Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Hilfsmittel. Hörbehinderter. Installation von Lichtsignalanlagen-Rauchmeldern. kein Behinderungsausgleich. kein menschliches Grundbedürfnis. keine Kostenerstattung für Gegenstände zu Zwecken der Unfallverhütung

 

Leitsatz (amtlich)

Es besteht kein Anspruch auf Versorgung mit speziell für Gehörlose/hochgradig Schwerhörige entwickelten Rauchmeldern zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. Mai 2010 insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Kostenübernahme für fünf LISA-Rauchmelder verurteilt worden ist.

Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Versorgung mit LISA-Rauchmeldern mit entsprechenden Sendern als Hilfsmittel für den Ausgleich ihrer Schwerhörigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung hat.

Die 1983 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert und seit ihrer Kindheit hochgradig schwerhörig. Sie wohnt in einer eigenen Wohnung bei ihren Eltern auf einem Bauernhof.

Im Mai 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Versorgung mit diversen Hilfsmitteln, u. a. mit fünf zu ihrer Lichtsignalanlage passenden LISA-Rauchmeldern und zwei Infrarotlichtschranken mit entsprechenden Sendern.

Mit Bescheid vom 25. Juli 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Reihe von Hilfsmitteln. Die Versorgung mit Rauchmeldern und einer Infrarotlichtschranke mit zwei Alarmsendern wurde abgelehnt. Zur Begründung berief sich die Beklagte darauf, dass es sich nicht um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handele.

Gegen die Ablehnung legte die Klägerin mit Schreiben vom 12. August 2007 Widerspruch ein. Rauchmelder seien zwar Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, die beantragten Rauchwächter seien aber gerade zum Ausgleich der Hörminderung gedacht. Auch bei dem Alarmsender handele es sich um ein Hilfsmittel.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Rauchwächter mit Funksignal und Lichtschranken mit Alarmsender seien Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens und stellten daher keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dar.

Hiergegen hat die Klägerin am 10. April 2008 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben. Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt, dass aufgrund der akustischen Signale handelsübliche Rauchmelder für sie nutzlos seien. Es müsse ihr die Möglichkeit gegeben werden, Rauchmelder zu installieren, damit sie im Brandfall gewarnt sei. Es gehe darum, ihr Leben in einer Gefahrensituation bewahren zu können. Das Leben sei das grundlegendste Grundbedürfnis. Zudem bestehe mittlerweile nach der Landesbauordnung die Verpflichtung, in Fluren, Schlafräumen und Kinderzimmern Rauchmelder fachgerecht zu installieren, woraus die entsprechende Konsequenz gezogen werden müsse, dass ihr auch die Installation von Rauchmeldern ermöglicht werden müsse, die bei ihr die entsprechende Warnfunktion erfüllen könnten. Es handele sich nicht um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, vielmehr seien diese gerade im Hinblick auf die speziellen Bedürfnisse hörbehinderter Menschen entwickelt worden. Auch die Lichtschranken benötige sie zwingend zum Ausgleich ihrer Behinderung.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2008 aufzuheben, soweit darin die Kostenübernahme für zwei Signalsender, die Installation zweier Infrarotlichtschranken und fünf LISA-Rauchmelder abgelehnt wurde und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten für die abgelehnten Hilfsmittel zu übernehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie sich auf die Verwaltungsentscheidungen bezogen und ergänzend vorgetragen: Die Versorgung mit Rauchmeldern hätten die Spitzenverbände der Krankenkassen im Dezember 2005 überprüft und entschieden, dass es sich bei Rauchmeldern mit speziellen Signalsendern nicht um Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V handele. Diese würden weder zum Erfolg einer Krankenbehandlung noch zur Vorbeugung oder zum Ausgleich einer Behinderung beitragen. Sie dienten allein dem Zweck, Feuer und Rauch rechtzeitig zu melden und den daraus resultierenden Gefahren zu entgehen.

Mit Urteil vom 11. Mai 2010 - in dem die Berufung gemäß § 144 SGG zugelassen wurde - hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, die Kosten für fünf LISA-Rauchmelder zu übernehmen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf die von ihr beantragten Rauchmelder nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Die Rauchmelder seien erforderlich, um das Grundbedürfnis "Hören" auszugleichen. Durch das Tragen von Hörgeräten werde das Bedürfnis "Hören" tagsüber ausgeglichen. Nachts allerdings könnten handelsübliche Hörhilfen nicht getragen ...

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