Rz. 13
Abs. 3 wurde durch Art. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) mit Wirkung zum 30.12.2016 angefügt. In ihm wird der Personenkreis neu definiert, der zur Nutzung von Behindertenparkplätzen berechtigt sein soll. Die Regelung wurde vom Gesetzgeber in die Vorschriften des Kapitel 13 zur unentgeltlichen Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personenverkehr eingestellt. Forderungen, die Regelung an anderer Stelle oder in einer eigenen Vorschrift zur Definition von Personenkreisen einzustellen, weil ein Zusammenhang mit der unentgeltlichen Beförderung nicht bestehe, ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs nicht gefolgt.
Die Berechtigung zur Benutzung eines Behindertenparkplatzes ist im Straßenverkehrsrecht geregelt. Nach § 45 Abs. 1b Nr. 2 StVO treffen die Straßenverkehrsbehörden die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen.
Nach bisherigem Recht waren folgende Personengruppen zur Benutzung von Behindertenparkplätzen berechtigt:
- Schwerbehinderte Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung und dem entsprechenden Merkzeichen "aG" in ihrem Schwerbehindertenausweis,
- blinde Menschen (Merkzeichen "Bl") sowie
- schwerbehinderte Menschen mit beidseitiger Amelie, Phokomelie oder vergleichbaren Funktionsstörungen (Conterganschädigungen).
Bei der versorgungsmedizinischen Begutachtung zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach § 152 Abs. 4 wird der internationale Standard angewandt. Dieser hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich weiterentwickelt. Es kommt bei dem biopsychosozialen Modell des modernen Behinderungsbegriffs nicht mehr auf das Vorliegen einer bestimmten Diagnose und auch nicht auf die Anzahl der Diagnosen an, sondern ausschließlich darauf, ob die Auswirkungen einer Gesundheitsstörung in Wechselwirkung mit vorhandenen Barrieren im Einzelfall zur Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und somit zu einer Behinderung führen. Dieser Standard ist niedergelegt in der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation, die das sog. Krankheitsfolgenmodell (I-CIDH) 2001 ablöste. Der ICF ist auch Grundlage für das Verständnis von Behinderung, das in der UN-Behindertenrechtskonvention zum Ausdruck kommt. Auch der Behinderungsbegriff in § 2 in der durch Art. 1 des Bundesteilhabegesetz ab dem 1.1.2018 geltenden Fassung ist in diesem Sinne final ausgerichtet worden.
Diesem neuen Standard entspricht die Definition der außergewöhnlichen Gehbehinderung im Verkehrsrecht nicht. Sie stellt zum einen bestimmte Diagnosen in den Mittelpunkt, ohne dass es auf eine daraus resultierende Teilhabebeeinträchtigung ankommt. Zum anderen macht sie nur unzureichend deutlich, dass eine außergewöhnliche Gebehinderung nicht nur in einer Beeinträchtigung der Beine, sondern auch in einer Störung der Herztätigkeit, der Lungenfunktion, neurologischer Beeinträchtigungen, weiterer Gesundheitsstörungen oder in einer Kombination derselben begründet sein kann.
Durch den neuen Ansatz entfallen die bisherigen, sich ausschließlich auf das orthopädische Fachgebiet beziehenden Beispiele. Das bewirkt, dass nun keine Fallgestaltung von vornherein bevorzugt oder ausgeschlossen wird. Menschen, deren Gesundheitsstörungen nicht in erster Linie dem orthopädischen Fachbereich zuzuordnen sind, werden einen leichteren Zugang zu Behindertenparkplätzen erhalten. Das betrifft auch die Demenzerkrankung. Jedoch wird auch in Zukunft die bloße Diagnose dieser Krankheit für das Merkzeichen "aG" nicht ausreichen. Voraussetzung für die Berechtigung zur Nutzung von Behindertenparkplätzen wird auch weiterhin sein, dass sich jemand dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges fortbewegen kann.