Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenkassenwahlrecht. Sonderkündigungsrecht bei Beginn der Mitgliedschaft zum Zeitpunkt der Beitragssatzerhöhung
Orientierungssatz
Das Recht auf Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach einer zeitgleich mit einer Fusion vorgenommenen Beitragserhöhung nach § 175 Abs 4 S 5 SGB 5 haben grundsätzlich auch diejenigen Personen, die im Zeitpunkt der Beitragssatzerhöhung Mitglied der betroffenen Krankenkasse werden (vgl LSG Schleswig vom 13.12.2006 - L 5 KR 14/06).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 27. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung, der Klägerin eine Kündigungsbestätigung zum 31. Juli 2004 auszustellen.
Die bis dahin bei einer anderen gesetzlichen Krankenkasse versicherte Klägerin beantragte am 10. März 2004 die Mitgliedschaft bei der Beklagten mit Wirkung vom 1. April 2004. Dieses bestätigte ihr die Beklagte am 15. März 2004. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Beitragssatz der Beklagten 12,8 %. Sie fusionierte unter Beibehaltung ihres Namens ebenfalls zum 1. April 2004 mit der Betriebskrankenkasse B. Ab diesem Zeitpunkt betrug der Beitragssatz 13,8 %. Daraufhin kündigte die Klägerin unter Berufung auf ihr Sonderkündigungsrecht wegen einer Beitragserhöhung die Mitgliedschaft mit Schreiben vom 27. Mai 2004 zum 31. Juli 2004. Ab 1. August 2004 beantragte sie die Mitgliedschaft bei der Betriebskrankenkasse (BKK) Gruner & Jahr. Diese teilte ihr mit Schreiben vom 18. August 2004 mit, dass sie ab 1. August 2004 ihr Mitglied sei, da der Tatbestand eines Sonderkündigungsrechtes hinsichtlich der Mitgliedschaft bei der Beklagten vorliege und die Beklagte eine Kündigungsbestätigung auszustellen habe. Sofern in einen sozialgerichtlichen Verfahren diese Auffassung bestätigt werde, werde unverzüglich die Mitgliedschaft der Klägerin durchgeführt. Später, nämlich mit Schreiben vom 7. Dezember 2005, teilte die BKK G der Klägerin mit, dass seit dem 1. August 2004 eine formelle Mitgliedschaft bestehe, da die Beiträge vom Arbeitgeber von diesem Zeitpunkt an an sie, die BKK G, abgeführt worden seien und abgeführt würden. Eine Mitgliedsbescheinigung könne jedoch nicht versandt werden, da bislang keine Kündigungsbestätigung der Beklagten für die Klägerin vorliege.
Die Beklagte hatte der Klägerin mit Bescheid vom 9. August 2004 und Widerspruchsbescheid vom 30. September 2004 mitgeteilt, der Kündigung könne nicht entsprochen werden, da ein Sonderkündigungsrecht nicht bestehe. Das dagegen angerufene Sozialgericht Lübeck hat mit Urteil vom 27. Juli 2006 die genannten Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Kündigungsbestätigung zum 31. Juli 2004 auszustellen. Gegen dieses der Beklagten am 20. September 2006 zugestellte Urteil richtet sich deren am 10. Oktober 2006 beim beschließenden Gericht eingegangene Berufung.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Klägerin habe von Anfang an das Rechtsschutzinteresse für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens gefehlt. Mit Wirkung vom 1. August 2004 halte die Klägerin ebenso wie ihr Arbeitgeber eine Mitgliedsbescheinigung der BKK G in Händen. Seitdem würden die Beiträge an diese neue Krankenkasse abgeführt. Sie, die Beklagte, fordere seitdem keine Beiträge mehr von der Klägerin. Die Ausstellung einer Kündigungsbescheinigung verbessere somit weder die wirtschaftliche noch die rechtliche Stellung der Klägerin.
Ferner sei das angefochtene Urteil aus tatsächlichen Gründen aufzuheben. Das vom Sozialgericht in Bezug genommene Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 2. Dezember 2004 - B 12 KR 23/04 R - sei hier nicht einschlägig. Das in dieser Entscheidung vom BSG angenommene Sonderkündigungsrecht ihrer, der Beklagten, Versicherten beziehe sich ausschließlich auf solche, die bereits vor der Fusion Mitglied gewesen seien. Auf dieses Urteil könne sich die Klägerin deshalb nicht berufen, weil sie erst zeitgleich mit der Fusion ihr, der Beklagten, Mitglied geworden sei.
Die Beklagte kündigt als Antrag schriftsätzlich an,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 27. Juli 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin kündigt als Antrag schriftsätzlich an,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Auffassung der Beklagten, es fehle das Rechtsschutzinteresse, sei unverständlich. Die Behauptung der Beklagten, sie, die Klägerin, halte eine Mitgliedsbescheinigung der neuen Krankenkasse in Händen, sei falsch. Im Übrigen sei die Beklagte nach den Gesetzesvorschriften schlicht und einfach verpflichtet, eine Kündigungsbestätigung auszustellen. Das genannte Urteil des BSG finde auch auf ihre, der Klägerin, tatsächliche Situation Anwendung.
Mit Gerichtsschreiben vom 15. Dezember 2006 hat der Sen...