Rz. 2
Die Vorschrift regelt anhand der grundsätzlichen Leistungsvoraussetzungen den Kreis der Berechtigten, die Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen können. Zugleich wird damit definiert, welchem Personenkreis der Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende verschlossen bleiben soll. Daneben regeln spezielle Bestimmungen in der Norm, wer darüber hinaus von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen wird. Die Vorschrift ist aber nicht die einzige geblieben, die den grundsätzlichen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende regelt. Seit dem 1.6.2022 bestimmt zusätzlich § 74 wohl aus politischen Gründen eine Ausnahme von Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 für Ausländer mit Fiktionsbescheinigung (vgl. auch schon früher § 70). Leistungen werden an Bedarfsgemeinschaften gewährt, ohne dass der individuelle Anspruch jedes einzelnen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft berührt würde. Es genügt aber grundsätzlich für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, dass eine Person der Bedarfsgemeinschaft die Anspruchsvoraussetzung der Erwerbsfähigkeit erfüllt. Dann kommen Leistungen nach dem SGB II in Betracht, soweit die weiteren Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, insbesondere Hilfebedürftigkeit vorliegt. Fehlende Verfügbarkeit in subjektiver Hinsicht in Bezug auf die Arbeitsbereitschaft hat keine Bedeutung für die Anspruchsvoraussetzungen auf das Arbeitslosengeld (Alg) II (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 6.3.2014, L 31 AS 1348/13). Allerdings können nur erwerbsfähige Personen Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 erhalten, die übrigen noch zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen können ggf. Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 2 beanspruchen. Auf die persönliche Qualifikation sowie andere integrationsstützende und -hemmende Faktoren kommt es nicht an (vgl. dazu z. B. BT-Drs. 18/6267, 18/6420 und 18/6439). Bei Ausübung des Umgangsrechts mit Kindern (nach der Trennung vom Partner) genügen nur zeitweise bestehende Bedarfsgemeinschaften (sog. temporäre Bedarfsgemeinschaften). Eine gesetzliche Regelung der Ansprüche in diesen Fällen durch das 9. SGB II-ÄndG zum 1.8.2016 ist gescheitert, bei den Ausschussberatungen wurde ein entsprechender Änderungsantrag nicht beschlossen. In 2017 sind aber weitgehend mit dem Änderungsantrag übereinstimmende untergesetzliche Regelungen für die Jobcenter in Kraft gesetzt worden. Es war jedoch nicht möglich, untergesetzlich eine Mehrbedarfsleistung einzuführen, die zuvor intensiv diskutiert worden war und weiterhin gefordert wird. Auch mit der Bürgergeld-Gesetzgebung zum 1.1.2023 ist keine Lösung entwickelt worden. Allerdings müssen die Leistungen für das Kind zum Umgangsrecht mit einem Elternteil von dem Kind, nach Maßgabe des § 1629 BGB von den Eltern vertreten, geltend gemacht werden. Ein Kind im Alter von unter 15 Jahren bedarf keines gewöhnlichen Aufenthaltes für einen Leistungsanspruch auf Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 2, wenn und für die Zeit, für die es in einer temporären Bedarfsgemeinschaft mit einem Elternteil lebt. Besonderheiten sind bei den Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 zu beachten. Soll der Antragsteller leistungsrelevante Unterlagen vorlegen und ist für diesen Fall Leistungsunwilligkeit des Jobcenters nicht zu erkennen, bedarf es keines einstweiligen Rechtsschutzes (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 10.9.2014, L 2 AS 1361/14 B). Antragsteller müssen auf Verlangen des Jobcenters Kontoauszüge der letzten 3 Monate nicht nur zur Einsichtnahme anbieten, sondern tatsächlich vorlegen (Bay. LSG, Beschluss v. 15.9.2015, L 16 AS 523/15 B ER). Ansonsten ist die Hilfebedürftigkeit demnach nicht aufklärbar. Die Aufbewahrung der Kontoauszüge ist eine zulässige Datenspeicherung gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X. Eine vorbeugende Unterlassungsklage dagegen ist nicht zulässig, weil die Verweisung auf nachgängigen Rechtsschutz zumutbar ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 21.2.2017, L 9 AS 1590/13). Die Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen als Nachweis für bestehende und nicht schuldhaft herbeigeführte Hilfebedürftigkeit ist auch nachfolgend immer wieder von der Sozialgerichtsbarkeit bestätigt worden.
Der Anspruch des Hilfebedürftigen auf Leistungen der Grundsicherung setzt den Nachweis bestehender Hilfebedürftigkeit i. S. v. § 9 voraus. Hierzu ist der Antragsteller verpflichtet, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen. Verfügt er über nicht unerhebliche finanzielle Mittel und macht er hierzu wahrheitswidrige Angaben, so hat er den ihm obliegenden Nachweis der Hilfebedürftigkeit nicht erbracht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 9.6.2022, L 7 AS 622/21). Ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung ist ausgeschlossen, wenn der Antragsteller seine hierzu erforderliche Hilfebedürftigkeit nach § 9 nicht nachweist. Das ist u. a. dann der Fall, wenn er sich weigert, Kontoauszüge zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen vorzulegen (LSG Hamburg, Urteil v. 21.12.2023, L 4 AS 90/23 D).
Ein Sozialhilfeträger, der gleichzeitig als zugelassener ...