Rz. 37
SPZs bieten in integrierter Form spezielle medizinische, psychologische, pädagogische und soziale Maßnahmen an (vgl. BT-Drs. 11/2237 S. 202 zu § 128). Die Behandlung durch SPZs ist nach § 119 Abs. 2 Satz 1 SGB V auf diejenigen Kinder auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können (sog. dreistufiges Versorgungssystem bestehend aus Kinderärzten, Frühförderstellen und SPZ). Kinder, deren Versorgung bereits durch die Angebote von Kinderärzten und von Frühförderstellen ausreichend sichergestellt wird, haben keinen Anspruch auf die Behandlung im SPZ.
Zu beachten ist aber, dass i. d. R. die IFFs im Verhältnis zu den SPZs wohnortnah sind (es gibt wesentlich mehr IFFs als SPZs, weil der Wirkungskreis der SPZs überregional ist). Hier stellt sich die Frage, ob Teile der Behandlung von interdisziplinär arbeitenden SPZs (z. B. Krankengymnastik, Heilpädagogik) auch in IFFs erbracht werden können, um den Kindern und begleitenden Eltern lange Wegstrecken zu ersparen. Eine solche Kooperation wird in Ziff. 6 des Schreibens des BMAS und des BMG v. 24.6.2009 (vgl. Rz. 4) ausdrücklich begrüßt. Danach sollen lediglich Doppelleistungen (z. B. doppelte Eingangsdiagnostik) ausgeschlossen sein. Die gesetzliche Formulierung zur Abgrenzung von SPZs zu IFFs und ärztlicher Krankenbehandlung i. S. d. § 43a darf nicht so missverstanden werden, dass Kinder, die im SPZ behandelt werden, keiner Behandlung in Frühförderstellen oder durch Kinderärzte mehr bedürften. Gemeint ist lediglich, dass Kinder, deren Versorgung bereits durch die Angebote von Kinderärzten und von Frühförderstellen ausreichend sichergestellt wird, keinen Anspruch auf die Behandlung im SPZ haben. Das differenzierte und hochspezialisierte, aber bezogen auf den Versorgungsauftrag umfassende Leistungsangebot dieser Zentren soll auf die Kinder und Jugendlichen konzentriert werden, die gerade auf diese Leistungen angewiesen sind. Dass die Leistungen des SPZ die vertragsärztlichen Leistungen und die von Frühförderstellen erbrachten Leistungen keineswegs ersetzen, sondern ergänzen, wird auch daran deutlich, dass § 119 Abs. 2 Satz 2 SGB V die SPZs zur engen Zusammenarbeit mit Ärzten und Frühförderstellen verpflichten. Damit übereinstimmend werden Arztpraxen, Frühförderstellen und SPZs in der fachlich-medizinischen Diskussion als kooperative Elemente eines komplementären Versorgungssystems bezeichnet (vgl. Schlack, Kinderärztliche Praxis 1998 S. 278, 281).
Rz. 38
In der Praxis findet man auch Fälle, in denen ein entwicklungsgestörtes Kind, für das eine Förderung in einer interdisziplinären IFF ausreicht (Schwerpunkt der Förderung: Heilpädagogik), zum Erkennen von behinderungsspezifischen Krankheiten ein nicht interdisziplinär arbeitendes SPZ zur Durchführung einer behinderungsspezifischen Diagnostik aufsucht. In diesen Fällen erfolgt die Einbindung des SPZ zur Unterstützung der vertragsärztlichen Behandlung gemäß § 43 a i. V. m. § 119 SGB V. Die Diagnostik zur Abklärung von behinderungsspezifischen medizinischen Begebenheiten hat deshalb mit der daneben laufenden interdisziplinären Frühförderung i. S. d. § 46 nichts zu tun. Ein Nebeneinander der Förderung in der IFF und der Abklärung einer Krankheit/Behinderung zur Unterstützung der ärztlichen Behandlung ist somit auch hier möglich. Allerdings sollen die Ergebnisse der Diagnostik des SPZs für die Förderung in der IFF beachtet werden (vgl. auch Ziff. 6 Satz 4 des Schreibens des BMAS und des BMG v. 24.6.2009; vgl. Rz. 4).
Gleiches gilt nach Auffassung des Autors, wenn IFF und SPZ interdisziplinär i. S. d. § 46 arbeiten und ausnahmsweise spezielle medizinische Tests im SPZ durchgeführt werden müssen, zu denen das IFF nicht in der Lage ist.