Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. kein Regelbedarf für Alleinstehende bei Zusammenleben mit der mittellosen keine Leistungen beziehenden Ehefrau. Unterkunft und Heizung. bei grundsätzlicher Leistungsberechtigung der Ehefrau keine Abweichung vom Kopfteilprinzip

 

Orientierungssatz

1. Ein Leistungsberechtigter, der mit seinem Kind und der Ehefrau in Bedarfsgemeinschaft zusammenlebt, kann auch dann nicht den Regelbedarf für Alleinstehende gem § 20 Abs 2 S 1 SGB 2 beanspruchen, wenn die Ehefrau mittellos ist bzw keine Leistungen nach dem SGB 2 in Anspruch nimmt.

2. Ist die Ehefrau - unabhängig von aufenthaltsrechtlichen Nebenbestimmungen - grundsätzlich leistungsberechtigt, da kein Leistungsausschluss gem § 7 Abs 1 S 2 SGB 2 Anwendung findet, so ist bei der Verteilung der Unterkunftskosten gem § 22 SGB 2 keine Ausnahme von der Anwendung des Kopfteilprinzips gerechtfertigt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.06.2018; Aktenzeichen B 4 AS 23/17 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 3. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten stehen nach Teilerledigung höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 31. März 2011 im Streit.

Der 1986 geborene Kläger und sein 2009 geborener Sohn besitzen die türkische Staatsangehörigkeit. Der Kläger besaß im streitbefangenen Zeitraum eine am 22. Dezember 2008 ausgestellte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), befristet bis zum 21. Dezember 2011. Die Aufenthaltserlaubnis enthielt den Zusatz: “Erwerbstätigkeit gestattet„. Seit dem 1. August 2008 war er mit der am 1988 geborenen S. A., die ebenfalls türkische Staatsangehörige war, verheiratet. Mitte 2012 erfolgte die Scheidung. Die Ehefrau lebt seit Oktober 2008 in Deutschland und lebte im streitbefangenen Zeitraum zusammen mit dem Kläger und dem gemeinsamen Sohn in einem Haushalt. Ihr wurde am 3. April 2009 eine bis zum 19. April 2010 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG erteilt. Diese enthielt auf einem Zusatzblatt zum Aufenthaltstitel (...) folgende Nebenbestimmung: “Erlischt mit Auflösung der ehelichen bzw. häuslichen Lebensgemeinschaft. Erlischt bei Bezug öffentlicher Leistungen„. Mit Datum vom 29. April 2010 wurde die Aufenthaltserlaubnis bis zum 28. April 2011 unter Bezugnahme auf das Zusatzblatt ... verlängert. Der Sohn des Klägers besaß eine Aufenthaltsgenehmigung nach § 33 AufenthG.

Seit Juli 2009 erhalten der Kläger und sein Sohn laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Ehefrau des Klägers nahm wegen ihrer bedingten Aufenthaltserlaubnis keine Leistungen nach dem SGB II in Anspruch. Ihr wurden daher von dem Beklagten keine Leistungen nach dem SGB II gewährt.

Zum 1. Juli 2010 bezog der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinem Sohn eine 55 qm große 2,5-Zimmerwohnung in der H. Straße in K.. Die Nettokaltmiete belief sich monatlich auf 310,00 EUR, die Nebenkostenvorauszahlung auf 77,50 EUR und die Heizkostenvorauszahlung auf 99,00 EUR, d.h. die Gesamtmiete betrug insgesamt 486,50 EUR bruttowarm.

Im mit Schreiben vom 24. August 2010 beantragten Überprüfungsverfahren begehrte der Kläger einen Regelbedarf für Alleinstehende in Höhe von 359,00 EUR sowie die Anerkennung von Unterkunftskosten in Höhe von 471,00 EUR. Er begründete seinen Antrag damit, dass seine Ehefrau mit Rücksicht auf ihr insoweit bedingtes Aufenthaltsrecht keine Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehme und über keinerlei Einkommen oder Vermögen verfüge. Das hierauf geführte Widerspruchsverfahren und Klageverfahren (S 31 AS 1924/10) die mehr war erfolglos. Die von dem Kläger und seinem Sohn eingelegte Berufung endete mit Unterwerfungserklärung des Beklagten.

Für den hier maßgeblichen Zeitraum beantragte der Kläger mit Weiterbewilligungsantrag vom 19. August 2010 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum ab 1. Oktober 2010. Im Antragsformular benannte er unter 1a) (Angaben zu den Personen der Bedarfsgemeinschaft) seine Ehefrau sowie den gemeinsamen Sohn als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Der Sohn verfügte im streitigen Zeitraum über monatliches Einkommen in Form von Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR.

Für den streitbefangenen Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 31. März 2011 gewährte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 5. Oktober 2010 wegen Anrechnung eines Guthabens aus einer Betriebskostenabrechnung Leistungen für einen Teilzeitraum (1. Oktober 2010 bis 31. Oktober 2010) in Höhe von 701,83 EUR (für den Kläger 323,00 EUR Regelleistung, 153,51 EUR (kopfanteilig) Unterkunftskosten und 40,80 EUR Zuschuss zur Rentenversicherung). Dieser Änderungsbescheid trug die Überschrift: “ Änderung zum Bescheid vom 10.05.2010 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts„. Zur Änderung wird ausgeführt: “Ihr...

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