Rz. 3

Das Elfte Kapitel enthält Regelungen zum Übergang von Eingliederungsleistungen und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus dem SGB III und dem BSHG zu den Leistungen nach dem SGB II. Außerdem werden in diesem Kapitel die jeweiligen zu einem Änderungsgesetz über das SGB II getroffenen Übergangsregelungen angefügt. Das Kapitel wurde durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht mit Wirkung zum 1.8.2016 und dem Zwölften Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes v. 16.12.2022 (BGBl. I S. 2328) mit Wirkung zum 1.1.2023 entrümpelt.

 

Rz. 3a

Die Übergangsvorschriften zur Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind weitgehend überholt und deshalb fast vollständig aufgehoben worden. Übergangsregelungen im Zusammenhang mit der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 2011 enthält noch § 76 Abs. 1. Zur insbesondere leistungsrechtlichen Gesetzgebung ab 1.1.2011 ist nur noch § 79 als Übergangsvorschrift zu beachten.

 

Rz. 3b

Eine fehlende Übergangsregelung stellt die Verwaltung in einer Vielzahl von Fällen vor die Frage, ab wann Neuregelungen umzusetzen sind. Bei laufenden Leistungsfällen handelt es sich stets um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, auf die bei wesentlicher Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X anzuwenden ist. Diese Leistungsfälle sind also mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Soweit Begünstigungen durch eine Rechtsänderung erfolgt sind, sollen die bewilligenden Verwaltungsakte mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).

 

Rz. 3c

Fehlende Übergangsregelungen haben zur Folge, dass § 48 Abs. 1 SGB X die Bewilligung für einen Bewilligungsabschnitt nach § 41 Abs. 3 verdrängt. Überholtes Recht kann daher nicht bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts weiter angewendet werden; mangels Übergangsregelung werden die bewilligenden Verwaltungsakte ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der ändernden Regelung rechtswidrig.

 

Rz. 3d

Für die Zeit ab 1.1.2011 haben die Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X aufgrund der Sonderregelung des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 nur noch sehr begrenzte Rückwirkung (1 Jahr + x Monate) und damit massiv in die Wirkungen des bislang bewährten Rechts eingegriffen wird. Ursache dafür sind Fehlentwicklungen und missbräuchliche Inanspruchnahmen i. S. v. Profit und Ausnutzung des Sozialstaats. Jedenfalls ist ordnungsgemäßes Übergangsrecht auch an dieser Stelle Garant dafür, dass die nach dem SGB X relevante Frist jedenfalls für erfolgreiche Überprüfungsanträge gilt, die vor dem 1.4.2011 gestellt worden sind. Seit dem 1.8.2016 gelten auch Einschränkungen in Bezug auf die Rücknahme von Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden. Nach Ablauf von 4 Kalenderjahren seit deren Bekanntgabe ist das ausgeschlossen, es sei denn, ein entsprechender Antrag ist zuvor bereits gestellt worden (§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1).

 

Rz. 3e

Fehlt es an einer Übergangsregelung, stehen die Jobcenter aufgrund der Massenverwaltung vor dem Problem, die von der Rechtsänderung betroffenen Fälle mit Unterstützung der Informationstechnik aufzufinden, damit die notwendigen Änderungen vorgenommen werden können. Das ist auch bei ausgeprägter Unterstützung durch die Informationstechnik oft nicht der Fall, weil es in Unkenntnis der zukünftigen Neuregelung an der Erfassung der dafür relevanten Daten mangelt. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet die Bundesagentur für Arbeit und die kommunalen Träger, die in Betracht kommenden Fälle durch die Jobcenter zu identifizieren. Ist dies durch Suchläufe der Informationstechnik nicht möglich, darf die Verwaltung jedoch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung darüber anstellen, inwieweit der Aufwand für die Sichtung aller Leistungsakten des Systems so hoch ist, dass er im Verhältnis zu den Auswirkungen der Rechtsänderungen auch unter dem Gesichtspunkt der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung als unwirtschaftlich anzusehen ist, sodass die Grenze des Wirtschaftlichkeitsgebotes nach überschritten würde (vgl. auch § 3 Abs. 3). Das trifft auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende wohl stets zu. Hierbei ist bemerkenswert, dass auf Erstattungen von Bildungs- und Teilhabeleistungen verzichtet wird, sofern ausschließlich diese von einer Erstattung betroffen wären. Das erschließt sich nicht, weil im Regelfall die Führung eines Forderungskontos teurer ist als die Berechnung und Einforderung des Rückzahlbetrags. Ebenso werden Rückforderungen dem Bürger häufig nicht plausibel zu machen sein, bei ausgegebenen Gutscheinen etwa gilt die Leistung damit als erbracht und ist in Geld zu erstatten, wenn der Gutschein nicht zurückgegeben werden kann, egal, ob die Leistung für den Gutschein erbracht worden ist oder nicht und in welcher Qualität.

 

Rz. 3f

Eine generelle Übergangsregelung enthält § 66 für Eingliederungs...

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