Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. Beitragsbemessung. Berücksichtigung der Kapitalleistung aus einer vom Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung wobei während der gesamten Laufzeit Versicherungsnehmer der Arbeitgeber war. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Hat der Versicherte eine Kapitalleistung aus einer vom Arbeitgeber für ihn abgeschlossenen Direktversicherung bezogen, wobei während der gesamten Laufzeit des Vertrags Versicherungsnehmer der Arbeitgeber war und Zahlungen des Arbeitnehmers nicht erfolgt sind, so ergibt sich hieraus zwingend die Beitragspflicht. Die Motivation des Arbeitnehmers, ob der Versicherungsabschluss einer Altersversorgung oder einem Vermögensaufbau dienen sollte, ist rechtlich unerheblich.

2. Es ist im Rahmen einer Typisierung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses durch den früheren Arbeitnehmer eingezahlte Beiträge im Rentenversicherungsrecht ebenfalls als noch betrieblich veranlasst einzustufen, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts, also der auf den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer laufende Versicherungsvertrag, zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung genutzt wird. Damit liegt ein formal einfach zu handhabendes Kriterium vor, das ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung durch Lebensversicherungsverträge erlaubt (vgl BVerfG vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 = juris RdNr 12).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.11.2017; Aktenzeichen B 12 KR 93/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 14. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Beklagten, dass die Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.

Der am … 1953 geborene Kläger ist bei der Beklagten als Angestellter mit einem die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigenden Arbeitsentgelt freiwillig krankenversichert. Am 1. Dezember 2013 erhielt der Kläger von der P… Lebensversicherung AG eine Kapitalleistung aus einer betrieblichen Direktversicherung in Höhe von 70.394,71 EUR ausgezahlt. Die Beklage stellte mit Bescheid vom 24. Oktober 2013 (Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2014) fest, dass grundsätzlich für die Dauer von zehn Jahren 1/120 des Auszahlungsbetrages als monatlicher beitragspflichtiger Versorgungsbezug anzunehmen sei. Da der Kläger jedoch bereits mit seinem Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung überschreite, wirke sich die Beitragspflicht derzeit faktisch nicht aus. Sollte das Arbeitsentgelt des Klägers später einmal die Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschreiten und der Kläger als Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) versicherungspflichtig werden, ergäbe sich eine Zahlungsverpflichtung aus § 226 Abs. 1 Nr. 3 SGB V. Danach würden bei der Beitragsbemessung auch die der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde gelegt. Auch bei einer Pflichtmitgliedschaft als Arbeitslosengeldbezieher würde entsprechendes gelten (§ 232a SGB V). Sofern der Kläger später einmal als Rentner in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert sein werde, ergebe sich die Beitragspflicht der Versorgungsbezüge aus § 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) im vorgenannten Sinne würden u. a. Renten der betrieblichen Altersversorgung (§ 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) gelten. Der vom Kläger erworbene Anspruch stamme aus einer so genannten “Direktversicherung„ und zähle damit zu den beitragspflichtigen Versorgungsbezügen. Für die Beitragsbemessung gelte dann bis zum 30. November 2023 als monatlicher Zahlbetrag ein Betrag von 586,62 EUR.

Der Kläger hat am 5. November 2014 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben. Zur Begründung hat er vorgebracht, die Beklagte habe zu Unrecht nur auf die Herkunft der Kapitalzahlung aus einem Beschäftigungsverhältnis abgestellt. Dabei habe sie außer Acht gelassen, ob der verfolgte Zweck des Versicherungsabschlusses bei ihm tatsächlich auch dem Ziel einer Absicherung des Altersrisikos gedient habe. Das sei nicht der Fall gewesen. Er sei durch die gesetzliche Rentenversicherung ausreichend abgesichert. Für den Fall eines frühzeitigen Todes seien seine Hinterbliebenen durch eine ergänzende Kapital- sowie Risikolebensversicherung abgesichert. Auch für den Fall einer frühzeitig einsetzenden Invalidität habe in Ergänzung der Absicherung über die gesetzliche Rentenversicherung eine Unfallversicherung mit Invaliditätsschutz bestanden, die mit dem Arbeitgeberwechsel zum 1. Januar 1984 um eine betriebliche Unfallversicherung mit Invaliditätsschutz erweitert worden sei. Damals sei ein Wechsel zur Sparkasse Landkreis G… erfolg...

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