Rz. 6
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben kommen immer dann in Betracht, wenn der behinderte bzw. von Behinderung bedrohte Mensch nicht nur vorübergehend aufgrund seiner körperlichen, geistigen oder seelischen Funktionseinschränkungen oder aufgrund seiner Sinnesbeeinträchtigungen an der Ausübung seines Berufs bzw. am Arbeitsplatz ganztägig oder stundenweise gehindert wird ("Barrieren"). Das Leistungsspektrum für alle in Betracht kommenden Rehabilitationsträger ergibt sich aus den §§ 49 ff. (bis 31.12.2017: §§ 33 ff.).
Ein wichtiges Ziel für einen behinderten Menschen ist die Ausübung eines Berufes auf dem ersten Arbeitsmarkt und damit die Erzielung von Arbeitsentgelt/Arbeitseinkommen zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts. Lediglich in den Fällen, in denen vorausschauend betrachtet eine Eingliederung in einen Betrieb oder der Aufbau einer selbstständigen Existenz nicht möglich ist, ist die Beschäftigung auf dem geschützten Arbeitsmarkt ("zweiter Arbeitsmarkt") anzustreben. Wenn dieses Ziel aufgrund der Schwere der Behinderung auch unrealistisch erscheint (z. B. Menschen mit starker geistiger Behinderung), kommt eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen etc. ("dritter Arbeitsmarkt") und/oder die Zahlung einer Erwerbsminderungsrente in Betracht. Bevor aber eine Erwerbsminderungsrente bewilligt wird, müssen alle Möglichkeiten einer erfolgreichen (Wieder-)Eingliederung intensiv geprüft worden sein (vgl. § 9).
Rz. 6a
Die Rehabilitationsträger haben mit ihren Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben das Ziel einer möglichst dauerhaften (Wieder-)Eingliederung des Versicherten in das Erwerbsleben zu verfolgen. Bereits dieses Ziel macht deutlich, dass sich die Förderung nicht auf Teile einer Ausbildung beschränken darf, deren Absolvierung für sich allein gesehen dem Versicherten keine im Arbeitsleben effektiv verwertbare Befähigung verleiht. Die beruflichen Tätigkeiten, die durch das Teilhabeziel verfolgt werden, sollen im Rahmen der Leistungsfähigkeit den Interessen und Neigungen des behinderten bzw. von Behinderung bedrohten Menschen entsprechen. Hierbei ist die bisherige Tätigkeit sowie die Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen zu berücksichtigen (§ 49 Abs. 1 und 4). Die Regelförderzeit von 2 Jahren nach § 53 Abs. 2 gilt im Übrigen nur für Leistungen zur beruflichen Weiterbildung. Hiervon zu unterscheiden ist der Begriff der Berufsausbildung (LSG Hessen, Urteil v. 2.10.2009, L 5 R 315/08). Die Ablehnung einer beruflichen Reha-Maßnahme allein aufgrund des Alters des Versicherten ist ermessensfehlerhaft (SG Koblenz, Urteil v. 30.8.2005, S 3 RJ 131/04).
Die Verpflichtung des Rehabilitationsträgers zur (Wieder-)Eingliederung endet grundsätzlich mit dem Tag des Bestehens der Abschlussprüfung in dem umgeschulten Beruf. Zum Erfolg einer Umschulung gehört nur, dass der Umschüler die Abschlussprüfung bestanden hat, nicht hingegen, dass er nach Beendigung der Umschulung auch eine entsprechende Tätigkeit aufnimmt.
Anerkennungspraktika zählen grundsätzlich nicht zum Leistungsspektrum der Rehabilitationsträger (BSG, Urteil v. 29.1.2008, B 5a/5 R 20/06 R).