Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vorsorgemaßnahme für Mütter und Väter. medizinische Notwendigkeit. angestrebtes Vorsorgeziel. Regelung des § 13 Abs 3a SGB 5 gilt nur für Antragsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Trotz der Ergänzung des § 24 Abs 1 SGB 5 um Satz 4 ab 1.4.2007 gilt weiterhin, dass eine Vorsorgemaßnahme für Mütter und Väter medizinisch notwendig sein muss und dass das mit der Maßnahme angestrebte Vorsorgeziel nicht mit anderen ggf wirtschaftlicheren und zweckmäßigeren Maßnahmen erreicht werden kann.
2. § 13 Abs 3a SGB 5 gilt nur für das Antrags- und nicht für das Widerspruchsverfahren.
Normenkette
SGB V § 24 Abs. 1 S. 4, § 23 Abs. 4 S. 1, § 13 Abs. 3a
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 14. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes um die vorläufige Bewilligung einer Mutter-Kind-Kur.
Die 1987 geborene Antragstellerin zu 1) ist Mutter der am .... ... 2013 geborenen Antragstellerin zu 2). Beide sind bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert.
Am 6. Februar 2014 beantragten die Antragstellerinnen unter Mithilfe der “Kurberatung Deutschland„ die Bewilligung einer medizinischen Vorsorgemaßnahme für Mütter gemäß § 24 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V). Zur Begründung war durch den Allgemeinmediziner Dr. C... über die Antragstellerin zu 1) angegeben, dass diese seit der Geburt der jüngsten Tochter zunehmend unter Erschöpfung, Niedergeschlagenheit, Verspannungen der HWS/BWS und allgemein verminderter Belastbarkeit, dadurch resultierende Partnerprobleme, leide. Bisherige Therapien gebe es nicht. Die Antragstellerin zu 1) gab in dem entsprechenden Antragsformular an, an Medikamenten nehme sie Ibuprofen 400 zur Linderung der Schmerzen nach Bedarf. Psychotherapie gebe es zurzeit leider keine, da Plätze erst ab Mai 2014 frei seien. Selbst durchgeführte Maßnahmen nutze sie am Heimatort nicht, weil sie dazu einfach keine Zeit finde. Erreichen wolle sie durch die Kur, wieder lebensfroher und unternehmungslustiger zu werden, lernen, den Alltag stressfreier zu bewältigen und wieder zu sich zu finden. Ihre derzeitige Lebenssituation sei eine Katastrophe. Gesundheitlich seien die Schmerzen nicht mehr auszuhalten. Kleinigkeiten würden sie aus der Bahn werfen, sie fange an zu weinen und verkrieche sich. Die Gaumenspalten ihrer Kinder setzten sie emotional und psychisch unter Druck. Kochen etc. sei schon eine große Anstrengung. Sie könne nicht mehr lachen und lasse den Tag einfach an sich vorbeiziehen. Schlaf sei aufgrund der Schmerzen kaum möglich.
Über die Antragstellerin zu 2) schrieb Dr. C..., dass ambulante Maßnahmen ausgeschöpft seien und sie unter einer Gaumenspalte und gehäuften Infekten leide. Bisher erfolgten keine Therapien. Die Antragsgegnerin holte eine Stellungnahme des MDK ein, in der dieser durch die Sozialmedizinerin Dr. L... K... zu dem Ergebnis kam, dass die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Leistung nicht vorlägen. Aufgrund der geschilderten Symptomatik sei eine psychisch stützende psychiatrische Mitbehandlung vorrangig. Die Antragstellerin zu 1) schildere Symptome einer depressiven Episode. Des Weiteren ergäben sich Anhaltspunkte für eine somatoforme Schmerzstörung. Eine Vorsorgebedürftigkeit sei zurzeit nicht erkennbar gegeben. Eine mutterspezifische Belastungssituation liege erkennbar nicht vor. Daraufhin wies die Antragsgegnerin den Antrag mit Bescheid vom 17. Februar 2014 unter Hinweis auf die Stellungnahme des MDK zurück. Hiergegen legten die Antragstellerinnen Widerspruch ein. Die Gutachterin habe sich nicht an die Begutachtungsrichtlinien des MDK gehalten. Den Grundsatz “ambulant vor stationär„ gebe es bei der Mutter-Kind-Kur gerade nicht. Die derzeitige Situation der Familie sei von krisenhafter Zuspitzung gekennzeichnet. Es werde um beschleunigte Bearbeitung gebeten.
Am 16. April 2014 haben die Antragstellerinnen beim Sozialgericht Schleswig die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bewilligung der beantragten Maßnahme im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Zur Begründung wiederholen sie im Wesentlichen den bisherigen Vortrag. Zum Anordnungsgrund haben sie vorgetragen, dass die Herausnahme der Antragstellerinnen aus dem häuslichen Umfeld dringend erforderlich und der ablehnende Bescheid offensichtlich rechtswidrig sei. Das Landessozialgericht Niedersachsen - Bremen habe in seiner Entscheidung vom 30. April 2012 die vorgetragenen Grundsätze bestätigt. Der behandelnde Facharzt Dr. C... habe die Notwendigkeit und Eilbedürftigkeit bestätigt. Dazu haben die Antragstellerinnen das ärztliche Attest vom 28. Februar 2014 vorgelegt.
Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, es werde nicht verdeutlicht, in welchem Umfang eine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt worden sei. Ein Anordnungsanspruch sei bisher nicht glaubhaft gemacht...