Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Sanktionsbescheid wegen Ablehnung einer angebotenen Arbeitsgelegenheit. Anforderung an die hinreichende Bestimmtheit des Arbeitsangebots

 

Orientierungssatz

1. Eine Sanktion gegen einen Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende wegen Nichtannahme einer angebotenen zumutbaren Arbeitsgelegenheit setzt voraus, dass das ihm unterbreitete Arbeitsangebot hinreichend bestimmt war. Dabei ist für die hinreichende Bestimmtheit mindestens erforderlich Art der Tätigkeit, ihren zeitlicher Umfang und die zeitliche Verteilung im Arbeitsangebot zu bezeichnen.

2. Ein Arbeitsangebot, dass als Tätigkeit “Hilfsarbeiter„ im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit nach dem SGB 2 bezeichnet, ist nicht hinreichend bestimmt.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 21. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Kürzung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Unter dem Datum vom 5. Oktober 2005 unterbreitete die Antragsgegnerin dem Antragsteller ein Vermittlungsangebot bei den G. Werkstätten für eine Teilzeittätigkeit als Helfer und forderte den Antragsteller auf, sich umgehend schriftlich zu bewerben. Laut Beratungsvermerk der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2005 hatte sich der Antragsteller bis zu diesem Zeitpunkt dort nicht gemeldet.

Mit streiterheblichem Bescheid vom 24. November 2005 hob die Antragsgegnerin den ursprünglichen Bewilligungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) insoweit auf, als für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 28. Februar 2006 die Leistungen weggefallen waren. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem Antragsteller am 5. Oktober 2005 eine Arbeitsgelegenheit bei der Firma G. Werkstätten angeboten worden sei. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe der Antragsteller durch sein Verhalten das Zustandekommen der Tätigkeit vereitelt.

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 6. Dezember 2005 Widerspruch ein und machte geltend, er habe das Arbeitsangebot nicht am 5. Oktober 2005, sondern später erhalten. Er sei zu diesem Zeitpunkt über zwei Wochen krank gewesen. Er habe kein Geld für Medikamente bzw. nicht die 10,00 € gehabt, um zum Arzt gehen zu können. Er habe am 24. Oktober 2005 bei den G. Werkstätten angerufen und man habe ihm mitgeteilt, er solle seine Bewerbung abgeben. Dies habe er am 25. Oktober 2005 gemacht. Die Bewerbung sei noch aktuell und nicht abschlägig beschieden.

Am 8. Dezember 2005 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Schleswig sinngemäß beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 6. Dezember 2005 gegen den Bescheid vom 24. November 2005 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sinngemäß beantragt,

den Eilantrag abzulehnen.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 21. Dezember 2005 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 6. Dezember 2005 gegen den Bescheid vom 24. November 2005 angeordnet. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Zweifelhaft sei, ob der Bescheid vom 24. November 2005 rechtmäßig sei. Das Gericht gehe davon aus, dass die Aufforderung an den Antragsteller, sich bei den G. Werkstätten um einen Ein-Euro-Job zu bewerben, tatsächlich am 5. Oktober 2005 gefertigt worden sei. Als problematisch sehe das Gericht an, dass kein Abvermerk, kein Druckvermerk oder ein sonstiger Zustellungsnachweis der Akte zu entnehmen sei. Zwar erscheine es naheliegend, dass Schreiben, die von Sachbearbeitern gefertigt würden, auch am Fertigstellungsdatum den Wirkungsbereich der Behörde verlassen und somit zeitnah in den Empfängerkreis gelangen würden. Dies sei jedoch nicht zwingend. Somit sei dem Gericht die Beurteilung entzogen, ob der Antragsteller der in dem Schreiben formulierten Aufforderung, sich umgehend schriftlich zu bewerben, im Sinne einer Obliegenheitsverletzung nicht nachgekommen sei. Der Begriff der umgehenden Meldung sei mit dem Begriff der Unverzüglichkeit in § 121 BGB auszulegen. Insoweit entspreche der Begriff inhaltlich der Unverzüglichkeit im Sinne von § 37b Satz 1 SGB III. Unverzüglich bedeute insoweit ohne schuldhaftes Zögern. Von einer nicht mehr umgehenden Bewerbung könne ausgegangen werden, wenn der Leistungsempfänger mehr als 7 Tage seit Zugang der Aufforderung der Obliegenheit nicht nachgekommen sei. Vorliegend sei der Leistungsempfänger mit seiner Bewerbung zwischen dem 24. und 31. Oktober zwar der Aufforderung dem Grunde nach nachgekommen, es sei jedoch nicht zu ermitteln, ob diese Aufforderung noch unverzüglich bzw. umgehend gewesen sei. Nach telefonischer Auskunft der für die Bearbeitung der Bewerbungen zuständigen Mitarbeiterin der G. Werkstätten, Frau L., habe sich der Antragsteller beworben. Eine entsprechende Bestätigung sei von ihr am 31. Oktober an die Antragsgegnerin abgesandt worden. Auch das Schreiben der Antragsgeg...

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