Rz. 9
Nach Abs. 1 sind auf den Gesamtbedarf das Einkommen des Auszubildenden, seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatte, des Lebenspartners und seiner Eltern in dieser Reihenfolge anzurechnen. Abs. 1 legt also im Einzelnen fest, welche Einkommen in welcher Reihenfolge auf den Gesamtbedarf anzurechnen sind (Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 67 Rz. 4; Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 67 Rz. 15; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 67 Rz. 33). Danach sind die nachrangig verpflichteten Einkommensbezieher nicht heranzuziehen, wenn auf das Einkommen vorrangig Unterhaltsverpflichteten zurückgegriffen werden kann. Primär ist der Einkommen des Auszubildenden, also u. a. die Ausbildungsvergütung oder Einnahmen aus Kapital oder Vermietung und Verpachtung, anzurechnen.
Gesamtbedarf des Auszubildenden |
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450,00 EUR |
anzurechnendes Einkommen des Auszubildenden |
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260,00 EUR |
Verbleiben |
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190,00 EUR |
anzurechnendes Einkommen des Ehegatten |
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70,00 EUR |
Verbleiben |
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120,00 EUR |
anzurechnendes Einkommen der Eltern |
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50,00 EUR |
zu zahlende Berufsausbildungsbeihilfe |
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70,00 EUR |
Rz. 10
Das Einkommen des nicht dauern getrennt lebenden Ehegatten des Auszubildenden ist anzurechnen. Ehegatten leben dauernd getrennt, wenn sich die Trennung auf das eheliche Leben, den Haushalt und die Wirtschaftsführung erstreckt und wenigstens ein Ehegatte die Absicht hat, diese Trennung für längere – in der Regel nicht absehbare – Zeit aufrecht zu erhalten. Ob dies der Fall ist, kann nur nach den Verhältnissen des Einzelfalles beurteilt werden, und zwar in erster Linie nach äußeren Umständen. Die häusliche Gemeinschaft besteht nach § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht, wenn beide Ehepartner innerhalb der eheliche Wohnung getrennt leben. Voraussetzung hierfür ist, dass der Trennungswille nach außen hin erkennbar ist (BSG, Urteil v. 18.2.2010, B 4 AS 49/09 R).
Rz. 11
Leben die Ehegatten räumlich getrennt, so kann dieses Merkmal in Verbindung mit anderen Anzeichen, die gegen das Fortbestehen der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft sprechen, die Annahme des dauernden Getrenntlebens rechtfertigen. Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft ist jedoch im Allgemeinen nicht aufgehoben, wenn sich die Ehegatten nur vorübergehend räumlich trennen, z. B. bei einem beruflich bedingten Auslandaufenthalt eines Ehegatten. Die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft kann auch noch dann weiter bestehen, wenn die Ehegatten infolge zwingender äußerer Umstände für eine nicht absehbare Zeit räumlich voneinander getrennt leben müssen, weil z. B. infolge von Krankheit oder Verbüßung einer Freiheitsstrafe, wenn die Ehegatten die erkennbare Absicht haben, die eheliche Verbindung wieder herzustellen.
Rz. 12
Ehegatten können nachweisen, dass sie dauernd getrennt leben, wenn ihnen eine Lohnsteuerkarte ausgestellt wurde, auf der die Lohnsteuerklasse I bescheinigt wurde.
Rz. 13
Als Lebenspartner werden 2 Partner gleichen Geschlechts angesehen, die vor der zuständigen Behörde erklärt haben, dass sie miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen wollen. Die Lebenspartnerschaft wird im Lebenpartnerschaftsbuch eingetragen. Trotz der etwas missverständlichen Formulierung stehen der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte und der Lebenspartner nicht in einem Rangverhältnis zu einander, weil sich beide Lebensformen gegeneinander ausschließen. Nicht anzurechnen ist das Einkommen des Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Für die Einkommensanrechnung und Einkommensermittlung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen gelten auch für die Lebenspartner § 11 Abs. 4 BAföG und die Vorschriften des 4. Abschnitts des BAföG mit den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen entsprechend (Fachliche Hinweise der BA zu § 67, Stand: 1/2019).
Rz. 14
Das Einkommen des Partners eine eheähnlichen Lebensgemeinschaft ist mangels Erwähnung in Abs. 1 nicht zu berücksichtigen (Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 67 Rz. 35 m. w. N.; Herbst, in: jurisPK-SGB III, § 67 Rz. 36; Hassel, in: Brand, SGB III, § 67 Rz. 3, a. A. Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 67 Rz. 19). Eine entsprechende Anwendung von Abs. 1 auf nichteheliche Lebensgemeinschaften scheidet aus, weil der Gesetzgeber auch nach Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgesetzes in der Vorschrift keine diesbezüglichen Klarstellungen vorgenommen hat (ebenso: Petzold, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 71 Rz. 6). Auch das Einkommen anderer, nicht in Abs. 1 genannter Personenkreise, z. B. Pflege- oder Stiefeltern, bleibt unberücksichtigt (Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 67 Rz. 5).
Rz. 15
Eltern i. S. v. Abs. 1 Nr. 3 sind die leiblichen Eltern oder wenn der Auszubildende adoptiert ist, die Adoptiveltern, nicht hingegen Pflegeltern oder Stiefeltern (Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 67 Rz. 17; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 67 Rz. 35). Nach § 24 Abs. 1 BAföG sind grundsätzlich bei der Anrechnung von Eltern...