Rz. 3
Abs. 1 Nr. 1 stellt auf die Privilegien der Beamten ab. Versicherungsfrei ist der Personenkreis, der nach den Beamten- und Richtergesetzen des Bundes oder eines Bundeslandes in ein Beamtenverhältnis berufen worden ist. Versicherungsfrei sind auch Beamte, die noch auf Widerruf im Beamtenverhältnis stehen, etwa während des Vorbereitungsdienstes für eine beamtenrechtliche Laufbahn. Das gilt auch für Teilnehmer an der einstufigen Juristenausbildung (so schon BSG, Urteil v. 21.2.1990, 12 RK 12/87), nicht aber für Ausländer, die den juristischen Vorbereitungsdienst in Deutschland ohne Beamtenstatus durchlaufen. Das BSG hat die Versicherungsfreiheit aus dem früheren § 241a AFG abgeleitet. Für Referendare vgl. BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 R 1/13 R. Grundsätzlich ist der Dienst Beamter auf das gesamte Erwerbsleben ausgerichtet, dem aktiven Dienst als Beamter folgt unmittelbar der Ruhestand. Die Regel ist der Dienst als Beamter auf Lebenszeit.
Nach diesem Konzept tritt Arbeitslosigkeit bei einem Beamten nicht ein. Einer Arbeitslosenversicherung bedarf es daher nicht.
Rz. 4
Gegenleistung für den Dienst ist die Besoldung. Die beamtenrechtlichen Vorschriften sehen vor, dass die Besoldung nicht unterbrochen oder eingestellt wird, wenn der Beamte dienstunfähig erkrankt. Einer Krankenversicherung mit Entgeltersatzleistungen bedarf es daher nicht. Zu Behandlungskosten und Arzneimitteln erhalten Beamte eine Beihilfe. Dem Grunde nach ist deshalb auch insoweit eine gesetzliche Krankenversicherung entbehrlich. Restrisiken versichern Beamte bei privaten Krankenversicherungsunternehmen.
Rz. 5
Diese Umstände führen die gesetzliche Konstruktion herbei, Beamte von der Krankenversicherungspflicht im SGB V freizustellen und die Arbeitslosenversicherungsfreiheit daran anzulehnen. Voraussetzung ist jeweils ein Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge im Falle der Krankheit. Versicherungsfreiheit besteht insbesondere dann nicht, wenn bei beamtenähnlichen Beschäftigungen diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, weil etwa nur tarifvertragliche Ansprüche bestehen (z. B. für Notarassessoren).
Rz. 6
Das Konzept des Gesetzgebers wird aufrechterhalten, wenn ein Beamter noch nicht den Status eines Beamten auf Lebenszeit hat, etwa als Beamter auf Widerruf oder als Beamter auf Probe, weil mit der Erreichung des fehlenden Status gerechnet wird. Wird ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erst gar nicht angestrebt, etwa bei Soldaten auf Zeit, ersetzen Ansprüche auf Übergangsleistungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes eine Arbeitslosenversicherung. Wehrpflichtige sind nicht versicherungsfrei.
Rz. 7
Die Aufzählung in Nr. 1 ist umfassend. Sie verdeutlicht, dass schon beamtenrechtliche Grundsätze zur Fortzahlung der Bezüge und Gewährung von Beihilfe für die Versicherungsfreiheit genügen. Erfasst werden Beamtenverhältnisse auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene aller inländischen juristischen Personen öffentlichen Rechts. Versicherungsfreiheit kann allerdings nicht mit Verweisen auf ähnliche oder vergleichbare Leistungen begründet werden, insbesondere nicht mit Ansprüchen aus einer privaten Krankenversicherung. Die Änderungen in Nr. 1 zum 1.4.2012 waren nur redaktioneller Art.
Rz. 8
Die Versicherungsfreiheit gilt nicht für Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst, und zwar auch dann nicht, wenn aufgrund tariflicher Vereinbarungen Unkündbarkeit eingetreten ist und Beihilfeansprüche bestehen.
Rz. 8a
Versicherungsfreiheit besteht nicht für Beschäftigungen, die neben der versicherungsfreien Tätigkeit ausgeübt werden, insbesondere Nebenbeschäftigungen. Für diese Beschäftigungen ist stets eine eigenständige Prüfung der Versicherungspflicht nach den §§ 24, 25 anzustellen, Versicherungsfreiheit kommt ggf. nach Abs. 2 oder 5 in Betracht (vgl. ab 1.10.2022 § 8 Abs. 1a SGB IV).
Rz. 9
Versicherungsfreiheit nach Abs. 1 Nr. 2 beruht auf dem für Beamte auf Lebenszeit entwickelten Konzept, das auf Geistliche übertragen wird, sofern diese einer als öffentlich-rechtliche Körperschaft anerkannten Religionsgemeinschaft angehören. Das setzt grundsätzliche Rechtstreue voraus. Das sind insbesondere die Katholische Kirche und die Evangelischen Landeskirchen. Darüber hinaus genießen eine Fülle weiterer Kirchen die benötigte Anerkennung (z. B. die Russisch-Orthodoxe Kirche, die Jüdische Kirchengemeinde, die Zeugen Jehovas). "Geistliche" von Sekten sind nicht versicherungsfrei (z. B. Angehörige der Scientology). Die Zugehörigkeit zur öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaft genügt allein für die Versicherungsfreiheit noch nicht, hinzukommen müssen Ansprüche auf Bezüge und Beihilfe im Krankheitsfall nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Im Ergebnis muss es sich bei der versicherungsfreien Person um einen "Geistlichen" handeln, also einen Pastor, Vikar, Diakon. Kennzeichnend ist dafür eine auf Seelsorge und Verkündigung des Wortes Gottes gerichtete Tätigkeit. Eine Einbeziehung anderer Bediensteter der Religionsgemeinschaft ist au...