Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. örtliche Zuständigkeit. Wechsel vom Maßregelvollzug in eine teilstationäre Einrichtung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur örtlichen Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers für die Kostenübernahme bei Unterbringung in teilstationären Einrichtungen.
2. Die örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers für die Kostenübernahme bei der Unterbringung einer eingliederungshilfebedürftigen Person in einer teilstationären Einrichtung folgt aus direkter Anwendung von § 98 Abs 2 SGB 12 oder analoger Anwendung von § 98 Abs 2 oder Abs 5 SGB 12.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 27. November 2012 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten, die ihr im Rahmen einer Eingliederungshilfemaßnahme für R... D... entstanden sind.
Der am ... 1968 geborene R...D... wurde mit Urteil des Landgerichts Verden vom 4. Dezember 2001 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Seit März 2002 befand er sich im Maßregelvollzug im Landeskrankenhaus B... Anschließend war er in Einrichtungen der “B... Schleswig-Holstein gGmbH„ untergebracht. Ab 20. Februar 2006 wurde R... ... in einer Wohngemeinschaft der “h... K... gGmbH„ in K... betreut. Die Maßnahme wurde zunächst vom Landeskrankenhaus B... finanziert.
Am 24. Juli 2006 ging bei dem Beklagten ein Schreiben des R... ... vom 21. Juni 2006 ein, mit dem dieser Leistungen der Eingliederungshilfe für die Zeit nach der bedingten Entlassung aus dem Maßregelvollzug beantragte. Diesen Antrag leitete der Beklagte mit Schreiben vom 1. August 2006 per Fax vorab an die Klägerin weiter mit der Begründung, die Zuständigkeit für die teilstationäre Wohngemeinschaft in der “h... K... gGmbH„ liege bei der Klägerin.
Mit Beschluss des Landgerichts Stade vom 9. Oktober 2006 wurde die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt mit der Auflage, in der Wohngemeinschaft der “h... K... gGmbH„ zu verbleiben.
Die Klägerin übernahm mit Bescheiden vom 1. Februar, 31. Mai und 1. Juni 2007 die Kosten für die teilstationäre Betreuung von R... D... in der Zeit vom 26. Oktober 2006 bis zum 7. November 2007. Ab 8. November 2007 war R... D... abgängig.
Bereits mit Schreiben vom 7. Februar 2007 hatte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht. Mit weiteren Schreiben vom 7. Juni und 12. Oktober 2007 sowie vom 26. November 2008 forderte sie den Beklagten erneut zur Zahlung auf und bezifferte den Erstattungsanspruch mit 19.123,16 EUR.
Die Klägerin hat am 29. Dezember 2010 Klage erhoben und vorgetragen, zuständig für die Leistungen bei der “h... K... gGmbH„ sei der Beklagte, denn R... D... habe vor seiner Inhaftierung im Bereich des Beklagten gewohnt. Zwar werde die “h... K... gGmbH„ als teilstationäre Einrichtung bezeichnet, tatsächlich habe es sich aber um eine ambulant betreute Wohnform gehandelt, so dass der Beklagte nach § 98 Abs. 5 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), zuständig sei. Selbst bei einer teilstationären Unterbringung sei nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts der frühere Kostenträger zuständig.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die Kosten der Eingliederungshilfe für R... D... in der Zeit vom 26. Oktober 2006 bis 7. November 2007 in Höhe von insgesamt 19.123,16 EUR zu erstatten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat darauf verwiesen, dass es sich bei der “h... K... gGmbH„ laut Leistungsvereinbarung um eine teilstationäre Einrichtung handele, für die gemäß § 98 Abs. 1 SGB XII die Klägerin zuständig sei.
Das Sozialgericht Kiel hat mit Urteil vom 27. November 2012 den Beklagten verurteilt, der Klägerin die Kosten der Eingliederungshilfe für R... D... in der Zeit vom 26. Oktober 2006 bis 7. November 2007 in Höhe von insgesamt 19.123,16 EUR zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe auf Grundlage von § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), Anspruch auf Erstattung der für R... D... aufgewandten Kosten. Der Beklagte sei nach § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII für die Unterbringung von R... D... nach dessen Wechsel vom Landeskrankenhaus B... in die “h... K... gGmbH„ zuständig gewesen. Dementsprechend sei er auch weiterhin zuständig für die Betreuung von R... D... nach Entlassung aus dem Maßregelvollzug in derselben Einrichtung. Dabei handele es sich um eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII. Die nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen bei der ambulant betreuten Wohnmöglichkeit seien ihrer Art nach äußerst vielfältig und erfassten unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung als auch in Wohngruppen oder Wohngemei...