2.1 Melde- und Duldungspflichten der Einzugsstellen
Rz. 3
Einzugsstellen sind die in § 28i SGB IV definierten Stellen. Die Funktion der Einzugsstelle nimmt regelmäßig die Krankenkasse wahr. Abs. 1 Satz 1 verpflichtet die Einzugsstellen zur monatlichen Meldung der Anzahl der in der Arbeitslosenversicherung versicherten Personen in Ergänzung zu den nach der Datenerfassungs- und Datenübermittlungsverordnung von den Rentenversicherungsträgern bereits mitgeteilten Informationen. Die Bundesagentur für Arbeit benötigt diese Daten z. B. für die Arbeitsmarktberichterstattung, aber auch für die Umsetzung ihres Haushaltsplans. Der Umfang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland ist zwischenzeitlich zu einem ebenso regelmäßig begehrten Datum geworden wie die Anzahl der arbeitslos gemeldeten Personen. Soweit Gesamtsozialversicherungsbeiträge eingezogen werden, ist die Krankenkasse Einzugsstelle, die die Krankenversicherung durchführt. Für Beschäftigte ohne Krankenversicherung trifft der Arbeitgeber seine Wahl entsprechend § 175 Abs. 3 Satz 2; in diesen Fällen ist die Einzugsstelle zuständig, bei der zuletzt eine Versicherung bestanden hat. Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 regeln die Pflicht der Einzugsstellen und Sozialversicherungsträger, der Bundesagentur für Arbeit Einsicht in Geschäftsunterlagen und Statistiken zu gewähren. Dabei sind Adressaten von Abs. 1 Satz 2 die Einzugsstellen gemäß § 28i SGB IV, also die Krankenkassen, während sich Abs. 2 an die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung wendet, zu denen neben den Unfallversicherungs- und Rentenversicherungsträgern wiederum die Kranken- bzw. Pflegekassen gehören, hier in ihrer Eigenschaft als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales darf aufgrund der Ermächtigung in § 353 mit Zustimmung des Bundesrates Verwaltungsvorschriften zur Durchführung der Meldungen der Sozialversicherungsträger erlassen (vgl. Beitragsverfahrensverordnung v. 3.5.2006, BGBl. I S. 1138, i. d. F. v. 1.3.2024, BGBl. I 2023 Nr. 233).
Rz. 4
Abs. 1 Satz 2 verpflichtet die Einzugsstellen, der Bundesagentur für Arbeit Einsicht in ihre Geschäftsunterlagen und Statistiken zu gewähren. Diese Pflicht betrifft den korrekten Beitragseinzug der Einzugsstellen. Die Einsichtnahme ist auf die Fälle und den Umfang begrenzt, die/der für die Aufgabenerledigung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich sind/ist. Die Einsichtnahme ist also nicht schlechthin gestattet, sondern muss im konkreten Fall auf eine originäre Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit zurückzuführen sein. Das können Unplausibilitäten der Meldung nach Satz 1 ein. Die Einsichtnahme muss darüber hinaus erforderlich sein. Erforderlichkeit ist dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entnommen. Bezogen auf die Einsichtnahme bedeutet dies insbesondere, dass sich die Einsichtnahme nicht nur eignen muss, um der Aufgabenerledigung durch die Bundesagentur für Arbeit gerecht zu werden, sondern dass auch kein milderes Mittel zur Verfügung steht, was insbesondere der Fall ist, wenn benötigte Daten bereits anderweitig bei der Bundesagentur für Arbeit verfügbar sind. Insbesondere wird die Bundesagentur für Arbeit im jeweiligen Einzelfall zunächst Auskunft bei der Einzugsstelle einholen müssen. Eine Einsichtnahme kann in diesem Sinne nur erforderlich sein, wenn die Auskunft der Einzugsstelle nicht plausibel ist und sich Plausibilität auch nicht ohne Einsichtnahme herstellen lässt.
2.2 Vorlagepflicht der Sozialversicherungsträger
Rz. 5
Abs. 2 verpflichtet die Sozialversicherungsträger zur Vorlage ihrer Geschäftsunterlagen und Statistiken. Hinsichtlich der Erforderlichkeit der Vorlage zur Erfüllung der Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit vgl. Rz. 4.
Rz. 6
Die Vorlagepflicht besteht nur auf Verlangen der Bundesagentur für Arbeit. Dazu muss die Bundesagentur die Unterlagen dem Sachverhalt nach konkret bezeichnen und sich auf § 350 berufen. Abs. 2 betrifft die Sozialversicherungsträger als Beitragszahler. Der Gesetzgeber verweist die Bundesagentur für Arbeit auf die bei den Sozialversicherungsträgern vorhandenen Unterlagen und Statistiken. Die Bundesagentur für Arbeit darf demnach nicht verlangen, dass die Sozialversicherungsträger bestimmte Geschäftsunterlagen oder Statistiken führen. Sie darf auch nicht verlangen, dass zum Zwecke der Einsichtnahme bestimmte Unterlagen zusammengestellt werden, also z. B. aus vorhandenen Statistiken eine weitere neue Statistik generiert wird. Die Bundesagentur für Arbeit muss ggf. gegenüber dem Sozialversicherungsträger darlegen, warum die Einsichtnahme zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Das bloße Verlangen genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht. Im Zweifel hat die Arbeitsverwaltung auch darzulegen, warum nicht auf mildere Mittel zurückgegriffen werden kann.