Rz. 6
Die Vorschrift durchbricht den Grundsatz, dass durch ein Änderungsgesetz mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens eine neue Rechtslage geschaffen wird, die ohne weitere Bestimmungen ab diesem Zeitpunkt auf alle Fälle in der Praxis anzuwenden ist. Für das Sozialrecht regelt § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, dass ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft zwingend aufzuheben ist, wenn in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Verwaltungsakts vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung liegt vor, wenn der Verwaltungsakt nach neuer Rechtslage nicht mehr mit demselben Inhalt erlassen werden dürfte. Das betrifft insbesondere begünstigende Verwaltungsakte, die überhaupt nicht mehr erlassen werden dürften, weil die Anspruchsvoraussetzungen nach neuer Rechtslage nicht mehr erfüllt sind, und Verwaltungsakte, mit denen eine Leistung der Höhe nach bewilligt worden ist (z. B. ein Leistungsbescheid), wenn die bewilligte Höhe nach neuem Recht nicht mehr zulässig wäre.
Rz. 7
Regelinstrument zur Umgehung der unmittelbaren Rechtsfolgen einer geänderten Rechtslage ist die Übergangsregelung, die es dem Gesetzgeber erlaubt oder gebietet, für bestimmte Fälle oder Sachverhalte zu bestimmen, dass die neue Rechtslage auf sie nicht, nur in beschränktem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt anzuwenden ist. Übergangsregelungen wenden daher überwiegend Belastungen für den Leistungsempfänger, die sich aus der neuen Rechtslage ergeben würden, ganz, teilweise oder zeitweise ab. Übergangsregelungen können aber ebenso verhindern, dass begünstigende Neuregelungen auf die aktuellen laufenden Leistungen Auswirkungen haben oder umgekehrt erst zu einem späteren Zeitpunkt Rechtswirkungen entfalten.
Rz. 8
Übergangsregelungen sind grundsätzlich dazu geeignet, die Übersichtlichkeit von Recht zu erschweren, weil auf denselben Sachverhalt unterschiedliches Recht anzuwenden ist. Das erhöht das Risiko fehlerhafter Entscheidungen durch die vollziehende Verwaltung. Ebenso sind Übergangsregelungen aber dazu geeignet, den Gesetzesvollzug durch die Verwaltung zu erleichtern, weil die bereits entschiedenen Fälle unabhängig davon, ob sie bereits bestandskräftig geworden sind oder nicht, nicht noch einmal aufgrund der neuen Rechtslage überprüft und ggf. angepasst werden müssen. Das hat im Bereich der Massenverwaltung, von der bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende auszugehen ist, besondere Bedeutung für die Jobcenter.
Rz. 9
§ 66 ist eine Regelübergangsvorschrift für die Fälle, in denen durch Gesetz das Recht über die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II geändert wird. Dabei geht es sowohl um Gesetzesänderungen, die das SGB II ändern, als auch um Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II, die in den §§ 16 bis 16k enthalten sind (1. Abschnitt des 3. Kapitels). Durch Verweisung in § 16 Abs. 1 können als Leistungen zur Eingliederung in Arbeit auch Leistungen aus dem Bereich der arbeitsmarktpolitischen Instrumente des SGB III gewährt werden. Eine Anwendung des § 66 kommt nur in Betracht, wenn § 16 Abs. 1 geändert wird, nicht jedoch, wenn die Regelungen über ein arbeitsmarktpolitisches Instrument im SGB III selbst enthalten sind. Für das Arbeitsförderungsrecht enthält zwar § 422 SGB III eine praktisch mit § 66 identische Bestimmung, diese darf die Grundsicherungsstelle jedoch nicht anwenden.