Rz. 227
In Fällen unwiderruflicher Freistellung bei Fortzahlung des Lohns durch vertragliche Regelung tritt Arbeitslosigkeit nach dem Ende der Beschäftigung ein (BSG, Urteil v. 11.12.2014, B 11 AL 2/14 R). Damit kann eine Sperrzeit mit Beginn der Freistellung eintreten. Mit der Freistellung des Arbeitnehmers verzichtet der Arbeitgeber mit der Folge auf die Arbeitsleistung, dass er sich im Annahmeverzug befindet (BAG, Urteil v. 26.6.2013, 5 AZR 432/12). Das bewirkt zugleich die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung, die Leistungspflicht des Arbeitnehmers entfällt. Wann im leistungsrechtlichen Sinne Beschäftigungslosigkeit vorliegt, ergibt sich aus § 138 Abs. 1 Nr. 1. Daher wird der Arbeitnehmer bereits mit seiner Freistellung durch den Arbeitgeber beschäftigungslos. Diese Vorschrift knüpft nicht an den rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses an, sondern an die tatsächlichen Verhältnisse. Beschäftigungslosigkeit ist deshalb mit der tatsächlichen Nichtbeschäftigung des Versicherten unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses i. S. des Arbeitsrechts gegeben (BSG, Urteile v. 3.6.2004, B 11 AL 70/03 R, und v. 25.4. 2002, B 11 AL 65/01 R). Das wird dem BSG zufolge an der anderenfalls überflüssigen Ruhensvorschrift für Ansprüche auf Alg während des Bezugs von Arbeitsentgelt (§ 157 Abs. 1) sowie an der Gewährung von Alg während des Ruhenszeitraums im Falle der Nichterfüllung aktueller Ansprüche auf Arbeitsentgelt (sog. Gleichwohlgewährung, § 156 Abs. 3 Satz 1) deutlich. Vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht ein Arbeitnehmer – mit anderen Worten – schon dann, wenn das bisherige Beschäftigungsverhältnis sein tatsächliches Ende gefunden hat und eine neue Beschäftigung noch nicht wieder aufgenommen worden ist.
Rz. 228
Ein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne ist daher trotz eines rechtlich noch bestehenden Arbeitsverhältnisses und unabhängig von der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers bereits dann nicht mehr gegeben, wenn die Arbeitsleistung tatsächlich nicht mehr erbracht wird, weil der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet hat (unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 5.2.1998, B 11 AL 55/97 R) oder das Arbeitsverhältnis aufgrund einer von ihm ausgesprochenen Kündigung als beendet ansieht und weitere Dienste des Arbeitnehmers nicht annimmt.
Rz. 229
Ist ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung des Arbeitgebers faktisch ohne Beschäftigung, stehen seiner leistungsrechtlichen "Arbeitslosigkeit" auch weder die Erhebung einer Kündigungsschutzklage noch ein etwaiger Erfolg dieser Klage oder Vereinbarungen im Kündigungsschutzprozess über einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über das tatsächliche Ende der Beschäftigung hinaus oder (Nach-)Zahlungen von Arbeitsentgelt entgegen. Entscheidend für die Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers im entschiedenen Verfahren ist nicht die Arbeitslosmeldung, sondern vielmehr der Umstand, dass der Arbeitgeber bereits seit der (fristlosen) Kündigung seine Arbeitsleistungen nicht mehr angenommen hat, sodass der Arbeitnehmer seither faktisch ohne Beschäftigung war. Es ist danach nicht konstitutiv für das Tatbestandsmerkmal der Beschäftigungslosigkeit i. S. d. § 138 Abs. 1 Nr. 1, wenn er diesen Sachverhalt durch Erklärungen anlässlich der Arbeitslosmeldung gegenüber der Agentur für Arbeit auch selbst zum Ausdruck gebracht hat. Beschäftigungslosigkeit besteht ggf. dann nicht, wenn der Arbeitnehmer noch eine weitere Beschäftigung tatsächlich ausübt. Dann liegt gleichwohl Beschäftigungslosigkeit und Arbeitslosigkeit vor, wenn die Beschäftigung weniger als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt wird. Wird dagegen eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, liegt ggf. nur Teilarbeitslosigkeit vor.
Rz. 230
Unerheblich für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe aufgrund arbeitsvertragswidrigen Verhaltens ist ein Vergleich zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess dahin, das Arbeitsverhältnis sei durch eine betriebsbedingte Kündigung beendet worden. Eine bloße Umbenennung des Kündigungsgrundes hat nach Auffassung des BSG allein keinen Einfluss darauf, ob das Ende des Beschäftigungsverhältnisses durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten herbeigeführt worden ist (so schon BSG, Urteil v. 25.3.1987, 7 RAr 95/85). Denn hat der Arbeitgeber eine nach § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigte fristlose Kündigung ausgesprochen, für die arbeitsvertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers (im entschiedenen Fall ein unentschuldigtes Fehlen) ursächlich war, so ändert der Vergleich der Arbeitsvertragsparteien über die nachträgliche Umwandlung der fristlosen in eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung nichts an der Ursächlichkeit des arbeitsvertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers für den Eintritt der Arbeitslosigkeit, wenn nach den tatsächlichen Feststellungen keine betriebsbedingten Kündigungsgründe vorliegen. Es ist auch fraglich, ob ansonsten be...