0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Abs. 2 Nr. 1 wurde mit Wirkung zum 1.1.1998 durch das 1. SGB III-ÄndG v. 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) geändert.
Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) wurden Abs. 1 bis 3 mit Wirkung zum 1.1.2004 geändert.
Abs. 2 und 3 wurden durch die Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung v. 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407) redaktionell mit Wirkung zum 8.11.2006 geändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift enthält Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen zur Bestimmung eines geringeren Beitragssatzes zur Arbeitsförderung, zur pauschalen Beitragsberechnung und zum Beitragseinzugsverfahren. Damit verfolgt die Vorschrift den Zweck, außerhalb von förmlichen Gesetzgebungsverfahren kurzfristig Anpassungen der Rechtslage vorzunehmen, um insbesondere zu einer Vereinfachung der Beitragserhebung und Beitragszahlung zu kommen. In Bezug auf den Beitragssatz hat eine Maßnahme nach Abs. 1 erhebliche finanzielle Folgewirkungen für die Bundesagentur für Arbeit.
Abs. 1 ermächtigt die Bundesregierung zu einer vorübergehenden Senkung des Beitragssatzes. Die gesetzliche Bestimmung nach § 341 Abs. 2 bleibt unberührt. Damit können bei einer günstigen Finanz- und Wirtschaftslage die Lohnnebenkosten zeitweise gesenkt werden. So ist es kurzzeitig mit der Beitragssatzverordnung 2009 geschehen, mit dem der Beitrag zur Arbeitsförderung abweichend von § 341 Abs. 2 (3,0 %) für die Zeit v. 1.1.2009 bis 30.6.2010 auf 2,8 % abgesenkt wurde (BGBl. I 2008, S. 2979). Dann hat sich der Gesetzgeber jedoch wieder auf eine gesetzliche Regelung besonnen. Dadurch hat die Regelung nicht an Bedeutung verloren, weil die jeweilige Bundesregierung kurzfristig auch auf die Lohnnebenkosten Einfluss nehmen kann. Eine Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung ist ein Ausnahmefall im Arbeitsförderungsgesetz und verdeutlicht damit die Bedeutung einer solchen Maßnahme für eine Reihe von Ressorts. Eine weitere Beitragssatzverordnung wurde 2018 für die Jahre 2019 bis 2022 erlassen. Diese Beitragssatzverordnung 2019 wurde durch Änderungsverordnung v. 2.12.2019 geändert.
Abs. 2 Nr. 1 ermächtigt zur pauschalen Festlegung der Beiträge für Wehrdienst- und Zivildienstleistende. Dadurch können eine Einzelfallberechnung und der damit zusammenhängende Verwaltungsaufwand durch eine Pauschale ersetzt werden. Die Pauschale darf auch Besonderheiten in Bezug auf die Anspruchsberechtigungen auf Arbeitslosengeld (Alg) berücksichtigen und begegnet damit Kritik, die auf Anspruchsberechtigungen mit fiktiver Bemessungsgrundlage gestützt wird. In bezug auf Zivildienstleistende hat die Ermächtigung keine Bedeutung mehr.
Abs. 2 Nr. 2 ermächtigt zur Regelung der Zahlungsmodalitäten von Beiträgen privater Krankenversicherungsunternehmen, um eine Vielzahl verschiedener Verfahren zulasten der Bundesagentur für Arbeit zu vermeiden.
Abs. 3 ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Beiträge für Gefangene zu pauschalieren und damit Einzelberechnungen und den damit zusammenhängenden Verwaltungsaufwand für die Justizvollzugsanstalten und den Beitragseinzug durch eine Pauschale zu ersetzen. Die Rechtsverordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates, weil die Bundesländer die Beiträge zu tragen haben.
Im Zuge des Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 wollte die Bundesregierung durch Neufassung des Abs. 1 regeln, dass sie ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates nach Maßgabe der Finanzlage der Bundesagentur für Arbeit sowie unter Berücksichtigung der Beschäftigungs- und Wirtschaftslage sowie deren voraussichtlicher Entwicklung zu bestimmen, dass die Beiträge zeitweise nach einem niedrigeren Beitragssatz erhoben werden, sofern die Bundesagentur für Arbeit eine Rücklage nach § 366 Abs. 1 in Höhe von mindestens 0,65 % im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt gebildet hat. Nach Ergebnissen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung entspricht dieser Wert der vorgesehenen Gesetzesbegründung zufolge dem mittleren konjunkturbedingten Defizit des Haushalts der Bundesagentur für Arbeit in 3 Rezessionen seit der Wiedervereinigung (1993, 2002 bis 2004, 2008 bis 2009). Ohne eine Rücklage in dieser Höhe wäre sie zum Ausgleich ihres Haushalts in einer typischen Rezession ausschließlich auf Darlehen des Bundes angewiesen. Insbesondere Rückzahlungsansprüche des Bundes könnten ihre Handlungsfähigkeit einschränken. Der Wert bezieht sich dabei auf deutliche Rezessionen mit stark erhöhten Ausgaben bzw. verringerten Einnahmen bei der Bundesagentur für Arbeit (vgl. BT-Drs. 20/9999). Durch die zusätzliche Voraussetzung der Berücksichtigung der Finanzlage der Bundesagentur für Arbeit und deren voraussichtliche Entwicklung würde demnach verhindert, dass eine positive Beurteilung und Prognose für eine zeitweise Beitragssatzsenkung ausreichend ist, wenn die Bundesagentur für Arbeit nicht zuvor eine erhebliche Rücklage gebildet habe. Dies erhöhe die Rechtssicherheit für die Bundesagentur für Arbeit und die Bei...