Rz. 9
Abweichend von Abs. 2 Satz 2 wird das Einkommen der Elternteile in der Bedarfsgemeinschaft nach Abs. 3 nicht berücksichtigt, wenn das unverheiratete Kind (unter 25 Jahren) schwanger ist oder sein eigenes Kind unter 6 Jahren betreut. Die Regelung ist auch in Fällen des Abs. 5 anzuwenden. Im Schwangerschaftsfall dient die Regelung unmittelbar dem Schutz des ungeborenen Lebens. Ihr liegt die Überlegung zugrunde, dass die Geburt des Kindes einer Erwerbstätigkeit der Mutter als Kind unter 25 Jahren entgegensteht und die Berücksichtigung des Elterneinkommens zur Folge hätte und dies in der Bedarfsgemeinschaft durch Entschluss der Schwangeren selbst oder auf Druck der übrigen Mitglieder im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation einen Schwangerschaftsabbruch begünstigen könnte. Schwangerschaft kann durch Vorlage des Mutterpasses nachgewiesen werden. Die Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens der Eltern ist ggf. rückwirkend aufzuheben, weil es lediglich auf den objektiven Bestand der Schwangerschaft ankommt. Die Begünstigung bleibt bestehen, solange das Kind unverheiratet bleibt. Die Ausdehnung des Zeitraumes der Nichtberücksichtigung von Elterneinkommen für die ersten 6 Lebensjahre des Kindes folgt dem Grundsatz einer bedarfsgerechten Grundsicherung, die sich auf die Bedarfsgemeinschaft insgesamt bezieht und eine Gefährdung ihres Bestands zu vermeiden hat.
Rz. 10
Schwangerschaft und Kinderbetreuung sind 2 Tatbestände, die unabhängig voneinander zu betrachten sind. Das Einkommen der Elternteile in der Bedarfsgemeinschaft ist also auch geschützt, wenn die Unverheiratete bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit ihr eigenes Kind betreut und dieses das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die Betreuung eines Kindes unter 6 Jahren kann auch durch den Vater vorgenommen werden, weil Abs. 3 insoweit geschlechtsneutral formuliert ist. Das Kindschaftsverhältnis kann durch geeignete Urkunden nachgewiesen werden. Für die Betreuung reicht eine entsprechende Erklärung der Mutter aus, wenn keine schwerwiegenden Tatsachen dagegen sprechen. Abs. 3 bezieht sich im Übrigen auch auf das faktische Stiefelternteileinkommen.
Rz. 10a
Leben Großmutter, (schwangere) Mutter und Tochter (unter 6 Jahren) in einem Haushalt, kommen verschiedene überlappende Bedarfsgemeinschaften in Betracht:
Mutter mit Kind, aber auch eine Bedarfsgemeinschaft der Großmutter mit der Mutter und schließlich eine Bedarfsgemeinschaft mit allen 3 Personen. Das BSG neigt dazu, bei 3 in einem Haushalt lebenden Personen auf eine Bedarfsgemeinschaft abzustellen (BSG, Urteil v. 17.7.2014, B 14 AS 54/13). Abs. 3 schließt aus, dass in der Bedarfsgemeinschaft der Großmutter mit der Mutter wie auch in einer Bedarfsgemeinschaft aller 3 Generationen das Kindergeld bei der Mutter berücksichtigt wird. Selbst bei einer Bedarfsgemeinschaft des Enkelkindes mit der Mutter wäre das Kindergeld für die Mutter der kindergeldberechtigten Großmutter auch dann zuzurechnen, wenn diese das Kindergeld an die Mutter weiterleitet. Aus diesem Grund würde das Kindergeld als Einkommen nicht neu zugeordnet.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 lediglich zugerechnete Einkommensbestandteile sind kein eigenes Einkommen, wenn es um die Entscheidung über ein Abweichen vom Kopfteilsprinzip im Fall der Leistungsminderung ging (SG Berlin, Urteil v. 20.5.2016, S 37 AS 14517/15), nach der Bürgergeld-Gesetzgebung tritt dieser Fall nach § 31a Abs. 4 Satz 2 nicht mehr ein, weil der Zahlbetrag an Leistungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung durch eine Leistungsminderung nicht mehr verringert wird.