0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 64 trat in seiner ab 1.1.2018 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG – v. 23.12.2016, BGBl. I, S 3234) in Kraft.
Die Vorschrift wird in Abs. 1 Nr. 1 aufgrund des Inkrafttretens des SGB XIV zum 1.1.2024 leicht verändert (Art. 37 Nr. 7 des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts v. 12.12.2019, BGBl. I S. 2652). Statt des Begriffs "Versorgungskrankengeld" wird dann der Begriff "Krankengeld der Sozialen Entschädigung" verwendet. Diese Leistung wird dann in § 47 SGB XIV geregelt werden.
Die fast identische Vorgängervorschrift des § 64 war § 44. Diese Vorschrift war in der Zeit vom 1.7.2001 bis 31.12.2017 in Kraft. Die Neuplatzierung des § 44 in § 64 wurde zum 1.1.2018 deshalb notwendig, weil das SGB IX bedingt durch neue Verfahrensvorschriften im vorderen Teil des SGB IX anders strukturiert wurde. Im Übrigen unterscheidet sich die Vorgängervorschrift in ihrem seit dem 1.4.2012 unveränderten Text von § 64 lediglich durch redaktionelle Anpassungen, die durch den neuen Sprachgebrauch des BTHG notwendig wurden (Sprachgebrauch "Menschen mit Behinderungen" statt "behinderte Menschen").
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 64 verschafft einen Überblick über die Leistungen, die der Rehabilitand von den Rehabilitationsträgern (§ 6) ergänzend zu den
beanspruchen kann. Das Leistungsspektrum der Vorschrift erfasst
- Entgeltersatzleistungen i. S. d. § 65, die der Sicherung des Lebensunterhaltes des Rehabilitanden während oder nach der Teilhabeleistung (§§ 4, 71) dienen (Abs. 1 Nr. 1; vgl. Rz. 4),
- Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und/oder Arbeitslosenversicherung, die aufgrund der Gewährung von Entgeltersatzleistungen vom Rehabilitationsträger zu zahlen sind (Rz. 5 ff.) sowie Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (Abs. 1 Nr. 2; vgl. Rz. 15),
- Rehabilitationssport (Abs. 1 Nr. 3; vgl. Rz. 17 ff.),
- Funktionstraining (Abs. 1 Nr. 4; vgl. Rz. 56 ff.),
- Fahr-/Transport- bzw. Reisekosten, die im Zusammenhang mit einer medizinischen Rehabilitation oder einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben anfallen (Abs. 1 Nr. 5, § 73; vgl. Rz. 76),
- Betriebs- oder Haushaltshilfe bzw. Kinderbetreuungskosten (Abs. 1 Nr. 6, § 74; vgl. Rz. 77) sowie
- Beitragsleistungen zur Sicherstellung eines ausreichenden privaten Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes bei nicht gesetzlich Versicherten (Abs. 2; vgl. Rz. 78).
Die Leistungszuständigkeit für die in § 64 aufgeführten ergänzenden Leistungen, die auch als "Nebenleistungen zur Hauptleistung" bezeichnet werden, richtet sich dem Grunde nach gegen den Rehabilitationsträger, der die Kosten der Hauptleistung zu tragen hat. Die Frage, ob z.B. während einer ambulanten oder stationären Rehabilitationsleistung Krankengeld zulasten der Krankenkasse oder Übergangsgeld zulasten des Rentenversicherungsträgers zu zahlen ist, richtet sich deshalb immer danach, welcher Rehabilitationsträger die Kosten der "Hauptleistung" übernimmt.
Eine Besonderheit gilt beim Rehabilitationssport und Funktionstraining: Wird eine dieser beiden Leistungen vorsorglich verordnet – z.B. um den Eintritt oder eine Verschlimmerung einer Behinderung und damit einer ggf. später notwendig werdenden medizinischen Rehabilitationsleistung zu vermeiden –, kann i.d.R. nicht auf eine vorangegangene bzw. zeitlich parallel laufende Rehabilitations-"Maßnahme" abgestellt werden. Hierfür ist dann in erster Linie die Krankenkasse zuständig, sofern die Erkrankung nicht auf einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit (Unfallversicherung) bzw. auf ein Entschädigungsleiden (Kriegsopferfürsorge/Soziale Entschädigung) zurückzuführen ist.
Sofern der Leistungsantrag bei einem dem Grunde nach unzuständigen Rehabilitationsträger gestellt wurde, darf dieser den Antrag innerhalb der geltenden Fristen des § 14 an den zuständigen Rehabilitationsträger weiterleiten.
2 Rechtspraxis
Rz. 3
§ 64 verschafft lediglich einen abschließenden Überblick, welche akzessorischen Leistungen im Zusammenhang mit medizinischen Leistungen zur Rehabilitation bzw. mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Betracht kommen. . Einen Rechtsanspruch auf die Leistungen kann der Rehabilitand allein aufgrund § 64 Abs. 1 nicht herleiten (vgl. § 7); vielmehr richtet sich der Leistungsanspruch entweder
2.1 Entgeltersatzleistungen (Abs. 1 Nr. 1)
Rz. 4
Die Rehabilitationsträger zahlen Erwerbstätigen bei medizinischen Rehabilitationsleistungen und bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Entgeltersatzleistungen. Der Grund: Wegen der Teilnahme a...