Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Aufhebung der PKH-Bewilligung nach § 73a SGG iVm § 124 Nr 4 ZPO. Zahlungsverzug. gerichtliches Ermessen. konkludenter Antrag auf Überprüfung der Ratenhöhe. erneuter Überprüfungsantrag. zuständiges Gericht. Verschulden. Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Aufhebung der PKH-Bewilligung nach § 73a SGG iVm § 124 Nr 4 ZPO steht im Ermessen des Gerichts. Zu Ermessenserwägungen besteht insbesondere dann Anlass, wenn der Betroffene zuvor sinngemäß geltend gemacht hat, ausstehende Raten nicht zahlen zu können.

2. Liegt in einer Beschwerde gegen die Aufhebung der PKH-Bewilligung auch ein Antrag auf Überprüfung der Ratenhöhe, obliegt die Entscheidung hierüber allein dem Sozialgericht, nicht dem Beschwerdegericht.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4 S. 1, § 124 Nr. 4; SGG §§ 73a, 172 Abs. 3 Nr. 2

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 10. August 2012 aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger betreibt eine Arbeitsvermittlung. Für das unter dem Az. S 2 AL 15/08 geführte Klageverfahren vor dem Sozialgericht Itzehoe, in dem es um die Auszahlung eines Vermittlungsgutscheins ging, hat das Sozialgericht dem Kläger mit Wirkung vom 20. März 2006 Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt S... bewilligt und ausgeführt, dass Ratenzahlungen nicht zu leisten seien (Beschluss vom 15. Februar 2008). Mit nicht angefochtenem Urteil vom 15. April 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und entschieden, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten seien. Die an Rechtsanwalt S... aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten und Auslagen sind mit Beschluss vom 30. April 2008 auf 740,18 EUR festgesetzt worden.

Mit Schreiben vom 11. August 2011 forderte das Sozialgericht den Kläger zwecks Überprüfung einer ggf. anzuordnenden Ratenzahlungsverpflichtung wegen Veränderung seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse auf, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Ausfüllung eines beigefügten Vordrucks und Beifügung etwaiger Belege nachzuweisen. Hierauf führte der Kläger mit Schreiben vom 9. September 2011 aus, es sei ihm nicht möglich, den Betrag von 740,18 EUR in einer Summe zu zahlen. Er bitte, ihm eine Ratenzahlung zu bewilligen. Sein Ratenvorschlag sei 30,00 EUR monatlich. Mit Schreiben vom 13. September 2011 erklärte das Sozialgericht sein Einverständnis mit der vorgeschlagenen Ratenzahlung und forderte den Kläger auf, ab 1. November 2011 monatliche Raten in Höhe von 30,00 EUR zu leisten. Nachdem der Kläger die Raten für November 2011 bis Januar 2012 nicht gezahlt hatte, erfolgte unter dem 4. Januar 2012 die Aufforderung zum Ausgleich des Rückstands und zur künftigen Einhaltung der Zahlungstermine. Hierauf teilte der Kläger mit Schreiben vom 13. Januar 2012 mit, dass er die Rate für November am 30. Dezember 2011 angewiesen habe. Gerne hätte er auch die weiteren ausstehenden Raten bereits gezahlt. Leider könne er jedoch nur zahlen, wenn auch seine Honorare gebucht seien. Das sei bisher nicht der Fall. Zwischenzeitlich habe er einen Teil seiner Außenstände erhalten und deshalb nunmehr die rückständigen Raten angewiesen.

Nachdem später auch die Raten für die Monate März bis Mai 2012 wiederum nicht eingegangen waren, erfolgte mit Schreiben des Sozialgerichts vom 5. Juni 2012 eine erneute Zahlungsaufforderung sowie die Aufforderung zur Einhaltung künftiger Zahlungstermine. Gleichzeitig wurde der Kläger auf § 124 Nr. 4 Zivilprozessordung (ZPO) hingewiesen, wonach das Gericht berechtigt sei, die Bewilligung der PKH aufzuheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit einer Zahlung im Rückstand sei.

Bis zum 9. August 2012 sind keine weiteren Zahlungen des Klägers eingegangen. Mit Beschluss vom 10. August 2012 hob das Sozialgericht die PKH-Bewilligung auf. Es stützte seine Entscheidung auf § 124 Nr. 4 ZPO und führte aus, dass der Kläger bislang trotz Mahnung mit der März-Rate im Rückstand sei und hierzu auch keine Hinderungsgründe mitgeteilt habe. Auf die Folgen der Nichtzahlung sei er hingewiesen worden. Gegen diese ihm am 14. August 2012 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 14. September 2012 eingegangene Beschwerde des Klägers. Zur Begründung macht er geltend: Wie bereits mitgeteilt, könne er die ausstehenden Raten nur zahlen, wenn seine Honorare gebucht seien. Hinzu komme, dass er vor allen anderen Zahlungsverpflichtungen monatlichen Unterhalt für seine beiden Söhne in Höhe von 668,00 EUR leisten müsse, des Weiteren die laufenden Kosten für sein Büro und seinen Lebensunterhalt. Er werde sich nach Kräften um weitere Zahlungen bemühen, sofern ihm entsprechende Mittel zur Verfügung stünden.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers ist zulässig und insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vo...

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