2.1 Mehrere gemeinsame Einrichtungen auf dem Gebiet einer Kommune
Rz. 5
Die Sonderregelung soll besondere örtliche Gegebenheiten, u. a. aufgrund von Gebietsreformen, berücksichtigen.
Rz. 6
Abs. 2 war im Vorfeld der Neuorganisation nicht unumstritten. Teilweise wurde eine Konkurrenz zu § 6 Abs. 3 gesehen. In Berlin war die Interessenlage durchaus geteilt. Dort bestanden bis zum 31.12.2010 insgesamt 12 Arbeitsgemeinschaften nach § 44b a. F. Fraglich war, ob ab 1.1.2011 nur noch eine gemeinsame Einrichtung zu bilden war, was allerdings nicht im Interesse der Bezirke liegt, die bei 12 gemeinsamen Einrichtungen die Trägerversammlung mit eigenen Vertretern bestücken und damit auch gestaltend in das Geschäft der gemeinsamen Einrichtung eingreifen können. Berlin ist nach Art. 1 Abs. 1 der Verfassung von Berlin eine Stadt und damit kommunaler Träger i. S. v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. Im Falle einer einheitlichen gemeinsamen Einrichtung für ganz Berlin dürfte Berlin durch die Hauptverwaltung 3 oder, falls mit der Regionaldirektion vereinbart, eine größere Zahl von Personen in die Trägerversammlung entsenden. Unabhängig davon könnten Geschäftsstellen bestehen. Es sind auch Gutachten erstellt worden, wonach § 6 Abs. 3 SGB II Berlin durch Landesgesetz ermächtigen soll, statt einer für ganz Berlin zuständigen gemeinsamen Einrichtung für jeden Bezirk eine solche zu bilden. Unter Anwendung des § 76 Abs. 2 SGB II (seit 1.8.2016: § 76 Abs. 1) könne es auch zulässig sein, eine geringere Zahl von gemeinsamen Einrichtungen als 12 in Berlin zu bilden. Diese Auffassungen verkennen § 76 Abs. 1, der es allein ermöglicht, dass es bei 12 gemeinsamen Einrichtungen in Berlin bleiben kann, ohne dass hierfür eine landesrechtliche Regelung aufgrund der Ermächtigung von § 6 Abs. 3 erforderlich wäre.
Rz. 7
Das Gesetz lässt den umgekehrten Fall einer zugelassenen alleinigen kommunalen Trägerschaft, die mehrere Kreise bzw. kreisfreie Städte einschließt, nicht zu. Das war als Einfallstor dafür verstanden worden, die Begrenzung der zugelassenen kommunalen Trägerschaften nach dem Regel-Ausnahme-Prinzip (§ 6a Abs. 2) zu umgehen. Aus diesem Grunde konnte Abs. 1 auch im Zuge des 9. SGB II-ÄndG zum 1.8.2016 nicht aufgehoben werden.
2.2 Rechtsnachfolge bei Träger- oder Organisationsformwechsel
Rz. 8
Abs. 2 Satz 1 gewährleistet einen nahtlosen Übergang bisheriger Trägerschaften und Organisationsformen in eine neue Trägerschaft oder Organisationsform. Dies umfasst den Übergang einer gemeinsamen Einrichtung in eine zugelassene kommunale Trägerschaft und umgekehrt, einer getrennten Aufgabenwahrnehmung in eine gemeinsame Einrichtung oder eine zugelassene kommunale Trägerschaft sowie einer bisher als zivilrechtlicher Gesellschaft geführten gemeinsamen Einrichtung in eine öffentlich-rechtliche gemeinsame Einrichtung nach § 44b.
Rz. 9
Die Regelung stellt sicher, dass der neue Träger oder die neue Organisationsform in laufenden Verwaltungs- und Klageverfahren an die Stelle des bisherigen Trägers oder der bisherigen Organisationsform tritt.
Rz. 10
Abs. 2 Satz 2 und 3 verpflichten und berechtigen die Träger, sich diejenigen Tatsachen und Sozialdaten zu übermitteln, die zur Vorbereitung der Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in der veränderten Trägerschaft oder Organisationsform erforderlich sind.
Rz. 11
Aufgrund des Abs. 2 hat die Bundesagentur für Arbeit den neuen zugelassenen kommunalen Trägern die Möglichkeit eingeräumt, PC-Arbeitsplätze der BA einschließlich Drucker und nach Möglichkeit im Einzelfall Netz-Infrastrukturen (Verkabelungen) zu übernehmen. IT-Arbeitsplätze können leer – also nur mit vollständig gelöschten Datenträgern – kostenfrei abgegeben werden. Es werden auch keine Anwendungen (Software, Betriebssystem oder Schnittstellen) übergeben. Die Kostenfreiheit ergibt sich daraus, dass sich die Kommunen mit ihrem pauschalen Anteil an den Verwaltungskosten auch an der Beschaffung der Hardware für die IT beteiligt haben. Jegliche IT-Dienstleistungen (Wartung, zentraler Druck usw.) sind ausgeschlossen. Dasselbe trifft auf Sachmittel zu, die ohne Gegenleistung übernommen werden können (vgl. auch BT-Drs. 17/3008). Auf Verträge kann jedoch nur zugegriffen werden, soweit dies nicht allein der Bundesagentur für Arbeit vorbehalten, sondern auch schon durch die früheren Arbeitsgemeinschaften möglich war.
2.2.1 Übergangsszenarien
Rz. 12
Die Übergangsszenarien lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien in mehrere Gruppen aufteilen. Zweckmäßig ist jedenfalls eine Betrachtung, die von den Grundsicherungsstellen ausgeht, die die Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bis zum 31.12.2010 erbracht haben, nämlich die Arbeitsgemeinschaften im Regelfall des früheren § 44b, die nach Maßgabe der Kommunalträger-Zulassungsverordnung v. 24.9.2004 (BGBl. I S. 2349) aufgrund der früheren Fassung des § 6a zugelassenen kommunalen Träger sowie die Agenturen für Arbeit und kommunalen Träger, die bis zum 31.12.2010 in getrennter Trägerschaft Leistungen erbracht haben, weil sie sich nicht auf eine Arbeitsgemeinschaft i. S. d. § 44b a. F. einigen konnten.
Rz. 13
Allgemein regelt § 76 Abs. 2, dass bei einem Wechsel d...