2.1 Regelungszusammenhang
Rz. 4
Ausgangsnorm für den Sozialdatenschutz ist das Sozialgeheimnis in § 35 SGB I. Der Anspruch des Einzelnen auf dessen Wahrung wird zunächst nur unter den Voraussetzungen der §§ 67ff. SGB X durchbrochen (§ 35 Abs. 2 SGB I). Abs. 1 Satz 1 konkretisiert die Techniken im Zusammenhang mit Sozialdaten, die der Arbeitsverwaltung überhaupt zugestanden werden (Erhebung, Verarbeitung, Nutzung) und knüpft die Verwendung dieser Techniken in Übereinstimmung mit §§ 67ff. SGB X an die Erforderlichkeit zur Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben. Diese benennt Abs. 1 Satz 2 und füllt damit den im SGB X gesetzten Rahmen aus.
Rz. 4a
Abs. 2 enthält eine Auffangvorschrift für andere als von Abs. 1 Satz 2 erfasste Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit. Erforderlich ist jedoch, dass die Bundesagentur für Arbeit ausdrücklich verpflichtet oder ermächtigt wird, Sozialdaten zu (seit der gesetzlichen Klarstellung zum 26.11.2019) verarbeiten (zuvor: erheben, verarbeiten oder nutzen). Das ist insbesondere im SGB II über die Grundsicherung für Arbeitsuchende der Fall, für die die Bundesagentur für Arbeit neben den Landkreisen und kreisfreien Städten einschließlich der zugelassenen kommunalen Träger Leistungsträgerin ist (vgl. § 19a SGB I, § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Ausgeschlossen ist hingegen, dass an anderer Stelle des SGB entgegen § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I eine Befugnis auch für Nichtaufgaben der Bundesagentur für Arbeit erteilt wird. Insbesondere ermächtigt § 397 nicht zu einem Datenabgleich im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende; hierfür enthält § 52 SGB II eine eigenständige Aufgabe. Ebenso erfasst die Vorschrift keine datenschutzrechtlichen Regelungen außerhalb des Sozialgesetzbuchs.
2.2 Datenschutz
Rz. 5
Abs. 1 Satz 1 trifft Regelungen nur für Sozialdaten; anderweitiger Datenschutz ist Gegenstand des BDSG (z. B. Personaldatenschutz). Sozialdaten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer zumindest bestimmbaren natürlichen Person (vgl. § 67 SGB X) nach Maßgabe der Stellen, die § 35 SGB I nennt. Juristische Personen werden nicht geschützt (s. aber § 67 Abs. 1 Satz 2 SGB X zur Gleichstellung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen). Unmittelbare Wirkung der Vorschrift ist der Wegfall der Notwendigkeit, bei Begehr einer der zugelassenen Techniken die Einwilligung des Betroffenen einholen oder eine spezielle Rechtsvorschrift bemühen zu müssen.
Rz. 6
Befugnisse werden nach Abs. 1 Satz 1 nur der Bundesagentur für Arbeit eingeräumt. § 394 gilt daher nicht für andere Behörden, Stellen oder Einrichtungen, mit denen die Bundesagentur für Arbeit zusammenarbeitet (z. B. private Arbeitsvermittler, kommunale Träger). Welche Stelle der Bundesagentur für Arbeit § 394 nutzt (Zentrale, Regionaldirektion, Agentur für Arbeit oder eine der besonderen Dienststellen, insbesondere das BA-Service-Haus), ist dagegen unerheblich, soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Die Regelung überrascht nicht, ist die Bundesagentur für Arbeit doch einzige Leistungsträgerin der Arbeitsförderung.
Rz. 7
Der Schutz greift bei der Verarbeitung von Daten. Der Gesetzgeber hat auf Sondervorschriften zum Löschen solcher Daten verzichtet. Damit greift die allgemeine Regelung des § 84 SGB X. Ob die Vorgabe von Löschungsfristen wirklich untunlich ist, wie in der Gesetzesbegründung unter Hinweis auf den Zusammenhang mit der Erbringung von Leistungen und erst in der Zukunft entstehende Leistungsansprüche ausgeführt, darf bezweifelt werden. Ein Blick auf das breite Aufgabenspektrum der Bundesagentur für Arbeit offenbart, dass eine Vermengung von Daten, die aus verschiedenen Gründen bzw. anlässlich der Erfüllung unterschiedlicher Aufgaben "anfallen", nahe liegt (z. B. Leistungen erbringen und Erstattungsverfahren durchführen). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sozialdaten, deren Kenntnis zur Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind, zuverlässig gelöscht werden. Aus der Natur der Sache heraus werden den operativen Dienststellen und Organisationseinheiten der Bundesagentur für Arbeit in vielen Fällen Angaben gemacht, die das gesamte Leben des Betroffenen widerspiegeln, bei der gegebenen Komplexität vieler Sozialleistungen gehen diese oft bis ins Detail. Nicht selten gehören auch spezifische Bürgerverhalten in besonderen Situationen dazu, etwa im Zusammenhang mit vertragswidrigem Verhalten in besonderen Ausprägungen als Voraussetzung für den Eintritt einer Sperrzeit (vgl. § 159 Abs. 1). Auch ärztliche und psychologische Gutachten füllen die Akten. Für den Bürger wäre es deshalb von Vorteil, wenn der Gesetzgeber Sondierungs- und Löschfristen spezifisch vorgegeben hätte. Die Gesetzesbegründung offenbart jedoch das Gegenteil: Der Hinweis auf erst zukünftig entstehende Ansprüche legt geradezu nahe, Daten im Hinblick auf ein solches ungewisses Ereignis aufzubewahren.
Rz. 8
Die Verarbeitung von Daten setzt in jedem Fall die Erforderlichkeit für die Aufgabenerledigung voraus. Die Erforderlichkeit ist dem Grundsatz der Verhä...