0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) mit Wirkung zum 1.4.2012 von § 146 nach § 160 überführt.
§ 146 Abs. 4, 5 und 6 wurden mit Wirkung zum 1.1.2004 durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) geändert.
Die Vorschrift wurde zum 1.4.2012 neu gefasst. Dadurch wurde sie zugleich geschlechtsneutral ausformuliert.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 160 ist auf faktische Arbeitskämpfe unabhängig davon anzuwenden, ob Arbeitskampfrecht beachtet wird oder nicht. Die Regelung bezweckt insbesondere, im Interesse der Rechtssicherheit klare und eindeutige gesetzliche Regelungen zur Sicherung der Neutralität der Bundesagentur für Arbeit zu schaffen. Das gilt für alle Streikformen und Taktiken der Arbeitskampfführung. Auch neuere Formen des Arbeitskampfes wie z. B. Kurzstreiks von nur 1 bis 3 Tagen Dauer oder kurze Streikankündigungsfristen von nur noch 3 Stunden dürfen hierauf keinen Einfluss nehmen. Die Regelung entspricht im Ergebnis auch dem Recht nach § 116 AFG in der bis zum 23.5.1986 gültigen Fassung. Für den Arbeitnehmer kann sich sowohl positiv wie negativ auswirken, dass der dem sog. Streikparagraphen innewohnende Partizipationsgedanke des Abs. 3 Nr. 2 anhand des Vergleichs der Hauptforderung statt des gesamten Forderungspakets zu beurteilen ist. Der Bundesagentur für Arbeit ist gemäß § 160 passive Neutralität auferlegt; Beschlüsse des Neutralitätsausschusses dürfen die Neutralität nicht fördern oder behindern; dies würde bedeuten, auf die Arbeitskampfparität Einfluss zu nehmen. Dementsprechend sehen die Verwaltungsvorschriften der Bundesagentur für Arbeit eine Beteiligung der fachlich zuständigen Führungskräfte der Agentur für Arbeit bei Entscheidungen über gestellte Leistungsanträge auf Arbeitslosengeld (Alg) vor, wie auch beim Kurzarbeitergeld. Die Änderungen der Abs. 2 bis 4 der Vorschrift zum 1.4.2012 waren redaktioneller Art, insbesondere zur geschlechtsneutralen Ausformulierung der Vorschrift ohne Änderung des materiellen Rechts. Die Vorschrift hat sowohl arbeitsrechtlichen wie sozialrechtlichen Charakter.
Rz. 2a
Abs. 1 stellt den Grundsatz auf, dass durch Alg nicht in Arbeitskämpfe eingegriffen werden darf, indem die Leistung innerhalb des fachlichen Geltungsbereichs des umkämpften Tarifvertrags gewährt wird. Abzustellen ist auf den Betrieb, in dem nach den Bestimmungen des Arbeitsvertrages die letzte Beschäftigung vor Eintritt der Arbeitslosigkeit ausgeübt wurde. Es kommt allein auf die Auszahlung (= Leistung) des Alg an. Damit stellt der Gesetzgeber klar, dass außerhalb des fachlichen Geltungsbereichs kein Eingriff in den Arbeitskampf erfolgt, mithin Arbeitnehmer, die fachlich von dem umkämpften Tarifvertrag nicht betroffen sind und auch keine Vorteile daraus ziehen können, Alg erhalten können und damit nicht auf die nur bei Hilfebedürftigkeit gewährte Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II verwiesen werden. Insoweit werden den Arbeitskampf führenden Parteien auch die Grenzen der Neutralität aufgezeigt. Im Übrigen stellt die Vorschrift allein darauf ab, ob der Arbeitslose an dem Arbeitskampf beteiligt ist oder nicht. Die Regelung ist bewusst neutral formuliert und nimmt allein auf den Eingriff in den Arbeitskampf Bezug.
Rz. 2b
Abs. 2 ordnet das Ruhen des Alg bis zur Beendigung des Arbeitskampfes an, wenn der Arbeitnehmer durch seine Beteiligung an dem Arbeitskampf arbeitslos geworden ist. Weitere Rechtsfolgen über die Folgen der Entstehung des Anspruchs auf Alg selbst ergeben sich für den Arbeitnehmer nicht. Damit wird einerseits klargestellt, dass die Solidargemeinschaft der Beitragszahler nicht anstelle der Gewerkschaften für die Folgen eines Arbeitskampfes aufkommt, andererseits der Arbeitnehmer in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung aufgenommen wird, sofern er nach Beendigung des Arbeitskampfes nicht wieder bei seinem Arbeitgeber beschäftigt wird.
Rz. 2c
Abs. 3 regelt die Fälle eingetretener Arbeitslosigkeit ohne Beteiligung des Arbeitnehmers an einem inländischen Arbeitskampf. Der Anspruch auf Alg ruht in diesen Fällen immer dann, wenn der Arbeitnehmer von dem Ergebnis des Arbeitskampfes profitiert, weil sein Betrieb, in dem er bis zum Eintritt der Arbeitslosigkeit beschäftigt war, zum räumlichen und fachlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrags gehört (Abs. 3 Satz 1 Nr. 1) oder zwar nur zum fachlichen Geltungsbereich (weil außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs), aber das Tarifergebnis wegen gleicher Hauptforderungen im Arbeitskampf voraussichtlich auch im räumlichen Bereich übernommen und auf den Arbeitslosen angewendet werden wird (Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3).
Rz. 2d
Abs. 4 räumt dem Verwaltungsrat als oberstem Selbstverwaltungsorgan der Bundesagentur für Arbeit das Recht ein, in Fällen des Abs. 3 aus berechtigten Gründen gleichwohl zu bestimmen, dass bestimmten Personengruppen Alg geleistet wird. Damit hat der Gesetzgeber eine Auffangregel...