2.3.1 Einbezogene Fälle

 

Rz. 15

Ein Anspruch nach Abs. 1 bezieht sich ausschließlich auf Personen, die entweder vom Träger der Sozialhilfe oder der Agentur für Arbeit in der Zeit vor 2005 Leistungen erhalten haben und für die ein Trägerwechsel stattgefunden hat. Nach der Intention der Vorschrift betraf das beim Übergang auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Abs. 1 stellt hingegen keine Rechtsgrundlage für die Übermittlung von Daten an Leistungsträger dar, die nicht für die Grundsicherung der betroffenen Person zuständig wurden, also nicht an den Träger der Sozialhilfe zur Gewährung von Leistungen an nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem SGB XII.

 

Rz. 16

Der Anspruch nach Abs. 1 setzt weiterhin voraus, dass Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt worden sind oder bereits bezogen werden. Im Falle der Antragstellung dient die Datenübermittlung ggf. noch der Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen nach dem SGB II, im Falle des Bezuges der Leistungen ergänzender Feststellungen. Ist der Bezug von Leistungen nach dem SGB II bereits wieder beendet, ist auch die Anspruchsberechtigung nach Abs. 1 – schon nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift – nicht mehr vorhanden. Dasselbe gilt, wenn Leistungen bestandskräftig abgelehnt worden sind.

 

Rz. 17

Daten können nur i. S. d. Abs. 1 zugänglich gemacht bzw. übermittelt werden, wenn Unterlagen (noch) vorhanden sind. Dabei ist die Beschränkung zu beachten, dass sich die Unterlagen auf die Vorgängerleistung beziehen müssen, also die Sozialhilfe bzw. die Arbeitslosenhilfe. Dagegen bedarf es keiner Zustimmung oder Einwilligung des Betroffenen. Absatz 1 ist eine Spezialregelung gegenüber den datenschutzrechtlichen Vorschriften im SGB X, die eine Datenübermittlung bei Einwilligung des Betroffenen erlauben (vgl. die Komm. zu den §§ 67, 67b).

2.3.2 Erforderlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB II

 

Rz. 18

Eine Bereitstellung von Daten i. S. d. Abs. 1 setzt voraus, dass der zwischenzeitlich zuständige Leistungsträger bzw. das Jobcenter als gemeinsame Einrichtung der Leistungsträger die Kenntnis über den Inhalt der Unterlagen zur Erfüllung der eigenen Aufgaben nach dem SGB II benötigt. Durch die verlangte Erforderlichkeit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betroffen. Er verlangt, dass, wenn auf die Kenntnis nicht verzichtet werden kann, das im Hinblick auf den betroffenen Bürger mildeste Mittel zur Zweckerreichung eingesetzt wird.

 

Rz. 19

Damit ist in Zusammenhang mit § 65d das informationelle Selbstbestimmungsrecht gemeint. Das gewinnt um so mehr an Bedeutung, je weiter der relevante Zeitpunkt sich von den Zeiten vor der Grundsicherung für Arbeitsuchende entfernt. § 65d wird daher in der Praxis nur noch zur Feststellung überzahlter Leistungen oder von Ersatzansprüchen herangezogen werden. Hierbei kann eine Befragung des Betroffenen genügen, um die notwendigen Erkenntnisse zu gewinnen, ohne Kenntnis vom gesamten Inhalt der Unterlagen beim früheren Leistungsträger nehmen zu müssen. Dieser Sachverhalt ändert sich, wenn der zuständige Leistungsträger begründete Anhaltspunkte für rechtswidrig erbrachte Leistungen hat, der Betroffene diesen Sachverhalt aber bestreitet, ohne die Anhaltspunkte entkräften zu können.

2.3.3 Verlangen und Konkretisierung

 

Rz. 20

Die Übermittlung i. S. d. Abs. 1 setzt ein Verlangen des zuständigen Leistungsträgers voraus. Das bedeutet zunächst, dass der verpflichtete Leistungsträger keine Initiative entwickeln muss, selbst wenn ihm der Trägerwechsel bekannt wird. Darüber hinaus darf der Träger der Sozialhilfe bzw. die Agentur für Arbeit ohne ein Verlangen keine Daten bereitstellen, soweit sich eine solche Berechtigung oder Verpflichtung nicht aus anderen Rechtsvorschriften ergibt (für Trägerwechsel ab 2011 vgl. z. B. § 76 Abs. 3 a. F. bzw. nunmehr § 76 Abs. 2).

 

Rz. 21

Der berechtigte Leistungsträger muss ein konkretes Verlangen an den verpflichteten Leistungsträger richten. Dieses muss so bestimmt sein, dass der verpflichtete Leistungsträger überprüfen kann, ob die bereitzustellenden Unterlagen vom berechtigten Leistungsträger tatsächlich zur Erfüllung seiner Aufgaben nach dem SGB II erforderlich sind. Auf eine etwaige Erforderlichkeit zur Erfüllung von Aufgaben nach anderen Gesetzen kommt es bei § 65d nicht an.

 

Rz. 22

Das Verlangen muss so konkretisiert werden, dass die bereitzustellenden Unterlagen ggf. eingegrenzt werden können, etwa auf bestimmte Bezugszeiträume. Das bedingt, dass der berechtigte Leistungsträger den konkreten Sachverhalt nach Art und Zeitraum einzugrenzen hat.

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