Rz. 22
Die Vorschrift korrespondiert mit § 64. Dort sind als Mittel der Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs die Prüfung, das Betretens- und Prüfungsrecht sowie die Duldungs- und Mitwirkungspflichten geregelt. Die Behörden der Zollverwaltung unterrichten nach § 6 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) v. 23.7.2004 (BGBl. I S. 1842) die Bundesagentur für Arbeit über Anhaltspunkte für Verstöße gegen die Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I.
Rz. 23
Die Nr. 7 sichert die allgemeine Mitwirkungspflicht des Antragstellers oder Beziehers von Sozialleistungen nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I. Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I eine Änderung in den Verhältnissen, die für einen Anspruch auf eine laufende Leistung erheblich ist,
- nicht oder
- nicht richtig oder
- nicht vollständig oder
- nicht rechtzeitig
dem Träger der Grundsicherung mitteilt.
Rz. 24
Die Änderungen müssen sich auf eine laufende Leistung beziehen. Laufende Leistungen sind Geldleistungen, die regelmäßig wiederkehrend für bestimmte Zeitabschnitte gezahlt werden. Nachzahlungen bzw. zusammengefasste Zahlungen für mehrere Zeitabschnitte fallen ebenfalls darunter. Die Mitteilungspflicht besteht für Änderungen, die sich ab Antragstellung ergeben. Sie besteht fort, auch wenn der Anspruch ruht (z. B. bei einer Sperrzeit) oder bereits erfüllt ist (z. B. bei rückwirkender Rentenzuerkennung, die sich auf den bereits erfüllten Anspruch auswirken kann). Unrichtige Angaben bei der Antragstellung unterfallen dagegen nicht § 63 Abs. 1 Nr. 7.
Rz. 25
In der Rechtsprechung der mit dem Ordnungswidrigkeitenrecht befassten Gerichte ist die Frage streitig, wann die Verpflichtung zur Mitwirkung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I erfüllt ist.
Nach der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe und OLG Köln (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 28.11.2003, 3 Ss 215/03; OLG Köln, Beschluss v. 7.2.1984, 1 Ss 876/83 [418]: keine Hinweispflicht auf zu Unrecht erbrachte Arbeitslosengeldleistung) hat der Leistungsbezieher seine Mitteilungspflicht nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I erfüllt, wenn die Veränderungsanzeige die bearbeitende Stelle des Leistungsträgers erreicht. Ist dies der Fall, muss die Mitteilung auch dann nicht wiederholt werden, wenn erkennbar wird, dass der Leistungsträger aus der mitgeteilten Veränderung nicht die gebotenen Konsequenzen zieht.
Rz. 26
Demgegenüber muss die Mitteilung über veränderte Verhältnisse des Leistungsempfängers gegenüber dem damaligen Arbeitsamt nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I nach der Rechtsprechung des OLG Stuttgart (Beschluss v. 27.3.1992, 1 Ss 61/92) wiederholt werden, wenn weiterhin Zahlungen erfolgen und der Mitteilungspflichtige dies erkannt hat. Das OLG Stuttgart führt aus, die Mitteilungspflicht des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I ist Teil einer effektiven Mitwirkungspflicht des Leistungsempfängers, auf die das damalige Arbeitsamt im Rahmen seiner umfassenden Aufklärungspflicht angewiesen ist. Allerdings ist es nicht Aufgabe des Leistungsempfängers, dem die innerbetriebliche Organisation der Behörde nicht zugänglich ist, den jeweils "zuständigen Bediensteten" ausfindig zu machen und dafür "Sorge zu tragen", dass diesen die Mitteilung tatsächlich erreicht. Adressat der Mitteilung ist das Arbeitsamt bzw. jetzt die Agentur für Arbeit. Der Mitteilungszweck besteht darin, bei der Behörde irrige Vorstellungen der Personen zu beseitigen, die zugunsten des Leistungsempfängers eine Verfügung i. S. v. § 263 Abs. 1 StGB treffen – um wen auch immer es sich dabei im Einzelnen handelt. Dieser Zweck ist nicht erreicht, wenn weiterhin Zahlungen durch die Behörde erfolgen. Deshalb muss die Mitteilung an die Behörde wiederholt werden. Wo diese Verpflichtung verständigerweise ihre Grenze hat, ist eine Frage der Zumutbarkeit nach den Umständen des Einzelfalls.
Rz. 27
Das OLG Düsseldorf (Beschluss v. 17.12.1980, 2 Ss 746/80) formuliert ähnlich unter dem Aspekt des Betrugs nach § 263 StGB. Eine weitergehende Verpflichtung besteht jedoch dann, wenn aufgrund der besonderen Beziehung zwischen den Beteiligten eine Aufklärungspflicht des Leistungsempfängers besteht und dieser die Aufklärung des Irrtums pflichtwidrig unterlässt. Während die besondere Beziehung im Leistungsbezug liegt, ist die Aufklärungspflicht in § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I zu sehen. Soweit nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 3.12.1980, 1 RJ 113/79) für den Leistungsberechtigten keine Rechtspflicht besteht, den Versicherungsträger auf ein möglicherweise fehlerhaftes Verwaltungshandeln aufmerksam zu machen, und des Weiteren eine Rückforderungsmöglichkeit mit der Erwägung verneint wurde, dass dem groben Verschulden des Versicherungsträgers allenfalls ein leichtes Verschulden des Versicherten (leichte Fahrlässigkeit) gegenübersteht, sind dies verwaltungsrechtliche Kategorien, die strafrechtlich nicht übertragbar sind. Anhand des strafrechtlichen Maßstabs betrachtet, liegt in einem bedingt vorsätzlichen Handeln – der Mitteilung der Aufnahme einer Tä...