrig handelt, wer gegen die abschließend aufgezählten Tatbestände des § 63 Abs. 1 Ziff. 1 bis 7 verstößt. Auch im Ordnungswidrigkeitenrecht ist der Grundsatz des Analogieverbots und der Bestimmtheitsgrundsatz nach Art. 103 Abs. 2 GG bei der Auslegung der Tatbestände zu beachten (BVerfG, Beschluss v. 29.11.1989, 2 BvR 1491/87 und 2 BvR 1492/87, BVerfGE 81 S. 132, 135; BVerfG, Beschluss v. 1.12.1992, 1 BvR 88/91 und 1 BvR 576/91, BVerfGE 87 S. 399, 411). Das inkriminierte Verhalten erschöpft sich in allen Tatbeständen in schlichten Tätigkeiten bzw. deren nicht oder nicht ordnungsgemäßer Vornahme. Ein Erfolg, Schaden oder Nachteil ist nicht Tatbestandsvoraussetzung.

2.2.1 § 63 Abs. 1 Nr. 1

 

Rz. 6

Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 57 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt. Im Gegensatz zu § 62 Nr. 2, der nur an die nicht, nicht richtige oder nicht vollständige Erteilung der Auskunft eine Schadenersatzpflicht knüpft, wird auch die nicht rechtzeitig erteilte Auskunft als ordnungswidriges Verhalten mit Geldbuße bestraft. Nach § 57 Satz 1 haben Arbeitgeber dem Jobcenter auf dessen Verlangen Auskunft über solche Tatsachen zu geben, die für die Entscheidung über einen Anspruch nach dem SGB II erheblich sein können. Nach § 57 Satz 2 erstreckt sich diese Auskunftspflicht des Arbeitgebers auch auf Angaben über das Ende und den Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nicht eindeutig im Gesetz geregelt ist, wann die Auskunftserteilung "nicht rechtzeitig" ist, weil § 57 insoweit keine Zeitvorgaben enthält. Die Zeitvorgabe kann sich insofern nur aus der Aufforderung der Arbeitsagenturen ergeben. Eine Auskunft ist z. B. dann "nicht rechtzeitig", wenn sie nicht in der von der Arbeitsagentur gesetzten Frist erteilt wird, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. Eine Auskunft ist nicht erteilt, wenn sie beim Jobcenter bis zum Erlasspunkt des Bußgeldbescheides nicht eingegangen ist.

Stets wird die Verpflichtung des Arbeitgebers nur auf Verlangen der Agentur für Arbeit oder eines anderen Trägers der Grundsicherung ausgelöst.

Täter ist der Arbeitgeber, der auf Verlangen der Agentur für Arbeit eine Auskunft über leistungserhebliche Tatsachen nicht erteilt. Normadressat ist aber auch nach § 9 OWiG ein Vertreter oder Beauftragter des Arbeitgebers.

Tathandlungen können das Nicht-, nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Erteilen der Auskunft sein. Entscheidend ist allein, dass der Arbeitgeber keine Auskunft über Tatsachen gegeben hat. Er ist nicht verpflichtet, eine rechtliche Würdigung vorzunehmen (Fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit, Stand 1.8.2016). Soweit also dem Verpflichteten in unzulässiger Weise die Abgabe einer rechtlichen Wertung abverlangt wird und er diese Aufforderung nicht nachkommt, liegt keine Ordnungswidrigkeit nach Nr. 1 vor. Wird die Auskunft erteilt, nicht aber unter Benutzung des von der Bundesagentur für Arbeit geforderten Vordrucks, stellt dies allein noch keine "nicht richtige Erteilung" der Auskunft dar.

Darüber hinaus ist nach dem Einheitstäterprinzip (vgl. oben) jeder Täter, der an dem vorsätzlichen Verstoß vorsätzlich fördernd mitwirkt. Die besondere Täterqualifikation als Arbeitgeber ist in der Person des die Tat eines anderen vorsätzlich Fördernden nicht erforderlich (vgl. auch Rixen, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 63 Rn. 6).

2.2.2 § 63 Abs. 1 Nr. 2

 

Rz. 7

Ordnungswidrig handelt, wer entgegen der nach § 58 Abs. 1 Satz 1 oder 3 bestehenden Pflicht zur Erteilung einer Einkommensbescheinigung mit dem dort festgelegten Inhalt

  • die Art der Erwerbstätigkeit oder
  • die Dauer der Erwerbstätigkeit oder
  • die Höhe des Arbeitsentgelts oder
  • die Höhe der Vergütung

nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig bescheinigt oder eine Bescheinigung nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt.

Der Ordnungswidrigkeitstatbestand setzt voraus, dass eine Verpflichtung nach § 58 Abs. 1 besteht, mithin alle Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Erteilung der Einkommensbescheinigung vorliegen (vgl. dazu Komm. zu § 58). Da § 58 Abs. 1 Satz 1 den Inhalt der Einkommensbescheinigung auf Art und Dauer der Erwerbstätigkeit und die Höhe des Entgelts oder der Vergütung erstreckt, wird der Verstoß gegen jedes einzelne Merkmal als Ordnungswidrigkeit geahndet. Täter ist primär der Arbeitgeber, der Werkunternehmer oder der Besteller. Darüber hinaus ist nach dem Einheitstäterprinzip (vgl. oben) jeder Täter, der an dem vorsätzlichen Verstoß vorsätzlich fördernd mitwirkt. Die besondere Täterqualifikation als Arbeitgeber, Werkunternehmer oder Besteller ist in der Person des die Tat eines anderen vorsätzlich Fördernden nicht erforderlich.

Die Bescheinigung ist demjenigen, der die Leistung beantragt oder bezieht, unverzüglich auszuhändigen. Eine Aushändigung an eine andere als diese Personerfüllt den Tatbestand nach Abs. 1 Nr. 2. Die Bescheinigung ist dann unrichtig, wenn auf eindeutige Fragen im Vordruck falsche Antworten gegeben werden. Die Bescheinigung ist dann z. B. nicht rech...

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